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WARREL DANE – Shadow Work

~ 2018 (Century Media / Sony) – Stil: Heavy (Progressive) Metal ~


2014 veröffentlichten SANCTUARY ihr letztes reguläres Studio-Album: ´The Year The Sun Died´. Mit der Seattle-Legende SANCTUARY – sowie ihren Göttergaben ´Refuge Denied´ und ´Into The Mirror Black´ – wurde Sangeskoryphäe Warrel Dane einst berühmt, mit NEVERMORE eroberte er im Anschluss die Welt.

If we all are going to hell…

2017 war alles vorbei: The Year The Voice Died. Am 13. Dezember starb Warrel Dane in São Paulo an einem Herzinfarkt – während den Aufnahmen zu seinem zweiten Solo-Album. Für acht Kompositionen hatte er die Gesangsaufnahmen bereits vollendet. Seine Musikerkollegen mussten schließlich alleine die Aufnahmen fertigstellen, um der Nachwelt zumindest die Hälfte der geplanten Lieder zu schenken. Ob sie in dieser jetzt präsentierten Form veröffentlicht worden wären, ist müßig zu spekulieren. ´Shadow Work´ ist das Vermächtnis von Warrel Dane – ein Solo-Album, das sich nicht von seinem originären Werk abhebt, sondern kompositorisch wieder zu den Glanzzeiten von NEVERMORE zurückfindet. Der Schwanengesang wirkt, einem späten Alterswerk angemessen, seelenwund.

Life is torture, maybe we are not immortal.

In die Pflicht genommen wurden Warrel Danes Mitstreiter, die ihm seit 2014 auch auf Tour zur Seite standen: Bassist Fabio Carito, Schlagzeuger Marcus Dotta und Gitarrist Thiago Oliveira, allesamt von der brasilianischen Heavy Metal-Combo ADDICTED TO PAIN, sowie der Gitarrist Johnny Moraes von HEVILAN. ´Madame Satan´ – und nicht ´Madame Pest´ – bündelt gleich zu Beginn alle charakteristischen Merkmale des Dane´schen Schaffens. Nicht ungewöhnlich nutzt Warrel Dane hier auch Growls. Sinfonische Momente und kurzzeitige Black Metal-Rhythmus-Geschwader verzieren diesen Ohrwurm von der Güte NEVERMOREs. Dabei ließ uns zuvor die Einführung ´Ethereal Blessing´ noch kurzerhand an ANGRA denken.

Today I smoked my pain away.

Das ´Disconnection System´ bringt mehr Breaks an das trübe Tageslicht und einen Sänger, der uns in aller Getragenheit die Schönheit seiner Stimme zur schwingenden Gitarrenmelodie enthüllt. Den Titelsong umweht auch schweres Gemüt, entsprechend singt Warrel, mit einem Kloß im Hals, seine traumhaften Gesangslinien. Unverblümt, aber hymnisch erweisen sich ´As Fast As The Others´ sowie ´Rain´, die Cover-Version ´The Hanging Garden´ hingegen als gewollte, aber gekonnte Dekonstruktion dieser THE CURE-Single aus 1982 – ein Speed-Express der Besinnung.

Just a victim of multiple addictions.

Schließlich ist nicht alles vorbei: ´Mother Is The Word For God´ folgt als episches Meisterstück des Schlussakts, der Warrel Dane abermals vielschichtig zeigt. Anfangs nimmt er in seinem mehr gesprochenen als gesungenen Vortrag sogar den Weltschmerz von FISH an. Seine Mitspieler scheinen ihn förmlich weiter und immer weiter zu treiben, auf Abgründe, die uns zuletzt auf ´The Godless Endeavor´ begegneten.

2018 gönnt uns Warrel Dane in seiner Abwesenheit, in welchen Sphären oder an welchen Orten er sich auch immer jetzt aufhalten sollte, nochmals Kostproben seiner Magie.

(9 Punkte)

On self-destruction day I choose to die