Livehaftig

KEEP IT TRUE XIX

29. und 30.04.2016, Tauberfrankenhalle, Lauda-Königshofen


Das „Keep It True“ zu Königshofen im lieblichen Taubertal ist das erste große Festival-Highlight des hiesigen Festspiel-Kalenders. Klar, dass das Streetclip.tv-Team auch bei der 19. Auflage in voller Mannstärke vor Ort war und bei unverschämtem Wetterglück bestens gelaunt mitnotierte. Durchs Programm führen Michael Haifl, Jürgen Tschamler, Markus Gps und Ludwig Krammer. Vorhang auf!

 

Freitag

TERMINUS

Das Festival durften die Nordiren TERMINUS einläuten. Angeführt von Sänger James Beattie kam das Quintett wie gewohnt komplett im schlichten schwarz, allerdings äußerst passend gekleidet auf die Bühne. So bestimmten ´All men play in black´ die allererste Dreiviertelstunde dieser neunzehnten Ausgabe des Keep It True. Der Slogan ´All men play on ten´ sollte erst zu späterer Stunde gefragt sein. Und die Herren aus Belfast wussten mit ihrem ausgefallenen Heavy Metal umgehend nicht nur zu gefallen, sondern wirklich zu begeistern.

Den Sound, den sie seit einigen Jahren auf Demos und ihrem großartigen, letztjährigen Banddebüt ´The Reaper’s Spiral´ präsentierten, konnten sie heuer vollkommen authentisch und genauso aufregend live darbieten. Einzig eine gewisse Kontaktscheue zum Publikum darf bemängelt werden. Dennoch ist es mehr als ein gutes Zeichen, wenn sich nach dem Konzert die hartnäckigen Melodien in epischer Breite im Kopf entfalten und summend nachhallen.

Zu dieser frühen Stunde konnten TERMINUS zwar nicht allzu viele Leute in die Halle locken, alle Anwesenden waren jedoch begeistert. Und auch wenn ihnen letzten Endes noch solch eine Überhymne wie die ihrer geistigen Brüder von ATLANTEAN KODEX fehlt, so lebt ihre Musik ebenfalls von ausschweifend anschwellenden und außerordentlich kraftvollen Metal-Kompositionen, die insbesondere mit den großen ´The Psychohistorians´ und ´The Traders´ durchgehend überzeugen konnten. (MH)

MYTHRA

Die Mitte der Siebziger Jahre geründeten MYTHRA waren eine der großen Unbekannten auf dem diesjährigen KIT. Unbekannt nicht im Sinne ihres Status, sondern im Sinne von  „was können die Herren noch live liefern?“ . Dass die Band Kult ist, wissen wir längst durch die rare `Death And Destiny`-EP von 1979, die musikalisch doch schon zu den hochwertigen Sachen der NWoBHM gehört.

Aktuell besteht die Band fast komplett aus Original-Mitgliedern und lieferte schließlich einen hörenswerten Gig. Optisch wirkte das Ganze allerdings, als wäre die Band im Übungsraum. Spielerisch dagegen kamen die Herren umgehend auf den Punkt. Alles klang sehr solide, sehr tight und sehr musikalisch. Klar, sie spielten alle vier Stücke der zuvor erwähnten EP, die dann auch beim Publikum am besten ankamen.

Ein überraschend guter Auftritt der reifen Herren, die mit viel Elan und sauberer Leistung überzeugen konnten und in dieser Verfassung hoffentlich noch nach das eine oder andere Festival beehren werden. Zudem, das soll nicht unerwähnt bleiben, hatten sie einen der besten Sounds des Festivals. (JT)

SDI

Nach der Vollbedienung in Sachen NWoBHM gab es mit S.D.I. (Satan’s Defloriation Incorporated) deutschen Speedmetal aus den Achtzigern auf die noch frischen Löffel.

Die Osnabrücker hatten mit ihrer Reunion-Show beim 2015er-Metal-Assault in Würzburg dermaßen abgeräumt, dass Veranstalter Oli Weinsheimer nicht umhin kam, das Trio auch für die große KIT-Bühne zu buchen. Keine schlechte Entscheidung.

