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PHILM – Fire From The Evening Sun

~ 2014 (UDR) – Stil: Progressive Alternative-Metal ~


Sein Engagement bei SLAYER hat Dave Lombardo endgültig abgehakt. Gut so! Während seine Ex-Kollegen seit einem Vierteljahrhundert im eigenen Saft schmoren, hat sich der Ausnahmetrommler dafür entschieden, auch künstlerisch relevant zu bleiben – was ihm und seinen nicht minder begabten Kollegen Gerry Nestler (Gitarre, Gesang) und Pancho Tomaselli (Bass, Ex-WAR und TOWER OF POWER) auf PHILMs Zweiitling vortrefflich gelingt.

War schon der Vorgänger ´Harmonic´ mit seinem noisig-experimentellen Ansatz eine reizvolle Insel im Meer der Veröffentlichungen, so ist der neue Zwölftracker ein ganzes Archipel geworden. Deutlich songdienlicher und weniger krachig zwar als das 2012er-Werk, aber trotzdem weit weg von allem, was (sich) als harter Alternative-Rock/-Metal langweilt. Nestler, der sich in den Neunzigern durch die innovativen CIVIL DEFIANCE einen Prog-Metal-Heiligenschein verdient hat, beschreibt den Stil der neuen PHILM als „heavy, aber sensibel, kraftvoll und atmosphärisch“. Drum & Bass und musikalischer Expressionismus seien ebenso in den Sound eingeflossen wie bodenständiger Underground.

‚Train‘ eröffnet die Scheibe mit einer Breitseite positiver Energie. Marschgetrommel und JANE’S ADDICTION-mäßige Licks lassen die Abendsonne strahlen, beim anschließenden Titelstück richtet Lombardo sein abgespecktes Drumkit Richtung SLAYER, zitiert den Mittelteil aus ‚Raining Blood‘, um von Nestler mit groovigem Oktavengeschubse abgefangen zu werden. Augenzwinkern auf höchstem Niveau.

Danach ist Schluss mit lustig. Abgesehen von ‚Silver Queen‘ einem Grunge-Hit in bester SOUNDGARDEN-Manier regiert kühle bis eisige Härte. ‚Lion’s Pit‘ ist ein Trip durch unterirdische Hallen, zitternd vor Angst nähert sich der Hörer dem lauernden Killer; A PERFECT CIRCLE sind hier als Vergleich nicht zu hoch gegriffen. ‚We Sail At Dawn‘, ‚Omniscience‘, ‚Luxhaven‘ und ‚Blue Dragon‘ schaffen es, das Level zu halten. Freunde des Psychopathen-Rocks KILLING JOKE’scher Prägung werden ihre dunkle Freude an den Kompositionen haben, teilweise dringen PHILM in Tiefen vor, wie sie PORCUPINE TREE auf ‚In Absentia‘ ausgelotet haben.

‚Turn The Sky‘, an vorletzter Stelle des Albums angesiedelt, kriecht insektengleich unter die Haut. „Will You Follow The Light To Your Doorway?“, fragt Nestler flüsternd, während die Instrumente pechschwarze Gewitterwolken formen – ohne sich zu entladen.

Tja, statt wohlfeil einen abschließenden Donnerschlag zu platzieren, beschließen PHILM das Album mit einer charmant angeschrägten Klaviernummer, wie sie auch ein ELVIS COSTELLO nicht besser hinbekommen hätte. Hintenraus gibt’s ein paar Latin-Takte zu hören, wohl Lombardos Gruß an seine kubanische Heimat.

Für die dritte PHILM-Scheibe hat der Drumheld bereits eine deutlich härtere Gangart inklusive Doublebass angekündigt. Auch die Herren Araya und King werden ’s mit Interesse gelesen haben.

(8,5 Punkte)