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WITHERFALL – Curse Of Autumn

~ 2021 (Century Media / Sony) – Stil: Heavy/Prog/Power Metal ~


Geballte Kraft kann zerstörend wirken, versammelte Kräfte in Verbindung mit intuitiver Kreativität Meisterwerke schaffen, in den leuchtendsten Farben. Von harsch bis zart, von rot bis gelb-bräunlich, in den Farben des Coverartworks, das Kristian Wåhlin (TIAMAT, THERION, TAD MOROSE, DISSECTION) für WITHERFALL erschaffen hat – für die allerneueste Schöpfung mit dem Titel ´Curse Of Autumn´. Ihr drittes Album. Ihr Make-it-or-break-it-Album. Das Album der Saison. Das Album der Superlative.

Produziert von Mr. Jon Schaffer (ICED EARTH, DEMONS & WIZARDS), der zurzeit kaum Freigang hat, und Co-Produziert von Sänger/Keyboarder Joseph Michael, der zurzeit ebenso sein Glück als Nachfolger eines Unsterblichen bei SANCTUARY versucht, sowie Gitarrist Jake Dreyer, der auch schon bei ICED EARTH und DEMONS & WIZARDS live aushalf, erhielt die Scheibe Mix and Engineering aus den legendären Händen von Jim Morris sowie das Mastering aus den ebensolchen Händen eines Tom Morris in den gleichsam legendären Morrisound Studios in Tampa, Florida, USA.

Dass das Resultat ein monströser und unsterblicher Sound ist, dürfte unverhandelbar sein. Dass dieses Fundament von der Rhythmus-Sektion bis in alle Ewigkeit zementiert wurde, freut die Anhängerschaft des erstmals anwesenden Schlagzeugers Marco Minnemann, der nicht nur zurzeit bei THE ARISTOCRATS und unzähligen Gruppen aktiv ist, und des Bassisten Anthony Crawford (CHON). Die Gitarren mit den Fingerfertigkeiten von Jake Dreyer sind der schiere Wahnsinn, das Beste seit sie Yngwie Malmsteen und später Michael Romeo aus den Boxen geblasen haben. Die Gesangsvorstellung von Joseph Michael traut sich alles und kann alles. Die größte Kantus-Darbietung. Die größte Saitenhexer-Darbietung. Die größte Schönheit ihrer Art seit Jahren.

WITHERFALL sind seit jeher einmalig, aber in dieser Verfassung ohnegleichen. Sie können so gefühlvoll wie SHADOW GALLERY sein. Sie können so virtuos wie SYMPHONY X sein. Sie können so kraftvoll und hart wie NEVERMORE sein. Und sie sind es. Bester US Power Metal mit Sinn und Verstand, mit Kunstfertigkeit und Brillanz.

Nach der instrumentalen Eröffnung ´Deliver Us Into The Arms Of Eternal Silence´ wird jede Zurückhaltung über Bord geworfen. ´The Last Scar´ ist ein wirbelnder und echter Opener, der sowohl das Böse als auch das Licht zeigt. Brummende Saiten und ein brummend klar singender Sänger, aber auch wirbelnde, zwirbelnde Saiten, die zum Chorus im gleißenden Licht strahlen, werfen alle Nein-Sager aus ihrem Leben, und gewähren beinahe dem Thrash Metal Einlass. Die Bass-Saiten wummern im Bild von ´As I Lie Awake´, tragen den melodischen Song zu ganz neuen Höhen, in die großen Hallen und Stadien dieser Welt – mit einem der großen Refrains („A rapture of water I’m drowning in fear. The tide can’t wash over our sins. They gave us an altar without any faith. And I question as I lie awake.“). Hochgesang im Sinne von QUEEN hier und kurze Gitarren-Einlage zwischendurch im Sinne von Brian May kurzerhand in ´Another Face´, der abwechslungsreichen Halbballade mit dem wichtigen Schuss an Härte und epischen Ausklang. Das zweitlängste, über achtminütige ´Tempest´ liefert Tremolo-Picking und kleine Flamenco-Anklänge sowie wunderbare, gern theatralische Gesänge im Spiegelbild der Angst. Das eineinhalbminütige ´Curse Of Autumn´ öffnet die Schatzkiste zur Gefühlsebene des allein mit der Gitarre dastehenden Gesangs und das instrumentale ´The Unyielding Grip Of Each Passing Day´ die zur knatternden Zurschaustellung. Kein Entrinnen, auch nicht vor der Angst in ´The Other Side Of Fear´ und seiner Durchschlagskraft, keine Gnade, den großen Emotionen des erst akustischen, dann aufwühlenden ´The River´ zu weichen. WITHERFALL blasen alles weg – kunstvoll. Infernalische Phantasien besitzen die Macht, sie blasen alle Gegner wie von Windes Hand aus der Welt. WITHERFALL nehmen sie sich, die Macht, und wirbeln fünfzehn Minuten lang zum Höhepunkt, zum Wahnsinnsepos ´…And They All Blew Away´ in Schönheit, in berstender Schlagfertigkeit, mit einem höllisch schönen, schlicht mit einem der großen Refrains („In the wind, and through the rain. We can find ourselves a path to follow. Even those uninvited get to stay… And in the end we ride the storm. And there is no one immune to sorrow. Like every star up above will surely fade…And they all blew away.“) und mit einem unfassbaren Sänger. Aus einem anderen Zeitalter wird obendrein Tom Scholz‘ BOSTON-Klassiker ´Foreplay / Long Time´ in einer nebulös puritanischen Magie durch die noch offenen Fenster getragen. Classic.

(10 Punkte)

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