Die Zielgruppe drehte ordentlich am Rad, als Sänger/Bassist Reinhard Kruse, Gitarrist Rainer Rage und Trommler Ralf Maunert ihr Liedgut von ‚Panic In The Wehrmacht‘ über ‚Alcohol‘ und ‚Violence‘ bis hin zum allseits mitgebrüllten ‚Megamosh‘ abfeuerten. Das machte Durst und Laune – oder verschaffte eine Dosis Frischluft, falls man mit Simpel-Speed eher weniger anfangen kann. Kein Grund zur Klage also. (LK)

 

THRUST

Vor Festivals hört man sich im Trainingslager ja gerne mal durch die Sammlung der auftretenden Bands und muss leider feststellen, dass man vieles unberechtigterweise jahrelang (und das ist manchmal noch untertrieben) nicht mehr aufgelegt hat. So auch bei THRUST, wo ich doch tatsächlich aus der Erinnerung darauf getippt hätte, dass es sich bei (With the) ´Fist Held High´ und ´Posers Will Die!´ (die beiden größten Hits, die letztlich den Start- und Schlusspunkt des heutigen Gigs bilden) um Refrainzeilen aus dem gleichen Song handelt (es reimt sich ja auch so schön).

Die Songs vom 84er Album ´Fist Held High´ bildeten das Rückgrat des Gigs (neben den bereits genannten auf jeden Fall noch ´Overdrive´, ´Metallic Attack´ und ´Thrasher´), auch wenn ohne Gewähr wohl mit Gitarrist Ron Cooke nur eines der alten Mitglieder an Bord war. Man merkte aber, dass der Kern der Truppe schon länger zusammengehört und Neusänger Andy Beaudry machte auch eine ordentliche Figur. Insgesamt keiner dieser vielfach erlebten völlig überragenden One Last Time-@-KIT Shows, aber schon ein sehr solider Auftritt.

Der sehr einfache räudige Early-US-Metal kam gut rüber. Allerdings müssen wir noch der Form genügen und den Trueness Faktor reklamieren. Kopftücher, Black Label Society-Shirts und grüne Basssaiten sind nicht das richtige Outfit für die KIT Bühne, wenn man solche Texte am Start hat. Zudem brachte die Band mit ´Wasted´ tatsächlich einen leichten Posertouch ins Spiel. Aber fein, so konnten also trotz des markigen Schlussstatements auch Leute wie ich, die gerne (wenn auch nicht heute) mal mit genrefremden Shirts unterwegs sind, den Gig überleben. Und selbst mit Reckless Love-Shirts darf man heute die Halle wieder unbeschadet verlassen. (GPS)

TOKYO BLADE

Wer mit einem Sack voll Klassiker bei einem Festival antritt, der hat eigentlich schon gewonnen. Hinzu fügte sich der im Vorfeld kommunizierte Umstand, dass Sänger Vic Wright nicht beim KIT antreten konnte. Dafür hatten TOKYO BLADE Originalsänger Alan Marsh, der auf der ersten Version von `Night Of The Blade´ zu hören ist, als Ersatz gewinnen können.

Der Sound war bei den Briten nur in Ordnung, was aber die wenigsten Anwesenden störte, denn die brüllten bei den allermeisten Songs sowieso im Kollektiv mit! Allerdings darf nicht unerwähnt bleiben, dass Alan Marsh nicht immer den Ton traf respektive die Einsätze erwischte und die Band in Punkto Tightness nicht wirklich überzeugte. Mal kam ein Gitarreneinsatz zu spät, mal hinkte der Drummer hinterher.

Das sind freilich Kleinigkeiten, denn ansonsten lieferten TOKYO BLADE Hit auf Hit. Ganze vorne mit dabei sicher `Meanstreak`, `If Heaven Is Hell` und `Night Of The Blade`, die hunderte von Fäusten in die Luft zwangen! Spielerisch sicher zu optimieren, vom Fun-Faktor her aber ganz große Klasse. (JT)

ROCK GODDESS

Nach dem überragenden Auftritt 2015 beim Headbangers Open Air waren meine Erwartungen schon ziemlich hoch. Im Nachhinein muss ich gestehen, dass der Auftritt beim KIT nicht an den beim HOA herankam (was ein Herr aus Bremen, sowie ein weiterer aus Italien ebenso sahen bzw. hörten).

Das lag zum einen an der Stimme von Jody Turner, die deutlich zu rau klang und zum anderen an den etwas zu hart gespielten Stücken. Beim HOA klang das alles hardrockiger, lockerer und der erwähnte Gesang war dem der Platten ganz nahe. Dennoch waren die drei Damen mehr als nur ein Augenschmaus und wurden dementsprechend an- sowie abgefeiert.

