MeilensteineVergessene Juwelen

METAL FOR MUTHAS – Compilation

(1980/2000 EMI, Air Raid Records) – Stil: NWoBHM


2015 sind es satte 35 Jahre (!!), seit eine der wichtigsten Heavy Metal-Compilations ever veröffentlicht wurde: METAL FOR MUTHAS (oder auch METAL FOR MUTHAS Vol. 1).

Das Album muss daher einfach erneut vorgestellt werden und verdient einfach eine neuerliche Erwähnung, um auch jüngeren Fans dieses Meilenstein näher zu bringen. Den nachhaltigen Einfluss des Samplers braucht man nicht zu diskutieren, selbst heute ist das Album noch spannend … auch wenn man einen großen Teil der Songs inzwischen in- und auswendig kennt.

Als ich die LP damals zum ersten Mal in den Händen hielt, waren IRON MAIDEN die einzigen, die ich vom Hörensagen kannte. ANGEL WITCH, SLEDGEHAMMER, PRAYING MANTIS – waren Namen ohne Bedeutung, bis die Nadel aufsetzte. Nach dem ersten Durchgang der LP war ich geplättet. Tagelang hielt ich das Cover in meinen Händen – die Welt um mich hatte keine Bedeutung mehr. So war das damals, als man Platten neu kaufte und wochenlang hörte, alles aufsaugte, die Cover in- und auswendig lernte … Meine Mutter flippte aus!

IRON MAIDEN hatten mich an den Eiern! Ebenso wie SLEDGEHAMMER, E. F. BAND und ANGEL WITCH. Ich weiß nicht, wie viele tausend Male die Platte lief, wie oft ich die Platte von der A- auf die B-Seite drehte … Eine CD wäre damals hilfreich gewesen … aber vielleicht war gerade dieses Plattendrehen ein so immens wichtiges Ding damals, um den Songs immer näher zu kommen … Und den Songs kam man mit jedem Hören näher … Man war sozusagen gebrandmarkt, infiziert und das war damals was anderes als es heute ist, wo man über das Internet alles in Sekundenschnelle abrufen kann und den Wert nicht mehr zu schätzen weiß. Wer den Sampler damals besaß war Insider, war der breiten Masse weit voraus, war einer aus dem inneren Kreis.

Klar hoben sich einige Bands schon beim ersten Durchgang hervor, allen voran IRON MAIDEN, SLEDGEHAMMER, ANGEL WITCH, E. F. BAND. Erst später erkannte man auch die Klasse von Truppen wie SAMSON, PRAYING MANTIS oder ETHEL THE FROG, die zwar hart, aber nicht „Heavy“ im Sinne der zuvor erwähnten Bands waren.

Mit IRON MAIDENs `Sanctuary` hatte man natürlich den ultimativen Opener! Als ich den Song damals zum ersten Mal hörte, war das wie das erblicken einer neuen Galaxy. Das folgende `Sledgehammer` von der gleichnamigen Band SLEDGEHAMMER war da keinen Deut schlechter. Die Gitarre am Anfang des Songs und der treibende Takt, der fast schon Boogie-ähnliche Rhythmus, verfolgte einen tagelang. Bis heute der beste Song, den die Briten jemals veröffentlicht haben!

`Fighting For Rock`n`Roll` von der E. F. BAND (bekanntermaßen Schweden!) ist bis heute auch deren bester und kultigster Track. Niemals wieder klangen sie so intensiv, treibend und frisch – der Song ist ein Klassiker.

Den folgenden Song von TOAD THE WET SPROCKET (´Blues In A´) hat man normalerweise immer übersprungen. Das war klassischer Blues und wollte nicht passen, nach solchen Kracher wie `Sledgehammer`, `Sanctuary` und `Fighting For Rock`n`Roll`. Wie TOAD THE WET SPROCKET es damals auf das Album schafften, ist wohl heute noch eine berechtigte Frage.

