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STREET KOMPASS November 2018

~ Das Beste in Summe & der Rest ~


 

Werte Freunde des guten Geschmacks,

es geht weiter mit unserem nächsten STREET KOMPASS im November 2018!

Kurz & knackig haben wir uns wieder diversen Platten gewidmet, die wir keinesfalls unter den Tisch fallen lassen wollten, sondern Euch hier in kompakter Form präsentieren. Alle weiteren Reviews, Liveberichte, Filmkritiken und die „Me(n)tal Health“-Artikel des letzten Monats findet Ihr in der Liste ganz am Schluss –  und gelangt per Klick sofort auf die jeweilige Seite. Jetzt aber zuerst zu unserer Platte des Monats:

Viel Spaß beim Lesen & Entdecken!

Eure

Ute und das Streetclip-Team

 

 

M o n a t s h e r r l i c h k e i t

 

„1104“ von LEVEL FIELDS

 


Q u i c k – R e v i e w s


APRILMEN – Heavy Hearts
2018 (Independent) – Stil: „Horror Pop“

Tausendsassa A. A. Nemtheanga sind PRIMORDIAL und deren Doom-Ableger DREAD SOVEREIGN offenbar noch lange nicht genug der musikalischen Spielwiese, und so hat er mit seinem Namensvetter Gareth Averill nun APRILMEN aus der Taufe gehoben. Gareth ist (Filmmusik-) Komponist und Regisseur, und nachdem beide bereits bei DREAD SOVEREIGN zusammengearbeitet hatten, leben sie nun hier ihre gemeinsame 80er-Darkwave-Begeisterung aus. Und das fühlt sich tatsächlich an wie eine Zeitreise in eine sehr unterkühlte Dekade – die Synthesizerklänge dominieren weitgehend, doch je mehr Bedeutung der Bass gewinnt, desto mehr Leben bringt er in den dunklen Westcoast-Soundtrack. Alans „Vokills“ sind gerade zu Beginn  gewöhnungsbedürftig, die EP gewinnt jedoch mit jedem Song mehr an Faszination und Tiefe. Nicht die Dancefloor-Kracher, sondern die ruhigen, doomigen Stücke gehen ans Herz, das hörspielartig-mystische ‚There Are Truths‘ wird noch getoppt vom grandiosen, seelenvollen Titelsong. Ich empfehle die EP allen Wavern und Goths, und hoffe auf ein vollständiges Album!
(7,5 Punkte – U.Violet)


BURNING WITCHES – Hexenhammer
2018 (Nuclear Blast Records) – Stil: Heavy Metal

Die Schweizer Mädels sind bei Nuclear Blast Records gelandet und liefern mit `Hexenhammer` ihren Einstand bei dem Label.

Auf ihrem zweiten Album machen sie genau das, was sie schon zuvor geliefert haben: Heavy Metal. In der Schnittmenge aus alten, straighten WARLOCK, leichten DIO-Tendenzen und dem üblichen infiltrierten Achtziger Heavy Metal, liefert man unspektakulären, standardisierten Heavy Metal mit den entsprechenden Mitträllerkomponenten.

Zwar nett gemacht, aber eher für den Durchschnitts-Metaller gedacht, der zu seinem Bier die Faust in die Atmosphäre streckt und sich dabei das Bier über die Kutte schüttet.

(7  Punkte – Jürgen Tschamler )


EARTHLESS – From The West
2018 (Nuclear Blast Records) – Stil: Retro-/Power-/Psychedelic-Rock

Die Kalifornier EARTHLESS legen mit `From The West` ein weiteres Livealbum vor. Im März 2018 in S.F. aufgenommen, konzentriert man sich auf diesem Album eher auf das letzte Studioalbum `Black Heaven`, lässt aber auch dem einen oder anderen Klassiker früherer Tage Raum. Zudem findet sich mit `Acid Crusher` ein Track auf dem Album, der zum ersten Mal überhaupt live gespielt wurde. Besagter Song findet sich einzig auf einem Split-Release mit Harsh Toke. Dieser knappe 14 Minutentrack ist eigentlich die Essenz dessen, für was EARTHLESS musikalisch stehen.  Ebenfalls interessant, die LED ZEPPELIN-Coverversion von `Communication Breakdown`. EARTHLESS live bedeutet rohe Gitarren und Songs die man nicht eins zu eins Live wiedergibt, sondern man nutzt die Improvisationsspielräume einer Liveshow und genau das ist die Stärke des US-Trios! Ein roher, intensiver Livemitschnitt.