Und klar, Songs wie `Heartache` oder `Heavy Metal R`n`R` sind Klassiker die jedem geläufig sind. Die Leute hatten Spaß, die Band wirkte hochmotiviert und gab mächtig Gas. Ein guter, aber kein überragender Auftritt. (JT)

THE RODS

Halle (und Publikum) waren ordentlich gefüllt, als THE RODS um 19.40 Uhr loslegten. Das legendäre New Yorker Trio lieferte genau das, was man bei einem Fünf-Sterne-Festival wie dem KIT erwarten darf: eine energiegeladene, zu keiner Sekunde langweilige Rock’n’Roll-Show, die einfach nur Spaß machte und Fans aller Subgenres vereinte. DIO-Cousin David „Rock“ Feinstein und Gary Bordonaro mauerten mit Drummer Carl Canedy eine beeindruckende Soundwand, am Wechselgesang und der Tightness gab es nicht das Geringste auszusetzen.

Der Schwerpunkt lag natürlich auf den Hits der Frühphase, es wurde gebangt als gäb’s keinen Nackenmuskelkater. Spätestens beim Stampf-Klassiker ‚Let Them Eat Metal‘ schien auch der Hallenboden zu vibrieren. 60 Minuten Glückseligkeit. Der Weg war bereitet für die Secret Band… (LK)

SECRET BAND

Um 21 Uhr Ortszeit war im lieblichen Taubertal die Überraschung perfekt. Die Secret Band entpuppte sich als ein Auftritt von ROSS THE BOSS, der bereits 2006 hier gastieren durfte – weder überraschend noch wirklich sensationell. Dieses Mal war immerhin alles besser. Vor allem der junge Sänger Mike Cotoia, „bekannt“ von FATE BREAKS DAWN und einem Gastauftritt bei EMPIRES OF EDEN, war der große Trumpf dieser Besetzung. Cotoia wuchs mit der Musik von MANOWAR auf, wohnt er doch in der New Yorker Nachbarschaft von Ross Friedman.

Ebenfalls zur Bandbesetzung gehörten Lance Joseph Barnewold (FATE BREAKS DAWN) und Kevin Bolembach (u. a. ex-NON-FICTION). Und das Publikum war zu dieser Stunde bereits ausreichend angeheitert, um der ROSS THE BOSS-Band aus der Hand zu fressen.
Die Halle tobte, alle Arme gingen in die Luft. Von ´Sign Of The Hammer´, ´Metal Daze´, ´Blood Of My Enemies´, ´Gates Of Valhalla´, ´Secret Of Steel´, ´Kill With Power´, ´Thor (The Powerhead)´, ´March For Revenge (By The Soldiers Of Death)´, ´Dark Avenger´, ´Hail And Kill´ bis ´Battle Hymn´ lieferten sie ausschließlich die wahren Songs für den MANOWAR-Jünger. Die gesamte Halle wähnte sich ins Jahr 1984 versetzt: „Kill, kill ohohooohooooo“. Zwar kein ´Bridge Of Death´, aber für Veranstalter Oliver Weinsheimer und viele Anwesende war es immerhin eine historische Stunde und die Erfüllung eines Traums. (MH)

RAZOR

Ich bin RAZOR-Geek seit die Band in der Szene auftauchte, stehe also auch zu den Alben ohne Sheepdog und für mich zählt `Evil Invaders` zu den Top-3-Thrash-Alben aller Zeiten. Wie Veranstalter Oli Weinsheimer im Zusammenhang mit dem RAZOR-Auftritt beim KIT vorab klarstellte, würde die Band nur Songs der 1985er-Phase spielen. Und so kam es dann auch.

Mit Original-Basser Mike Campagnolo war das schon ein amtliches Line-up. Dass Dave Carlo inzwischen fast blind ist, dürfte sich auch herumgesprochen haben. Seine Sehleistung liegt in etwa bei 15 Prozent und so ist natürlich seine Onstage-Performance eingeschränkt. Dafür poste Bassist Mike für zwei, während Sänger Bob Reid einem eher das Gefühl gab, er würde im Übungsraum proben. Und dennoch polterte und rumpelte das kanadische Quartett furios und sehr schnell durch seine musikalische Frühphase. Voll-In-Die-Fresse-Einstieg mit `Nowhere Fast` und `Cross My Fool` – was für ein Massaker. Das unglaubliche `Iron Hammer` dann ein erster Höhepunkt. Das derb-räudige `Cut Throat` war das Vorspiel auf ein unfassbares Triple in Form von `Speed Merchants`,`Tortured Skull` sowie `Thrashdance`. So prügelte sich die Band bis zum vierzehnten Song, bevor sie mit den beiden ultimativen RAZOR-Klassikern, `Take This Torch` sowie `Evil Invaders`, den Set beendete. Aber dem nicht genug, meinte zumindest Sänger Reid doch kurz nach dem letzten Ton von `Evil Invaders`. „Eh, `Take This Torch` haben wir up-gefuckt, und wir haben noch fünf Minuten Zeit, also spielen wir den dieses Mal richtig!“ Und dann kam `Take This Torch` die Zweite! Während des kompletten RAZOR-Auftritts gab es vor der Bühne große Circlepits und die Security hatte alle Hände voll zu tun!

