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TREAT – Ghost Of Graceland

~ 2016 (Frontiers Records) – Stil: Melodic Rock ~


‚Coup de Grace‘, das Comeback nach über 15 Jahren, war 2010 rückblickend zusammen mit den letzten beiden ECLIPSE Werken das beste Melodic (Hardrock) Album der letzten Jahre. Ja, man musste es quasi auf eine Stufe mit dem blauen Album, dem Bandklassiker ‚Organized Crime‘ von 1989 stellen. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die Story nochmals fortsetzt, auch wenn das lange gedauert hat. Gitarrist und Songwriter Anders Wikström muss halt zwischendurch viele Auftragsarbeiten für u. a. die SCORPIONS erledigen. Erfreulich, dass seine besten Songs trotzdem bei TREAT landen. Das erkennt man wiederum auf dem neuen Album. Stilistisch hat sich im Vergleich zu 2010 nicht sehr viel getan. Wir haben es weiterhin mit skandinavischen Melodic Rock zu tun, der auch in Sachen Frische den jungen Bands in nichts nachsteht. Allerdings können wir vorwegnehmen, dass das überirdische Niveau von ‚Coup de Grace‘ trotzdem verfehlt wird.

Das gilt sowohl für die Breite als auch für die Spitze. Partymäuse fanden das letzte Album mit unüberbietbaren Reißern der Marke ‚Roar‘ oder ‚Skies Of Mongolia‘ insgesamt noch heißer. Die beiden größten Hits auf ‚Ghost Of Graceland‘ lauten für mich auf die Namen ‚Endangered‘ und ‚Nonstop Madness‘ (Don’t Settle For Less). Und wir brauchen uns nicht falsch verstehen, auch diese stellen im Vergleich zur Konkurrenz absolute Spitzenware dar. Direkt dahinter laufen die beiden Eröffnungstracks ein, wobei man insbesondere zum überragenden Refrain des Titelsongs allerlei Gegenstände schwenken möchte, z. B. Nachttischlampen. Überhaupt, einen geilen Refrain hauen Wikström und Sänger Robert Ernlund eigentlich fast immer raus, das gilt selbst für Songs der 1b-Reihe wie ‚House Of Fire‘, das etwas unspektakulär zum Höhepunkt kommt, oder ‚Inferno‘, das etwas zu wiederholungslastig ausgefallen ist. Weitere Highlights sind dagegen für mich ‚Alien Earthlings‘, das stilistisch am stärksten an die alten Zeiten erinnert und auch auf ‚Dreamhunter‘ hätte stehen können und ‚Too Late To Die Young‘ bei dem man auf alte lieb gewonnene Bekannte wie den ‚Papertiger‘ und den ‚Sole Survivor‘ trifft.

Im Land der Grazien werden wir also gut behandelt. Der Geist des Vorgängers konnte wiederbelebt werden, auch wenn er nach der langen Pause einige Male (bei den vier hier nicht genannten weiteren Songs, darunter zwei Balladen und mit ‚Better The Devil You Know‘ eine gewisse Reminiszenz an neuere EUROPE) etwas schläfrig wirkt. Nichtsdestotrotz bleiben TREAT qualitativ weiterhin eine der großen Referenzbands des Genres. Ob die Benotung nun gerecht, zu hoch, weil ich seit jeher großer Fan der Band bin, oder gerade deshalb sogar zu kritisch ist? Entscheidet selbst.

(8 Punkte)