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COHEED AND CAMBRIA – The Color Before The Sun

~ 2015 (300 Entertainment) – Stil: Emocore-Powerpop-Prog-Rock ~


Claudio Sanchez ist Vater geworden. Das sei der Grund, warum er nun keine Science-Fiction-Storys mehr dichte, sondern über die Dinge des Lebens schreibe, verriet der COHEED-AND-CAMBRIA-Mastermind in den Interviews zum neuen, achten Album ‚The Color Before The Sun‘.

Sanchez‘ positiver Energieschub ist auch in der Musik zu spüren. Lockerer und flockiger als je zuvor werben die Kompositionen um die Gunst des Hörers – ohne dabei den bandeigenen Nachhaltigkeits-Anspruch zu verraten. Vom punkigen Powerpop (oder poppigen Powerpunk) des eröffnenden ‚Island‘, das mit seinen Oktavriffs und Engelschören an die verblichenen MY CHEMICAL ROMANCE erinnert, über den Schaumbad-Refrain von ‚Colors‘ bis hin zum RUSH-verliebten ‚You Got Spirit, Kid‘ sitzt jede Hookline, jedes Lick. Höhepunkt und Anspieltipp für Unentschlossene ist das mittig platzierte ‚Atlas‘, ein knapp siebenminütiges Dynamik-Feuerwerk aus hymnischen Melodien, Rhythmuswechseln und Tempovariationen, mit dem sich Meister Sanchez durchaus auf dem Niveau der jüngsten BIFFY-CLYRO-Sahnealben bewegt.

Auch wenn es in der Gesamtbetrachtung nicht ganz zum Prädikat „Meisterwerk“ reicht und ‚In Keeping Secrets of Silent Earth: 3‘ in der hauseigenen Diskographie auf ewig unangetastet bleiben dürfte, wird ‚The Color Before The Sun‘ keinen C&C-Freund enttäuschen. Gut möglich zudem, dass sich Sanchez & Co. mit diesem wärmenden Herbstfeuer neue Fanschichten erschließen.

(dicke 8 Locken)

Ludwig Krammer

Was servieren uns Claudio Sanchez und seine Mannen auf ihrem siebten Album? Nun, die Scheibe beginnt mit fröhlichen Melodien, die etwas an den College-Rock der 80er erinnern. Rhythmisch an den lockeren Punkrock angelehnt, den sie auf ihren früheren Alben schon hin und wieder bemühten, ist ´Island´ kein übler Auftakt. An ´Eraser´ kann ich dann wenig finden, was dem Songtitel entsprechen würde. Alles ist viel mehr „Emo-Pop-Rock“, der hier wirklich um seine Daseinsberechtigung kämpfen muss. ´Ghost´ ist eine schöne, ruhige und spartanische Ballade, während ´Atlas´ schon sehr an die wesentlich jüngere Indie-Band IMAGINE DRAGONS erinnert.

Das Alles ist so weit weg von den wirklich erstklassigen und hauptsächlich im Progressive Rock/Metal verwurzelten Alben der „Armory Wars“-Story, die absolute Klassiker wie ´In Keeping Secrets…´, ´Good Apollo…´ und ´No World For Tomorrow´ hervorgebracht hat, dass es mir schon fast weh tut.

Claudio benutzt seine einzigartige Stimme immer noch wie früher, allerdings gibt es keine Spitzen oder Ausbrüche mehr, die bei den früheren Alben zu Gänsehautmomenten beigetragen haben. Ich will auch gar nicht das Können und die Musikalität der beteiligten Musiker kritisieren. Die Songs, die Produktion und das Gesamtbild sind einfach nicht so interessant, wie man es von dieser Band erwarten sollte.

(4,5 Punkte)

Susi Rocketqueen Müller