Dass RAZOR-Gigs Abwechslungsreichtum bieten, wäre gelogen, denn wie sagte ein Bekannter so schön: „RAZOR sind die AC/DC des Thrash Metal“. Das trifft den Nagel auf den Kopf. Wie dem auch sei, RAZOR mischten die Halle auf und brachen den Rest an Widerstand. Danke für die 80-Minuten-Abriss-Sound! Blöd allerdings nur, dass die Band kaum Merchandise (ne`handvoll T-Shirts) dabei hatte, was in Anbetracht der Headliner-Position eigentlich unverständlich ist. (JT)

 

Samstag

METALIAN

Es gibt leichteres, als am Samstag um 12 Uhr die KIT-Hangover-Patienten aufzuwecken. Doch METALIAN aus Montreal lösten die Aufgabe mit Bravour. Mit einem Album und zwei EPs haben sich die Kanadier in die erste Liga der New Wave of Traditional Metal gespielt, ein Werdegang wie der ihrer Landsmänner von STRIKER ist dem Quartett locker zuzutrauen.

Die Songs sind griffig aber nicht zu einfach gestrickt, für einen Kracher wie ‚Evel Knievel‘ würden viele Nachwuchsbands töten. Und der Nackenspoiler von Sänger/Gitarrist Ian Wilson sah einfach nur fantastisch aus. Großer Sport, gerne bald wieder! (LK)

 

DEXTER WARD

Der Einstieg bei DEXTER WARD geriet für meinen Geschmack etwas zäh, aber spätestens ab dem zweiten Song, dem Titeltrack der neuen, weniger undergroundig und hymnischer klingenden zweiten Platte ´Rendezvous With Destiny´, begann es, richtig Spaß zu machen, auch wenn sich die statische Band sehr auf das Charisma ihres italienischen Frontmanns verließ.

Die großen neuen (´Stone Age Warrior´) und vor allem die alten Hits des Debüts wurden abgefeuert. DEXTER WARD haben das richtige Gespür dafür und so kamen wir natürlich in den Genuss von ´Ghost Rider´ mit dem geilen, dem Refrain nachgelagerten, scharfen „…in the night“ und natürlich ´Metal Rites´, welches ja hier auf diesen gelben Seiten schon nicht ganz zu unrecht als einer der Metalhits der letzten zehn Jahre bezeichnet wurde.

Ab der Mitte des Gigs war die Interaktion mit dem Publikum für Dexter sogar so weit fortgeschritten, dass es Zeit war, die Sonnenbrille beiseitezulegen. Viel zu zeitig kündigte die Band ihren letzten Song an, mit dem Epic ´Back To Saigon´ bekamen wir aber noch mal ausgiebige Genussminuten und feine Gitarrenlicks serviert und die „Bang your fuckin‘ Head“-Einlage hat man seit Messiah auch nicht mehr so schön episch vorgesungen bekommen. Die griechischen Fahnen wurden am Ende völlig zu recht geschwenkt. (GPS)

 

SAVAGE MASTER

Nach den großartigen DEXTER WARD war es wieder an der Zeit, amerikanischem Stahl zu huldigen. Einer Sorte, die schon immer – wie die Geschichte belegt – auch mit ihren Show-Effekten nicht gerade geizig umging. Wer jedoch SAVAGE MASTER, angeführt von einer umwerfenden Stacey Savage, allein auf die leichte Bekleidung der Sängerin und die schwarzen Henkerhauben ihrer Mitmusiker reduzierte, wurden mit dem Auftritt der Band aus Louisville mehr als überrascht.

Kentucky schreit, Stacey schreit schriller, besser, einfach nur überragend. Die Sängerin hatte nicht nur eine unheimliche Präsenz, sondern ein großartiges Gesangsorgan mitgebracht. Ohne Kraftaufwand konnte sie mit ihrem voluminösen Gesang die Halle erbeben lassen. Und im Gepäck hatte die Band natürlich die Songs des Debüts und seines aktuellen Nachfolgers. Durchgehend lieferten daher die Saiten rasiermesserscharfe Riffs, so dass die Band einen US Metal-Kracher nach dem anderen aus dem Köcher zog. ´Mask Of The Devil´, ´Satan’s Crown´ – vor dreißig Jahren hätten sie die Welt erobert oder würden heute als Legende gelten. Heutzutage ist es jedoch auch mehr als nur ein Vergnügen, denn hier stimmen Songs und eine nicht übertriebene Show.

