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HIGH ON FIRE – Electric Messiah

~ 2018 (Entertainment One) – Stil: Sludge ~


Es wird ein heißer Herbst: HIGH ON FIRE sind wieder da – mit Schaum vor dem Mund. ´Electric Messiah´ geht wieder einen Schritt zurück im bandeigenen Klangkosmos und verlässt die klassisch-metallischen Pfade der Vorgänger ´Luminiferous´ (2015) und ´De Vermis Mysteriis´ (2012). Beide Alben sind klasse, keine Frage. Aber wer die räudigen Zeiten von HIGH ON FIRE besonders schätzt, kommt 2018 wieder voll auf seine Kosten. Sludge, Doom und Old-School-Thrash bilden das Fundament: Die Riffs sind simpel, aber effektiv; wenn auf Bass und Gitarre mal eher wenig passiert, schießt Drum-Powerhouse Des Kensel volle Breitseite seine Tom-Salven rein; alles meist im Midtempo, ab und an darf es auch harscher sein.

Dieser Trademark-Sound machte die Band einst groß, füllte eine klaffende Lücke, als Ende der 1990er das Nu-Metal-Trauma zu überwinden war. Devise: verschwitzt-freier Oberkörper statt dämlich-weiter Basketball-Jerseys. HIGH ON FIRE als Propheten der wahren Werte der Starkstrommusik haben damals, gepaart mit ihrer Fuck You-Attitude, am Wiedererstarken des Heavy Metal der guten, alten MOTÖRHEAD-Schule einen Gutteil beigetragen.

Wer ´Electric Messiah´ auflegt, möchte das starke Stück am liebsten direkt live im Club unter Gleichgesinnten hören. Es macht so richtig hungrig auf Kick-Ass-Rock’n’Roll: Klotzen statt kleckern! Songs wie ´Spewn From The Earth´ und der Titelsong erinnern wohltuend an die Phase zu ´Death Is This Communion´ (2007), lassen sogar in sludgigen Momenten das feurig-fiese Debüt ´The Art Of Self Defense´ (2000) wieder aufleben. Und ein Schlepper wie ´Sanctioned Annihilation´ zeugt erneut davon, wie wohl sich Sänger/Gitarrist Matt Pike fühlt, wenn er klassische Thrash-Läufe mit MELVINS-Stop-and-Go vereinen darf. Übrigens: Der Gaspedal-Smasher ´Electric Messiah´ ist Lemmy gewidmet. Vor dem Hintergrund, dass nicht wenige in Pike eine Art Ziehsohn des verstorbenen MOTÖRHEAD-Chefs sehen, bleibt dieser aber bescheiden: „The song is me telling the world that I could never fill Lemmy’s shoes because Lemmy’s Lemmy. I wanted to pay homage to him in a great way. And it turned out to be such a good title that the guys said we should call the album ‚Electric Messiah’.“

Wer in große Fußstapfen tritt, will nicht stolpern. HIGH ON FIRE haben sich deshalb abermals mit dem Produzenten Kurt Ballou (arbeitete u.a. für DISFEAR, TOXIC HOLOCAUST und CODE ORANGE) zusammengetan, wieder in den mit alten Röhrenverstärkern zugestellten God City Studios, wo auch die letzten beiden LPs entstanden. Das zusätzliche Tracking machte Bryan Sours von Sour Sound. Dieser Feinschliff gibt ´Electric Messiah´ dann das gewisse Extra: rau, aber differenziert im Ausklang. Feine Sache – Pflicht für Fans, insbesondere die der ersten Stunde.

(8 Punkte)


(VÖ: 5.10.2018)