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ORION’S REIGN – Scores Of War

~ 2018 (Pride & Joy Music / Soulfood) – Stil: Symphonic Medieval Power Metal ~


„Less, du kannst nicht immer begeistert sein und 8 – 10 Punkte verteilen. Dann nimmt dich niemand mehr ernst.“ (O-Ton Mitrezensenten UND auch engste Vertraute). „Dieses Mal, da muss es klappen, es darf nichts mehr daneben gehen. Freunde würden nur noch lachen, alles nur als Show ansehn“ (DIE TOTEN HOSEN – ´Sein oder Nichtsein´). (Diesmal griff er früher zu, wollte nicht auf den Neuner warten, diesmal ließ er keine Ruh, ganz egal aus welchen Sparten. – Anm. d. Red.) Somit suchte ich mir frohen Mutes das kunterbunteste ‚Ritter-spielt-Geige-Farben-Overkill-Kitsch-Cover‘ (Freunde – der Background der Homepage wäre doch weitaus besser gewesen – damit wäre eine Vinyl-Version auch mein!) und wollte objektiv lästern. Sorry, Rezensenten, sorry, Vertraute, sorry ORION’S REIGN.

Ich halte es weiterhin als Hobby-Journalist so getreu dem Motto ‚Ignorieren statt Terminieren‘ meine begrenzte Lebenszeit lieber damit zu verbringen, WILD DOGS, MEKONG DELTA, WHILE HEAVEN WEPT, CRIMSON GLORY, FATES WARNING, HEXX, METAL CHURCH, MERCYFUL FATE & KING DIAMOND, SIREN, DURAN DURAN, SAGA, MARILLION, ELOY, OVERKILL und und und zum trillilölfzigsten Male zu hören als neues Zeuch. Davon gibt es aber trotz aller Unkenrufe immer noch viel zu viel Bedeutendes, um es euch nicht zu verschweigen, als auch zu viel Minderwertiges, welches die Zeit nicht wert ist. Wer sich mit ALLEM auseinandersetzen will, hat schlicht und ergreifend einen mächtigen Sack voll zuviel Zeit, um ALLES anzutesten, geschweige denn, darüber zu schreiben. Deshalb werde ich das Trüffelschwein bleiben. Wer unterhaltende Verrisse will, der hat die Wahl bei diversen HATE-Seiten, die hoffentlich auch jedes Album vorher mindestens dreimal hören. (Und jetzt kein Link? Schade – Anm. d. Red.)

Was ist passiert? Vom anfänglich lästerlichen („Alter, die übertreiben es aber nach Strich und Faden“) blieb beim ersten Anhören zumindest ein wohlwollendes Grinsen hängen, beim zweiten Durchgang ein „Total überladen, aber eigentlich unterhaltsam“ bis zum sechsten Durchgang: „Fuck, Alter, was schreibe ich denn jetzt, ohne mein Gesicht zu verlieren?“ (Was wird er jetzt wohl schreiben? Bestimmt über Ritter und Jungfrauen! – Anm. d. Red.)

‚Love Us Or Hate Us‘ erinnert sich der Ur-KREATOR-Fan und marschiert in die verbale Schlacht: ´A Prelude To Sorrow´ ist DER BASIL POLEDOURIS-artige Startschuss, der zum CONAN-Reigen aufruft und mir, als auch jedem wissenden Besucher des KEEP IT TRUE–Festivals stellt sich die historische Lagerfeuerfrage, was wohl das Schönste für einen Mann im Leben wäre? Eine weite Steppe, ein schnelles Pferd (wenn nur meine Kronjuwelen in dem Kettenslip nicht so schubbern würden), der Falke auf meiner Faust (wenn ich neben Schwert und Schild noch eine frei hätte) und der Wind in meinem Haar (Wenn ich nur nicht diesen tonnenschweren Helm auf meiner Rübe hätte). (Hat er jetzt tatsächlich bei seinen Aufzählungen Wein, Weib und Gesang vergessen zu erwähnen? – Anm. d. Red.)

Sofort wird klar: die Marschrichtung entfaltet sich zwischen SABATON, RHAPSODY OF FIRE und Ritterspiel. Wieso sollte ich nun weiterlesen, fragst du dich – lieber, treuer STREETCLIPer? Weil: ´Together We March´? Mitnichten, denn die Mischung aus frischem Uptempo mit fies gut gesungenen Strophen und Tenor im weiteren Verlauf lässt aufhorchen. Aufhorchen lässt auch die Gastriege an Sängern wie RIPPER OWENS (irgendwelche Fragen? – bei Bedarf PN an mich), BOB KATSIONIS (FIREWIND) und MARC BOALS. Ja, der Klon des Brötchengebers des Letztgenannten von YNGWIE M. hat seine Plautze auch geharnischt und dudelt, was das Zeug hält.