Beim brandneuen Song ´With Whips And Chains´ holte Stacey die Sechsschwänzige Katze heraus und peitschte ihren niederknienden Bassisten aus. Sogar die Kapuzenmänner durften bei ´Ready To Sin´ Background-Gesänge anstimmen. Später erschien Sängerin Stacey zu ´The Ripper In Black´ in einem schwarz-rotem Samtumhang augenscheinlich als Rotkäppchen. Oder war sie der Ripper persönlich? Begleitet jedenfalls vom Tod auf dem Highway zum finalen Höhepunkt. Killer tunes, Killer band. (MH)

IRON CROSS

Nach soviel weiblichen Reizen waren die Veteranen von IRON CROSS eine wohltuende Abkühlung. Die US Metal-Kultband musste vor zwei Jahren aufgrund gesundheitlicher Probleme ihres Sängers und Gitarristen Mike Skelton absagen, damals sprangen KARION ein und es hieß, IRON CROSS würden auf jeden Fall wieder eingeladen werden, falls sich Mikes Gesundheit bessere. Wenig später verstarb Skelton. Und so war es nun traurigerweise ein Tribute-Gig, den die Florida-Legende in Königshofen spielte.

Aber was für einer! Songs wie die fabulösen ‚Mistress Of The Dark‘, ‚Demons‘ oder ‚Die Like That‘ muss man als Fan des Obskuren einfach gut finden. Und IRON CROSS servierten diese ewig jungen Ohrenfreuden auf den Punkt genau. ‚Killed By Death‘ war die einzige Lemmy-Verbeugung des Festivals (eine gelungene!), mit ‚IC Brotherhood‘ würdigten IRON CROSS ihren gefallenen Kameraden. Besorgniserregend war nur der Zustand von Gitarristen-Schwergewicht Rex A. Coward, der den gesamten Gig sitzend absolvierte und hinterher im Rollstuhl geschoben wurde.  (LK)

SKI

Rein von der Papierform her wurden nun die besten acht Stunden KIT am Stück ever eingeläutet. Ich weiß, was wir hier alles schon gesehen haben, aber eine solche Aneinanderreihung an Jahrhundertbands gab es noch nicht, wenn wir SKI und KENN NARDI mal vollwertig als DEADLY BLESSING und ANACRUSIS akzeptieren. Und das können wir bei den gezeigten Leistungen, die einem Gig in Originalbesetzungen in nichts nachstanden.

SKI waren am Ende für mich tatsächlich der Gesamtsieger des KIT XIX und es konnte sogar der ultrageniale Kniefallgig von 2005 noch getoppt werden. Eine unfassbare Gesangsleistung des US-Metal-Gotts, die selbst einem John Arch das Wasser reichen konnte – auch die Begleitband WITHOUT WARNING war klasse. SKI selbst zog alle in seinen Bann – und sich aus. Anfangs noch dick gepolstert legte er alle seine Metal-Utensilien im Lauf des Gigs ab und verteilte sie ins Publikum.

Vor lauter Mitbangen und Screamen blieb gar nicht wirklich Zeit für Notizen, diese sind aber auch nicht nötig, da sowieso nahezu das komplette ´Ascend From The Cauldron´-Album zum Zug kam und etwaige Bedenken, dass man auf einen Teil dieser Götterfunken verzichten müsste, im Keime erstickt wurden. Nein, es war tutto completto alles perfekt. Am Ende hatte Ski noch ein Stars & Stripes-Leibchen und einen dazu passenden Hut auf und wir durften alle zusammen (We all need) ´American Metal´ von LIZZY BORDEN machen. Drücken wir die Daumen, dass es doch noch mal einen vierten SKI-Gig am KIT geben kann. (GPS)

ARTCH

Es ist keine dankbare Aufgabe, nach der Rampensau SKI auf die Bühne zu müssen. ARTCH schlugen sich trotzdem mehr als passabel. Die Norweger (okay, Sänger Eric Hawk kommt eigentlich aus Island) liefern einen soliden Gig, für ein KIT-Highlight fehlten über die gesamten 50 Minuten trotzdem einige Prozente, auch wenn es bei ‚Metal Life‘ und dem geilen ‚Another Return To Church Hill‘ zumindest in den vorderen Reihen gediegen abging.

