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METALLICA – Death Magnetic

2008 (Vertigo/Universal) – Stil: Metal


Über diese Platte ist ja nun schon einiges geschrieben worden. Über die Erwartungen, die Erfüllung oder eben Nichterfüllung derselbigen, den Sound etc. Es gibt einiges hier, was verbindet, allerdings vieles, das polarisiert. Ich für meinen Teil habe alle Metallica-Alben im Schrank, kann auch so ziemlich jeder irgendwas abgewinnen (auch dem 90er-Bluesrock und dem St. Anger-Krach), allerdings sind die einzigen, die ich regelmäßig immer mal wieder raushole und immer noch mit der gleichen Begeisterung anhöre die beiden Göttergaben „Ride The Lightning“ und „Master Of Puppets“ (Wohl auch weil ich mit diesen Scheiben für das Thrash-Genre „sozialisiert“ wurde).
Eines vorweg: Das mit dem übersteuerten und viel zu dichten Digital-Sound ist zwar schade (und sicher einer der Tiefpunkte in Rick Rubins ansonsten fast makellosen Produzenten-Vita), aber meiner Meinung nach für eine Beurteilung zweitrangig. Fest steht auf jeden Fall, dass sich Metallica zurückbesinnt haben. Auf „Death Magnetic“ gibt es so ziemlich alles aus dem Band-Kosmos: Klassisches 80er Thrash-Riffing, ein paar moderne Elemente und Grooves, 90er-Phase-Sprenkel und ab und zu blitzt eine St.-Angerische Dissonanz auf – meine persönlichen Highlights sind allerdings die immer wieder auftauchenden Reminiszenzen an die Ur-Einflüsse (Thin Lizzy, Rainbow, Iron Maiden). Eigentlich klingt alles wie ein Metallica-Gemischtwarenladen, jedoch mit einem stringent, geschmackvoll und mit ordentlich Feuer im Hintern zusammengestellten Sortiment.
Einen Minuspunkt gebe ich auch James „gewachsenem“ Gesangsstil. Das alte Gebell und seine früher doch etwas andere Herangehensweise an Gesangslinien hätte dieser Platte gut getan. Das meiste erinnert ob seiner proggigen Komplexität, seiner zum Teil recht heftigen Riffs und der wie eingangs schon erwähnten sehr krachigen, „flachen“ Produktion ein ums ander Mal an den ’89er „… And Justice For All“-Proghammer. Es gibt ein paar echte Highlights wie den knackigen (und trotzdem über 7 Minuten langen) Opener „That Was Just Your Life“, das geil-thrashriffige „Broken, Beat & Scarred“, das etwas lahm beginnende, dafür umso furioser endende „The Day That Never Comes“ (dazu komme ich noch) und das zwischen leicht modern angehauchten Riffs und Oldschool-Thrash hin- und herpendelnde „The Judas Kiss“. Dazu immer noch gute Überdurchschnittskost wie „The End of The Line“ als auch das irgendwie etwas rohrkrepierende „The Unforgiven III“ sowie das zwar nicht völlig überflüssige Instrumental „Suicide & Redemption“, das allerdings mit den 3 besten Parts/Riffs auf 2:00 eingedampft auf das Niveau des Restes gebracht hätte werden können.
Insgesamt ist allerdings alles einfach zu vielfältig und komplex, um jetzt auf jeden Song und jedes Riff einzugehen. Deshalb hier exemplarisch 2 meiner Favoriten genauer unter die Lupe genommen: Der Eingangshammer „That Was Just Your Life“ fängt schön klassisch mit Gitarrengezupfe an, daran schließt sich ein Bombast-Intro an (Erinnerungen an „Battery“ werden wach…), dann wird so richtig schön oldschoolig (teilweise sogar punkig) ge-thrashrifft, was das Zeug hält. Zwischendrin etwas Lizzy/Maiden-Double Lead-Gegniedel und ein einfach geiles Solo von Kirk. Bei „The Day That Never Comes“ treten dann im wie schon erwähnten furiosen 2. Teil (nach ca. 4 min Balladenschwulst) die eingangs erwänhnten stark hervor. Nach einer Bridge mit typischem Heavy-Groove geht es dann in die abschließende Solo-Sektion. Die „One“-mäßige Maschinengewehr-Riffsalve geht noch als nettes (aber durchaus passendes) Selbst-Zitat durch, dann geben sie richtig Gas: Nach einer Thin Lizzy-mäßigen Double Lead-Einlage gibt es ein an System Of A Down (die ja auch ihre alten Maiden-Einflüsse direkt auf der Zunge resp. den Saiten tragen!) erinnerndes Hammering – und wenn dann Kirks Einstieg in sein abschließendes Solo noch lebendigste Erinnerungen an Herrn Blackmore zur Rainbow-Anfangsphase Ender der 70er wachruft, dann tanzt ein musikhistorisch begeisterungsfähiger Detail-Nerd wie ich einen Freudentanz auf dem Tisch und skippt sich den Teil noch 5 mal wieder zurück. Einfach nur geil!
Am Schluß gibt’s mit dem mit 5:00 kürzestens Song „My Apocalypse“ einen typischen Rausschmeißer à la „Damage Inc.“: schnell, thrashig, roh, geil! Fazit: Wenn der Sound etwas runder/stimmiger/mächtiger wäre und James eher wieder so wie früher singen/bellen/schreien würde, die Metalliheads wären sich über den Klassikerstatus dieses Albums einig, man könnte über weite Strecken sogar über ein „verschollenes“ Metallica-Album zwischen „Master“ und „Justice“ spekulieren. So bleibt es halt „nur“ eine sehr viel Freude und Nackenmuskelschmerzen machende hochklassige Thrash-Scheibe zwischen alt und neu, die von einer extrem geilen Combo namens „Metallica“ aufgenommen wurde. Bestes „real“ Metallica-Album seit „Justice“.

8 Punkte

 

Ach ja, was mir da noch einfällt: Stellt man dieser Scheibe noch die hochklassigen bis supergeilen letztjährigen Werke von AC/DC, Whitesnake, Mötley Crüe und Uriah Heep zur Seite, könnte man eigentlich zu der Schlussfolgerung gelangen, dass die Veteranenriege den gesammelten Hardrock- und Metal-Nachwuchs in 2008 auf der Zielgeraden noch nicht mal am Auspuff hat schnuppern lassen… Bezeichnend? …