(7  Punkte – Jürgen Tschamler)


ELECTRIC SWAN – Windblown
2017 (Black Widow Records) – Blues / Psychedelic Rock

Der Kern um Gitarrist Lucio Calegari und Sängerin Monica Sardella benötigte einige Zeit, um wieder eine schlagkräftige Truppe zusammenzustellen. Nach fünf Jahren konnten ELECTRIC SWAN 2017 mit ´Windblown´ ein frisches Werk der Öffentlichkeit präsentieren.

Völlig souverän changieren die Italiener zwischen Heavy Metal á la BLACK SABBATH und Bluesrock á la BLUE CHEER, mit einem Tupfer Jazz und Fusion. Frontlady Monica Sardella positioniert sich natürlich nicht nur bei den Coverversion des Betty Davis-Titels ´If I’m In Luck I Might Get Picked Up´ und Marc Bolans T.REX-Song ´Midnight´ vorzüglich hinter dem Mikrofon.

Dicke Gitarren- und Basssaiten, Flöte, Saxofon, die Herrschaften fahren das volle Programm auf. Allein ihre Landsleute von TALE CUE sind in diesem Jahrzehnt noch ähnlich unterwegs. Das dritte Album von ELECTRIC SWAN müsste alle Freunde des Siebzigerjahre Hard und Blues Rock anfixen.

(7,5 Punkte)


JETBOY – Born To Fly
2018 (Frontiers/Soulfood) – Stil: Hard Rock

28 Jahre nach der Veröffentlichung des zweiten JETBOY-Albums `Damned Nation` liegt überraschenderweise ein neues, drittes Album der Amis vor.

`Born To Fly` ist äußerst gefällig, hält die frühen Trademarks der Band bereit und zeigt, dass die Herren Gitarrist Billy Rowe und Sänger Mickey Finn, der Kern der Truppe, nicht verlernt hat, coole Schwanz-Rock-Songs zu schreiben. Der Mix aus Heavy Metal, Sleaze, etwas Punk und R`n`R funzt immer noch. `Beating The Odds`, `A Little Bit Easy` oder `Party Time!` sind coole Eighties Poser-Nummern.

Bemängeln kann man eigentlich nur, dass ein paar mehr Up-Tempo-Kracher dem Album gut getan hätten. Aber auch so ist `Born To Fly` ein schönes nostalgisches Album mit dem sich JETBOY gelungen zurückmelden.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler )


LESOIR – Latitude
2017 (Gentle Art Of Music) – Stil: Heavenly Progressive Rock / Metal

Wie würden wohl TOYAH, TORI AMOS , KATE BUSH oder LOREENA MCKENNITT im Progrock-Gewand klingen? Die originellste mögliche Antwort auf diese Frage beantworten LESOIR und kratzen hin und wieder sogar am Prog Metal.

Wie bitte beschreibe ich ein orchestrales Bombastbonbon wie ´In The Game´ ohne die Begriffe THE GATHERING, THERION und ORPHANED LAND zu benutzen? Es trifft es etwas und wieder doch nicht. Ist das vielleicht wirklich innovativ? Es streichelt zart, es knallt, es groovt, es wird laut, es zieht sich leise zurück. Wer was wirklich Eigenständiges entdecken will, sollte hier unbedingt lauschen, Anwärter auf den Innovationspreis 2017 sind LESOIR und dürfen auch Jahr später nicht vergessen werden.

(9 schwebende Wolken – Less Leßmeister)


OAK – False Memory Archive
2018 (Karisma) – Stil: Progressive Dream Rock

Die KATATONIA für den Progrocker sind da! Eine der schönsten Herbstplatten kommt aus dem Hause OAK – mit einer der audiophilsten Stimmen 2018. Verträumt, doch nie langweilig schmusen sich die Norweger neun herrliche Lieder lang durch dein Herz. Liebhaber von ANATHEMA, post-FISH – MARILLION als auch Anhänger von rockigen DEPECHE MODE sollten den Radar schleunigst ausrichten.

Genrefans erhöhen den Zähler um Eins, denn sie haben möglicherweise ein Album des Jahres entdeckt. Ich bleibe realistisch, denn die Konkurrenz dieser und aller anderen Sparten ist auch dieses Jahr mächtig.

(8 großgewachsene Eichen, aber keinen Deut darunter – Less Leßmeister)


SABOTER – Architects Of Evil
2018 (No Remorse Records) – Stil: Heavy-/Power Metal

Auf ihrem zweiten Album liefern die Griechen nicht viel anderes als auf dem Vorgänger `Mankind Is Damned`.