Unspektakulär trifft’s wohl am besten. Wer von einer herben Enttäuschung spricht, hat vielleicht einfach zu viel erwartet. (LK)

KENN NARDI

Dann folgte mit KENN NARDI ein wahrhaft großartiger Auftritt auf diesem hochkarätigen Festival, der für nicht wenige Anwesende der Höhepunkt des Wochenendes darstellen sollte. Denn Mister Kenn Nardi, der uns im vergangenen Jahr mit ´Dancing With The Past´ eines der größten Werke der gesamten letzten Dekade geschenkt hat, ist nicht nur als Gitarrist und Sänger von ANACRUSIS zur Legende geworden, sondern hat es heutzutage überhaupt nicht nötig, unter dem Banner ANACRUSIS zu firmieren, nur um mit einem berühmten Bandnamen als einziges Originalmitglieder alte Lieder mit austauschbarer Besetzung endlos vorzutragen.

KENN NARDI firmiert daher schlichtweg unter seinem Namen und hat dabei sogar den erwähnten Klassiker herausgebracht. Von all den wiedervereinigten oder zusammengewürfelten Bands aus alten Tagen, die Live wie eine Karaoke-Veranstaltung unter falschem Namen wirken, kann dies keine Gruppe von sich behaupten. Zudem wirkt sogar auch noch heute seine Musik wie nicht von dieser Welt. Magie lag also in der Luft, als sich nach langem Soundcheck Nardis Präsenz auf der Bühne entfaltete. Wie in Trance durchlebte das Publikum die Situation, als würde sich ein ganzes Magazin eines Maschinengewehrs über ihm entleeren. Denn die Riffs feuern unentwegt ihre rasierklingenscharfen Projektile ab, während sich der Hörer in diesen überirdisch schönen Melodien wonnig wiegt und von einem Riff nach dem anderen getroffen wird. Und mit einer interessanten Setlist erhielt das Publikum in Königshofen ein mörderisches Programm geboten. ´Grateful´ von ´Screams And Whispers´ und sogar die auf ´Manic Impressions´ verewigte NEW MODEL ARMY-Coverversion ´I Love The World´ füllten ein gewagtes, aber vom Erfolg gekröntes Programm. Zum Song ´Release´ schien sich Nardi förmlich die Lunge herauszuschreien. Gefolgt von ´Something Real´ wurde der Sound alsbald langsam thrashiger, jedoch keineswegs weniger magievoll. Der Höhepunkt folgte schließlich mit der Präsentation des ANACRUSIS-Klassikers ´Sound The Alarm´, den KENN NARDI gemeinsam mit dem Sänger von Österreichs Prog-Legende MAYFAIR spielen sollten. Die Herren kannten sich bereits persönlich vom gemeinsamen Konzert einige Tage zuvor in Feldkirch, wie auch ein MAYFAIR-Shirt des KENN NARDI-Bassisten belegte, und so reifte die Idee zu dieser gemeinsamen Song-Umsetzung. MAYFAIRs Mario reiste also extra an und wurde auch vom Publikum mehr als herzlich empfangen. Gemeinsam mit Kenn Nardi oder ganz alleine sang er ´Sound The Alarm´, hüpfte grinsend oder bangte dabei ohne Unterlass um Kenn Nardi, dem Fels in der Brandung, herum und setzte letztlich mit seiner Gesangsdarbietung sowie seiner Anwesenheit dem Song die Krone auf. Die größte ´Sound The Alarm´-Version aller Zeiten ließ folglich nicht nur den vorderen Teil des Publikums ausrasten. Eine Sternstunde. (MH)

 

PRAYING MANTIS

Die Briten PRAYING MANTIS lieferten nach dem fordernden KENN NARDI-Auftritt einen erfrischenden, entspannten Sound und zeigten, dass auch melodischer Hard Rock beim KIT funktioniert. Der Auftritt glänzte durch Spielfreude, tolle Songauswahl und ein wirklich lockeres Entertainment. Mit Klassiker-Stoff wie `Turn The Tables`, `Captured City` oder `Praying Mantis` konnte man natürlich auch wenig falsch machen.

Mit `Fight For Your Honour` fand sich leider nur ein neuer Song vom letzten, starken Studioalbum `Legacy` in der Setlist. Die Band hatte die Fans fest im Griff, was sich in beeindruckenden, aus tausend Mündern gegröhlten Songrefrains äußerte. Alles klang tight, sehr kompakt und hinterließ einen sehr positiven Eindruck.

