MeilensteineVergessene Juwelen

BLACKKOUT – Ignorance Of Man

1989 / 2014 (Vinyl Got Soul Records-Reissue) – Stil: Heavy / Progressive / Kauzmetal


Darf’s ’ne Gourmetmetalplatte mit allem sein? Wenn die Welt gerecht wäre, hätten BLACKKOUT heutzutage zwischen vier und achtzehn Alben und würden in einem Atemzug mit CIRITH UNGOL und MANILLA ROAD als Dreifaltigkeit des Kauzmetal genannt werden. Den Albumtitel ‚Ignorance Of Man‘ beziehe ich daher auf die traurige Tatsache, dass dieser Combo und auch ihrer Nachfolgereinkarnation THE LAST THINGS und ihrem von Undergroundnerds höchst verehrten ‚Circles And Butterflies‘ nicht der Erfolg zuteil wurde, der ihnen gebührt. Gottseidank hat sich nach der CD-Wiederveröffentlichung von ‚Arkeyn Steel‘ das kleine, aber feine Label ‚Vinyl Got Soul‘ erbarmt, der Menschheit dieses Metalgeschichtsdokument mit einem klasse Sound und einem der edelsten Fantasycover für die Ewigkeit zu pressen, auch wenn Jäger und Sammler das von Kinderhand gezeichnete Kultcover von damals vermissen werden.

Auf der einen Seite finden wir zeitweise typische US Metal-Einflüsse wie zum Beispiel bei den OMEN-artigen Slashern ‚Horizontal Hero‘ und ‚Dead-N-Gone‘ oder dem entschlossenen Marsch der ‚Electric Soldiers‘ gegen den EINEN, den selbst gewisse Men Of War nicht herrlicher jagen konnten. Der ‚Barbarian‘ reitet uns durch die Gehörgänge und scheint förmlich dem Cimmerier Oliver W. zum Gruß zu winken. ICED EARTH-Jünger der ersten Stunde werden bei ‚Deadly Witchcraft‘ hellhörig, welches die Realms des Stormrider in hellem Glanz erstrahlen lässt. Auch straighte Abgehrocker hat man an Bord mit dem ‚Highwayman‘ und ‚Black & Blue‘ von der 85er 7inch, die auch mit dem reinrassigen Metalschrubber ‚Fallout‘ und seinen spacigen Parts als Bonus die Doppel LP beschließt.

Andererseits gesellt sich eine weitaus progressivere Seite mit schnellen Riffs, Breaks und Tempowechseln (‚Ignorance Of Man‘) als auch dem dezenten Einsatz der sozialen Grazie einer Flöte (‚O Factor‘ und der Epikhammer ‚Chapter 23‘) und der schwelgenden Geige dazu. Diese wird auf dem unvergleichlichen ‚Shattered Glass‘ zelebriert, dessen Stakkatoriffs nach einem dramatisch-schönen, balladesken Gesangsintro von ihr auf gar magische Weise übersegelt werden. Ja, hier wird neben feinstem Heavy Metal auch Wal(t)zer getanzt…und zwar psychotisch schön. Ein weiterer abgefahrener Psycho-Progressiv-Metal Klopper namens ‚The Haunting‘ lässt sogar SIREN-Stimmung aufkommen, während ‚Under H20‘ wild losgaloppiert und mittendrin schon das ein oder andere THE LAST THINGS-Trademark aufweist.

Wie gerne hätte ich vor der Bühne gekniet, als es 1989 hieß ‚Welcome To The Show‘ und auch ‚Live It Up‘ vom Life on the Road berichtete. ‚Time To Kill‘ ist einer jener geilen Metalnummern, die mit einem Scream anfangen und sich über cleane Gitarren in den Strophen zu einem echten Kracher entwickeln. Mit ‚Bite Your Lip‘ gibt’s kurz vor dem überragenden Epikende des damals 69 minütigen Demos ein vertracktes, raues Stück, bei dem sich die Sologitarre zweimal austoben darf. Das einstige Finale ‚The Talisman‘ dringt als ultragenialer, zehnminütiger, fantastisch gesungener Kauzmetal-Fantasylongtrack in lyrische Welten vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat…und das wiederum mit Geigenpart am Ende.

Für all jene, die sich durch genannte Gruppen angesprochen fühlen, ist dieses Werk essentiell. Da der Zauber dieser Zeit jedoch nie wieder erreicht werden kann, reden Freaks wie ich hierbei ohne wenn und aber von einem Klassiker.

(10 Punkte)

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