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22 – You Are Creating: Limb1

~ 2017 (Indie Recordings) – Stil: Art Pop ~


22 habe ich bis dato nicht gekannt. Ich schreibe die Rezension jetzt auch mal, ohne mir die vorherigen Sachen im Netz anzuhören. Zu gefangen / bezaubert bin ich im Moment von dieser im Wortsinne „wunderschönen“ Platte. Und die gehört genau hierhin und hier rein. Denn 22 sind Prog Rock. Und eben (auch hier wieder „im Wortsinn“) progressiv dahingehend, dass ich immer wieder überrascht werde, obwohl ich ja genau dies bei echtem Progressive Rock ja eigentlich erwarte. Trotzdem sind die durcheinanderwirbelnden Assoziationsketten bei diesem Werk irgendwie anders.

Als grobe Orientierungspunkte zum Verorten des Sounds der Norweger werfe ich mal MUSE und PORCUPINE TREE/Steven Wilson in die Landschaft. Sie klingen in der Basis also schon am ehesten „englisch“ in neuerer Machart (im Gegensatz jetzt zum klassischen 70er-based/-influenced Prog). Das heißt die Arrangements sind eher luftig als kantig und die Gitarrensounds eher clean/leicht crunchy als fettes Brett. Das gipfelt in ein paar MESHUGGAH-mäßigen Math-Parts (z.B. in ´Inspec´ oder ´Adam Kadmon Body Mass Index´), die allerdings mit cleanen Gitarrensounds gespielt werden und deshalb schon sehr ungewöhnlich klingen. Zu der wie erwähnt eher „englischen“ Grundsuppe kommen als Gewürze so unterschiedliche Zutaten wie immer wieder auftauchende RUSH-Reminiszenzen sowie auch an Alternative-Größen wie QUEENS OF THE STONE AGE oder TOOL erinnernde Schnipsel dazu. Alles ist eine sehr schön ausbalancierte Mischung aus Vertracktheit und straightem Rock-Appeal. Wobei einige Passagen schon fast eher „poppig“ tönen. Das liegt an dem meiner Meinung nach hervorstechendsten „Andersartigkeits-Merkmal“: Gesang und Melodieführung. Hier werde ich über die Stimmfärbungen des/der Sänger(s) ein ums andere Mal an englische 90er-Edelpop-/Indie-Acts wie KEANE, STARSAILOR oder TURIN BREAKS erinnert. Zusammen mit vielen breiten Chören und Harmoniegesängen ist es vor allem dieser Umstand, der mich zu den eingangs erwähnten Attributen „wunderschön“ und „bezaubernd“ geführt hat bei dem Gedanken an beschreibende Worte für diese Rezension.

Ich bin ja in der Regel recht schnell zu begeistern, wenn ich was finde, das selbiges tut. Oft nutzt sich diese Begeisterung dann aber doch mangels Substanz recht schnell ab. Nach mehreren Durchläufen kann ich aber jetzt schon sagen, dass ich denke, dieses Album wird mich noch länger in seinen Bann ziehen – und ich Lust darauf habe, den Backkatalog der Band zu erkunden. Nice experience, this one.