Das folgende `Captured City` von PRAYING MANTIS lief mir persönlich aufgrund des harschen, wenig melodischen Gesangs nicht gut rein, dabei waren die Gitarren richtig gut und auch ansonsten war der Song sehr druckvoll. Damals war er für mich eher ein Stück aus der zweiten Reihe.

`Fight Back` von ETHEL THE FROG war wieder so eine schnelle, hart getaktete Nummer, die mir gut reinlief. Wobei der Gesang auch hier ungewöhnlich war und erst nach ein paar Durchgängen zündete. Auch von dieser Band gab es leider im Nachhinein nicht mehr viel hochwertigeres als diese grandiose Nummer.

Das folgende `Baphomet` von ANGEL WITCH war auch einer der Songs, die der Compilation zu ihrem kultigen Ruf verhalfen. Der Track war damals auch irgendwie ein Schlag ins Gesicht des naiven Hörers, die mit solch einem urgewaltigen Song und Sound zu Beginn überfordert waren. Diese BLACK SABBATH-ähnliche Riffwand zu Beginn des Songs, bevor es in diesen typischen Takt der frühen Achtziger überging, war geradezu spektakulär und diese riesige Energie im weiteren Verlauf des Songs machten ANGEL WITCH umgehend zu Stars der damals noch kleinen Szene.

War man der Meinung nach diesem Riffmonster konnte keine Steigerung mehr kommen, hatte man IRON MAIDEN nicht auf der Rechnung, die die einzige Band mit zwei Songs auf dieser Compi war! `Wrathchild` walzte mit den späteren IRON MAIDEN-Trademarks in Sachen Bass und Groove alles nieder. DiAnno`s Gesang – grandios! Eine schon damals echte Klassikernummer.

Da holte einen die folgende Nummer von SAMSON geradezu wieder runter. `Tomorrow Or Yesterday` ist eine epische Nummer mit gewaltigem Tiefgang, die man allerdings erst nach einigen Durchgängen verstand. Zumindest erging es mir so. Einer der überragenden Tracks des Albums – auch wenn ich das erst Jahre später zugeben konnte.

Das Albumschließende `Bootliggers` von NUTZ ist für viele einer der Fehlgriffe des Albums. Jaein würde ich mal sagen. Der eher rock`n`rollige Aspekt des Songs ist nicht zu überhören. Eingängiger Hardrock mit rotzigen Vocals, der nicht ganz dem Term „Metal“ entsprach – wie schon TOUD THE WET SPROCKET. Dafür fett produziert und mit einem unheimlichen Groove. Erst nach Jahren fand ich an dem Song gefallen.

Anyway, 35 Jahre nach der Erstveröffentlichung sollte man diesem Album mal wieder ein paar Runden auf dem Plattenteller gönnen und sich den damaligen Spirit des Aufbruchs reinziehen. DJ Neal Kay war damals für die Linernotes verantwortlich und sicher auch ein Faktor, der für den späteren Erfolg der Compilation verantwortlich war. METAL FOR MUTHAS schaffte es immerhin bis auf Platz 16 der britischen Longplayer-Charts, was schon ein sehr außergewöhnlicher Erfolg war damals.

METAL FOR MUTHAS, sowie METAL FOR MUTHAS Vol. 2, wurden im Jahr 2000 erstmals offiziell auf CD über Air Raid Records veröffentlicht, dem Label von IRON MAIDEN Sänger Bruce Dickinson. CD wie Platte können im Moment für billiges Geld abgegriffen werden. Auch wenn man nicht auf Sampler steht, dieses legendäre Teil sollte schon in der Sammlung stehen, alleine schon wegen der kantigen IRON MAIDEN Tracks, die hier noch deutlich ungeschliffener klangen als die später neu aufgenommenen Versionen.

Darüber hinaus existiert eine Doppel-CD mit beiden Alben und dem Untertitel `Essential New Wave Of British Heavy Metal`, erschienen 2003 bei Sanctuary Records. Die habe ich allerdings noch nicht gesehen, was nicht heißen soll, dass die Version rar ist.