PlattenkritikenPressfrisch

ALU – Die Vertreibung der Zeit

~ 2018 (Bureau B) – Stil: Elektro ~


Ludwig Papenberg und Johannes Vester begannen mit dem Projekt ALU im Jahre 1980. Es war ihr Nachfolgeprojekt zu SAND. Eigenständigkeit war von Beginn an ihr Ziel. ALU standen dabei den englischen Vertretern des Industrial wie NOCTURNAL EMISSIONS oder der Industrial-/Techno-Band CABARET COLTAIRE näher als den deutschen Wegbereitern. ALU Mk.2 entstand mit dem Einstieg von Sängerin Nadja Molt. ALU II ist in den beiden Live-LPs ´Störfaktor I – Alus Riskantes Experiment 31.7.81 im Risiko´ (1981) und ´Licht´ (1982) dokumentiert. Mk.3 von ALU ergab sich durch den Ausstieg von Ludwig Papenberg – Vester und Molt blieben weiter als ALU III beisammen.

Die Kompilation ´Die Vertreibung der Zeit´ vereint acht Songs aus den Jahren 1980 bis 1986.

Die NDW war noch gar nicht abgeebbt, da lebten ALU einen Sound aus, der in den folgenden Jahren dem Electro, Techno, IDM und EBM zugerechnet werden sollte. Insbesondere der Opener ´Der Schänder ist unterwegs´ imponiert durch seine rücksichtslose Lyric: „Kleinen Mädchen die Finger abhacken, der Schänder ist unterwegs.“ Die repetitiven Sequenzerläufe ahmte Sängerin Nadja auch in ihren knapp bemessenen Texten zu ´Ich mag mich´ nach. Das ist und war purer Underground – und die Leute waren „cool wie Joghurt“.

Derbe Texte kennt ebenso der Selbstmordversuch vom ´Funkturm´. Instrumentales wie ´Vendetta´ dürfte dem Die-Hard-Fan vorbehalten sein, derweil ´Sie kriegt alles was sie will´ die enormen Fähigkeiten des Projektes aufzeigt und sich neben DAF positioniert. Unser Glück ist es, 2018 Songs der Marke ´Mein verlor’nes Glück´ mit der Lady wieder hören zu dürfen oder solche wie ´Aludome´, die wie eine Elektro-Version des jungen Marius-Müller Westernhagen klingen.

ALU fügen sich als verlorenes Puzzlestück der 1980er Clubkultur ein.

(ohne Hoffnung auf Wiederkehr)


(VÖ: 26.10.2018)