Zwar ist alles deutlich strukturierter und Qualitativ besser als auf dem Debüt. Dennoch, Heavy Metal mit Epic-Passagen sowie hier und da Ausflüge in den stürmischen schnellen US-Metal ist ja nur wirklich nix besonders. Bei `Order Of Charity` schifft man sogar in IRON MAIDEN-Gewässern.

Ich kann die euphorischen Meinungen zu diesem Album nicht teilen. Das klingt schlicht nach Durchschnittsware.

Da gibt es viele Bands mit deutlich besseren Songs.

(5 Punkte – Jürgen Tschamler )


SEMANTIC SATURATION – Paradigms
2018 (Cornless Unicorn/Just For Kicks) – Stil: Progressive Metal / Fusion

Gitarren-Virtuose Shant Hagopian lud erneut für sein Projekt SEMANTIC SATURATION die Crème de la Crème an Musikern ein. Der Wahl-Kanadier, syrischer/armenischer Herkunft und Gründer der Progressive Metal-Band NU.CLEAR.DAWN, hatte beim Debüt Virgil Donati (PLANET X), Ric Fierabracci, Derek Sherinian (SONS OF APOLLO, ex-DREAM THEATER) und Andy Kuntz (VANDEN PLAS) zu Gast. Diesmal sind es Schlagzeuger Craig Blundell (FROST*, Steven Wilson), Bassist Kristoffer Gildenlöw (ex-PAIN OF SALVATION), Alex Argento, Squiggy McFlannel und abermals Derek Sherinian.

SEMANTIC SATURATION sind bekannt für Instrumental-Werke des Prog Rock, Prog Metal sowie Jazz-Fusion. Zwischen Blues Rock-Anklängen und Jazz befindet sich auch 2018 alles im grünen Bereich. Shant Hagopian treibt seine Gitarren-Leads eifrig durch sein Klanguniversum, flankiert von seiner auserlesenen Rhythmustruppe. Greifen die einen für rasante Fahrten durchs All zum Synthwave, gönnen sich die anderen die Klangfahrten von SEMANTIC SATURATION.

(7 Punkte – Michael Haifl)


THE STRUTS – Young & Dangerous
2018 (Interscope/Universal Music)  – Stil: Poppiger Hard Rock

Aufgrund eines ziemlich abgefeierten Debüts von 2014 durften THE STRUTS Bands wie THE WHO, ROLLING STONES, FOO FIGHTERS oder GUNS`N`ROSES live supporten. Das hat schon was. Und so ziehen sie auf ihrem zweiten Album `Young & Dangerous` weiter „ihr“ musikalisches Ding durch. Vielseitigkeit ist ein dicker Trumpf der Briten, die einen Mischmasch an Einflüssen auffahren: CHEAP TRICK, THE DARKNESS, HANOI ROCKS, TOWERS OF LONDON… Da bleibt kein Auge trocken. Ihre tanzbaren Hits mit fetzigen poppigen Melodien, großartigen, ohrwurmhaften Refrains, dieser leicht punkigen Gitarrennote und den nicht zu unterschätzenden Glam Rock-Einflüssen der Seventies, runden diesen Soundcocktail souverän ab. Ach ja, die eine oder Discopassage wurde noch gar nicht erwähnt. Das nennt man Rock`n`Roll Vollbedienung. Mucke bis an die Schmerzgrenze. Hits gefällig? Here we go: `Primadonna Like Me`, `Bulletproof Baby`, `Who Am I?` Und die bleiben so etwas von im Ohr hängen. Geiler Scheiß.

(8 Punkte – Jürgen Tschamler )


SWUNK – Soundscapes
2017 (Italy Sound Lab) – Jazzrock / Fusion

SWUNK spielen Jazz-Rock-Fusion, keinen gewöhnlichen Progressive Rock.

Rock, Metal, Progressive Rock, Jazz, Electronica, Trip Hop, Soul, Funk u. v. m. dienten dem Quartett aus Neapel zur Inspiration. Wie der Albumtitel bereits andeutet, nutzten die unterdessen in London residierenden Herren Samples zur Ein- und Überleitung sowie elektrische Verzierungen durch Soundscapes.

Darüber thronen Gitarrenläufe von Antonio Cece oder das Saxofon von Saverio Giugliano legt sein Ständchen ab, wenn denn nicht die Elemente durch spielerische Imaginationen den Keyboards und der Programmierung entstammen.

(6,5 Punkte – Michael Haifl)


TRUCKS – Nicht Nichts
2018 (Tapete Records) – Stil: Post Indie

Die Berliner TRUCKS haben sich nicht nur seit 2013 Postpunk auf die Fahne geschrieben, sondern gleich Post-Indie. Zwischen Post-Punk, Indie-Rock und Noise-Pop leben sich Christian, Christoph, Elias und Billy in ihrem von März bis Juni 2018 aufgenommenen Debüt aus.