Mit dem holländischen Sänger Jaycee Cuijpers haben sich PRAYING MANTIS sich einen sympathischen, ausdrucksstarken Sänger in die Band geholt, der auch das alte Material locker und überzeugend singen kann. Ein runder, toller, sehr starker Auftritt der Briten, die trotz hochkarätiger Konkurrenz und extrem starken Gigs dennoch zu den Tagessiegern zu zählen waren. Und dass sie ihrem ehemaligen, im Herbst 2015 verstorbenen Gitarrist Steve Carroll Tribute zollten, machte die Briten noch sympathischer. (JT)

 

HEIR APPARENT

Ein klein wenig lange ließ man sich feiern, aber als es dann endlich losging, war das mit dem perfekten Einstieg ´Dragon’s Lair´ direkt vergessen. Terry Gorle und seine Truppe wollten es nach dem völlig missratenen Auftritt beim ´Metal Assault´ 2012 wissen und die Gesangsleistung des neuen Mann am Mikro, Will Shaw, war das genaue Gegenteil von damals – einsame Weltklasse und das bei den Songs beider Alben.

Obwohl schon einige Videos, wie beispielsweise vom ´Up the Hammers´-Festival in Athen umgingen, schien das trotzdem nicht wenige zu überraschen, sodass am Ende die Begeisterung allenthalben extrem groß war. Vorher reinhören ist wie beim Albumkauf halt verboten, wer es trotzdem macht, wie ich in diesem Fall, wird mit etwas weniger Ekstase bestraft. Anfängerfehler. An der Setlist gab es nichts auszusetzen, neben dem fast kompletten Debüt kamen auch die sechs besten Songs von ´One Small Voice´ zum Zug.

Keine Ahnung, warum ich nicht völlig austickte, wahrscheinlich weil mich der SKI Gig und insbesondere die Magieversion von ´Sound The Alarm´ bereits völlig geflasht hatten. So war es eher andächtiges Genießen angesagt, das darf ja auch mal sein und die Freude, darüber wie vielen Leuten HEIR APPARENT gefällt, ist ein ebenso schönes Gefühl. Well done, Mr. Gorle, wie wäre es in dieser fantastischen Besetzung mit einem neuen Album? (GPS)

 

FATES WARNING

Sie war gekommen, die Stunde der Wahrheit, das Konzert auf das alle seit einem Jahr gewartet hatten. Eigentlich bereits seit 30 Jahren, denn FATES WARNING präsentierten als Headliner der 19. KIT-Ausgabe in der ´Awaken The Guardian´-Originalbesetzung ihr Jubiläumswerk in voller Pracht und Länge. Mit Sänger John Arch, mit Bassist Joe DiBiase sowie Drummer Steve Zimmerman, der wie ein Orkan über seinen Drums bebte und wuchtig den Sound zementierte, und natürlich an den Gitarren mit Frank Aresti und einem echte Emotionen zeigenden Jim Matheos.

Leider war der Sound bei diesem Jahrhundertereignis womöglich der schlechteste des gesamten Festivals. Ob’s daran lag, dass der selbst mitgebrachte Mischer nicht gut genug mit der Hallen-Akustik vertraut war? Auf der linken Seite waren jedenfalls überwiegend schrubbende Gitarren zu vernehmen, die Rangbesucher waren erst recht nicht begeistert, während mittig der Sound erträglicher war. Vereinzelt waren ganz vorne und sogar sehr weit hinten gute Sounderlebnisse möglich. Dennoch, wenn ich Gott singen höre, will ich seine Worte und die Melodie in diesen verstehen können. Leider war John Archs Gesang vielfach nicht gerade deutlich zu hören. Ein bitteres Erlebnis in dieser Hinsicht.

Optisch schien die Band hingegen direkt einem Jungbrunnen entstiegen zu sein. John Arch ließ seine länger gewachsenen Haare aus einem Kopftuch herabhängen (leider fehlte ´Pirates Of The Underground‘). Auf dem Abendprogramm stand selbstverständlich ´Awaken The Guardian´ und dieses Überwerk sollte in seiner bekannten Reihenfolge ertönen. Das Publikum hing John Arch dabei an den Lippen, als der Einstieg mit ´The Sorceress´ perfekt glückte. Zu ´Guardian´ beugte sich Jim Matheos über seine Akustikgitarre, was folgte, war Magie pur. John Arch sang und bewegte sich über die Bühne, als hätte er sein gesamtes Leben nichts anderes getan. Unvergessliche Momente, als alle Anwesenden die Zeilen „I will wish upon a star“ anstimmten. Bis zum letzten Lied des Gesamtwerkes, dessen Verlauf die Band mit drei Einspielern zwischen den Songs etwas zur Ruhe kommen ließen, hielt die Stimmung an, die Menge tobte und sang den ´Exodus´ herbei.