´The Gravewalker´ schlendert nicht über Leichen, vielmehr bietet er hymnische Metalmarschmusik mit mystischen (hoffentlich NICHT-christlichen) Chören, hervorragenden zweistimmigen Gitarrensoli, über die sich jeder US Metaller freuen könnte, wenn nur diese heroischen Gesänge nicht so dick aufgetragen wären. Weiter reite ich auf ´The Undefeated Gaul´ – ach nee, es geht um Gallien – unterstützt im weiteren Verlauf durch ´Fear Of The Dark´-kompatibles „Ooohooohoo“ als auch chorale Sinfonien mit „Laalalalalalaa“ durch altinstrumentierte Bilderbuchmittelalterstädchenmusik (´An Adventure Song´), was HAMMERFALL zu Hobbykämpfern degradiert. Schon der olle William Wallace wusste: ´Freedom Is Not Negotiable´.

Spätestens hier halte ich inne, bin irgendwie, irgendwann begeistert und habe mich im irgendwo verloren. (Huch, jetzt sind die neun Punkte plötzlich wieder im Bereich des Möglichen. – Anm. d. Red.) Das Breitschwert surrt in die Luft und außerdem – Female Vocals? Hamma auch, bzw. Herr ‚Nostos‘. RITCHIE BLACKMORE – lass‘ die CANDICE NIGHT in Ruhe – wir wollen Krawall! Was des truen Graus ist des Ritters Schmaus und des ´Warrior’s Pride´. In epischen Momenten (von denen es mit Verlaub pfeilehagelviele gibt) werden sogar Erinnerungen an VIRGIN STEELE wach, besonders hier kämpft der Bruder von DAVID DE FEIS an vorderster Front. Der Jungfrauenchor á la ´Orphans Of Doom´ vom besinnlichen Ende des CONAN-Cinematografieschauspiels hätte auch auf der ersten HAMMERFALL seinen würdigen Platz gefunden. Es ist zwar noch nicht ´The Last Stand´ doch DRAGONFORCE-artiges Keyboardsolo reißt abermals mit. OK, jetzt nochmal ALLE Reserven ausgepackt, finally ´We Ride To War´ – womit ich wieder am Anfang bin mit meinen schubbernden Eiern auf dem Sattel, dem Dreckshelm auf der Omme und dem Altmetall in meinen Händen – ´The Crown And The Ring´ light versöhnt dennoch. Nicht neu, aber einfach nur schön, anders und überragend dargebracht.

Alles in allem ein furioser Ritt durch sämtliche Klischees des melodischen Sinfonik-Battle-Metals, der bei vielen Brechreiz in alle Himmelsrichtungen verursachen wird, jedoch handwerklich ohne Tadel gemacht ist und irgendwie dennoch frisch und aufregend durch die Hörmuscheln donnert. Das wäre anno 1988 – das Jahr der ´Kings Of Metal´ von MANOWAR, der BLIND GUARDIAN‘schen ´Battalions Of Fear´, des ´Age Of Consent´ von VIRGIN STEELE, fast zehn Jahre vor der Rückkehr einer mittlerweile fast verhassten Spielart des Metal, die uns alten Böcken mit HAMMERFALLs ´Glory To The Brave´ einerseits wieder zum Glauben geführt, andererseits Nachwuchs beschert hat, fünfzehn Jahre, bevor DRAGONFORCE das ´Valley Of The Damned‘ durchschreiten – das Melodic Metal-Album des Jahres gewesen.

Eine Strafe für ‚Zuspätkommer‘ gibt es bei mir nicht, deshalb: Alle Angesprochenen, Augen zu beim Cover!, unterstützt dieses Werk der guten Unterhaltung. Neben HAMMER KING eines der unterhaltsamsten Alben des Jahres, wenn man nicht Bernardo Gui heißt, oder sein Lächeln an den Baron de Lefuet verkauft hat.

(Sieben Schwerter kreuzen sich objektiv für unsere Klientel, das achte hebe ich aufgrund der musikalischen Qualität und meiner unvergessenen Vergangenheit persönlich gen Himmel, Youngsters der Szene und Die-Hard-Anhänger angesprochener Bands fügen ein neuntes hinzu.) (Jetzt holt ihn doch endlich einer runter vom Pferd, mit seinen Kronjuwelen. – Anm. d. Red.)

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(VÖ: 19.10.2018)