Auf zwölf Songs suchen sie nach Antworten zu den Fragen der Gegenwart. Nichts ist klar, nichts mehr eindeutig. ´Nicht Nichts´ ist es aber wohl keinesfalls. Zwischen digitaler und realer Welt schreitet ihre Sprache voran, die Instrumente bewegen sich hingegen um die ruppige Gitarre herum: Noise und Post, Post und Indie. In der Abstraktheit von ART BRUT aus den letzten Dekaden, und von PAVEMENT aus den davor. Da stecken mehr als 30 Jahre Musik drin, die sich in der krassen Geschwindigkeit des Jahres 2018 austoben: Gitarren, Bass, Schlagzeug, Gesang. Peng.

(7 Punkte – Michael Haifl)


VEDERKAST – And In The Abyss They Sleep
2018 (Rob Mules Records) – Stil: Hardrock/Stoner

VEDERKAST stammen aus dem schönen Norwegen, genauer gesagt aus Tromsø. ´And In The Abyss They Sleep´ ist der Nachfolger des 2016er Debüts ´Northern Gothic´. Die Herrschaften spielen dabei einen Hardrock, der aufgrund seiner Verspieltheit eine progressive Note auf der Nase trägt, die Härte bringen Paul Aronsen (Gesang, Bass), Finn Fodstad (Gitarre), Sindre Bakland (Gitarre) und Magnus Tornensis (Drums) über die Note des Stoner Rock zwischen die Ohren. VEDERKAST kennen bestimmt auch OPETH.

Wer sich gerne zwischen Schönheit und Schwere suhlt, Melancholie spielt in diesem Szenario eine große Rolle, könnte mit dem Quartett einige Male auf Wah-Wahs anstoßen.

(7 Punkte – Michael Haifl)


WEEND’Ô – Time Of Awakening
2017 (Sonicbond Records)  Stil: Art Rock

WEEND’Ô sind ein französisches Quartett, das seinen irdischen Ursprung in Agen hat. Sängerin Laetitia Chaudemanche dürfte für viele, aufgrund des außergewöhnlich eigenen Gesangs, scheinbar außerirdischer Herkunft sein. Bisweilen klingt sie wie Dolores O’Riordan oder Anneke van Giersbergen.

Hypnotisierende Rhythmen, Klavier und emotionaler Gesang, elektronische Beats und Melancholie, Akustikgitarre und Gesänge übertragen die musikalische Umsetzung philosophischer Ansätze.

Alternative Ansätze und Ambient öffnen sich zwischen PINK FLOYD und THE GATHERING, heftige Einschläge, heavy-metallischer Stärke, zeigen sich annähernd in TOOL´sche Heilkunst – alles in einem anderen Universum.

(8 Punkte – Michael Haifl)


WRATH – Rage
2018 (Combat Records) – Stil: Power-/Thrash Metal

Die beiden erstklassigen Frühwerke `Fit Of Anger` (1986) sowie `Nothing To Fear` (1987) gehören ganz klar zu unterbewerteten, ignorierten speedigen Power Metal-Alben, die eigentlich einen ganz anderen Stellenwert in der Szene haben müssten. Dass sich die Band vor ein paar Jahren wieder um Fronter Gary Golwitzer reformiert hat, war erfreulich. Auch ihr Auftritt beim Headbangers Open Air war eine positive Überraschung.

Nun liegt mit `Rage` ein neues Album vor und die Erwartungshaltung ist nicht gerade klein. Aber man muss sagen, dass man musikalisch nicht an die beiden ersten Alben anschließen kann, sich eher am dritten Album `Insane Society` von 1990 orientiert. WRATH haben Songs mit einer eher modernen Note kreiert und sich weniger am Old Schooligen orientiert. Das Riffing ist aggressiv, der Gesang von Golwitzer für diese Art von Sound auch gut. Aber im Resultat sind die Songs ziemlich simpel gestrickt. Ein Mix aus Power- sowie Thrash Metal-Elementen. Dass man MOTÖRHEADs `Ace Of Spades` covert, zeugt nicht gerade von Ideenreichtum, auch wenn ARMORED SAINTs Jeff Duncan mitspielt. Ich hatte da etwas mit mehr Old School-Charakter erwartet. Auch wenn Tracks wie `What You  Crave` oder `Tension On High` krachend einschlagen.

(knappe 7 Punkte – Jürgen Tschamler)

 

 


 

 

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