Selbst wenn viele KIT-Gänger den ARCH/MATHEOS-Auftritt 2012 stimmiger fanden, wird auch dieses Konzert im Gedächtnis bleiben. Die Band ließ sich feiern, verschwand für einige wenige Minuten und kehrte zum großen Zugabenblock, der mit ´The Apparition´ glorreich begann und mit ´Epitaph´ kaum besser enden konnte, zurück. Dazwischen ´Damnation´ und ´Night On Bröcken´ (passend zur Walpurgisnacht), viel schöner war dieses Wahnsinnskonzert nicht zu erwarten gewesen. Höchstens vom Sound her. „Drowned in the depths of a meaningless past“. Danke, Gott. (MH)

 

 

Fazit:

Die durch die FATES WARNING – Ankündigung explodierte Kartennachfrage 2015 (und das Versagen des Online-Ticketverkaufs) hatten Veranstalter Oliver Weinsheimer und sein Team erstmals dazu veranlasst, die Plattenbörse aus der Halle in ein benachbartes Zelt zu verlagern, um mehr Ticketwünsche erfüllen zu können. Eine Maßnahme, die nicht überall auf Gegenliebe stieß. Es nahm dem Festival etwas von seinem einmaligen Flair und nicht alle Händler waren mit dieser Situation glücklich. Dem entspannten Shoppen machten die erdachten Laufwege den Garaus, da der Weg in die Halle zwangsläufig durchs enge Zelt genommen werden musste. Auch wenn der Eingangsbereich der Halle ohne die Ticket-Tische vergrößert wurde, ging es in den Pausen zwischen den Bands teilweise bedrohlich eng zu. Treppe zur Tribüne, Toiletten, Analphabeten, die die „No Exit“ Schilder wohl für einen Tribut an Fates Warning hielten – hier herrscht Nachbesserungsbedarf. Zum Ablauf und den Bands kann ferner nichts Negatives erwähnt werden, außer dass der Sound dieses Jahr wieder bei einigen Bands markant schlechter, gerade im hinteren Teil der Halle manchmal geradezu katastrophal war und sich das Essensangebot weiterhin für zwei Tage etwas eindimensional darstellt. Ansonsten kann man nur den Hut ziehen vor einem wieder mal wunderbaren Festival (und einer ebensolchen Warmup-Party am Donnerstagabend in Dittigheim!), das die besten Vertreter unserer Musik wie kein zweites zusammenführt. Nach dem KIT ist vor dem KIT!

C(irith) U(ngol)!!

 

Drei Fragen an Veranstalter Oli Weinsheimer:

Gab es irgendwelche Zwischenfälle negativer Art?

Es war das friedlichste KIT ever ohne nennenswerte Zwischenfälle.

Wie lautet das Fazit zum Händlerzelt und den neuen Laufwegen?

Das Fazit fällt bis auf den von uns verschuldeten, verspäteten Einlass, welcher die Schlange auslöste, sehr positiv aus. Ich habe mit fast allen Händlern gesprochen und fast jeder konnte seinen Umsatz enorm steigern.

Wird das Zelt auch im nächsten Jahr beibehalten oder geht’s zurück zum alten Format?

Es bleibt wie 2016 mit dezenten Verbesserungen.

 

Top-Bands Mario Lang (Fotos):

FATES WARNING
RAZOR
MYTHRA
PRAYING MANTIS
TOKYO BLADE

Top-Bands Ludwig Krammer (LK):

FATES WARNING
HEIR APPARENT
KENN NARDI
MYTHRA
TOKYO BLADE

Positive Überraschung: ROSS THE BOSS

Tops-Bands Markus Gps (GPS):

SKI
KENN NARDI
FATES WARNING
MYTHRA
HEIR APPARENT

Top-Bands Jürgen Tschamler (JT):

RAZOR
HEIR APPARENT
SKI
FATES WARNING
PRAYING MANTIS

Top-Bands Michael Haifl (MH):

KENN NARDI
FATES WARNING
SKI
HEIR APPARENT
SAVAGE MASTER

 


Von: Haifl, Krammer, Tschamler, Gps

Fotos: Mario Lang