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BLIND GOLEM – A Dream Of Fantasy

~ 2021 (Andromeda Relix) – Stil: Hard Rock ~


Man hätte es ahnen müssen. In der Biographie der aus der alten Scaligerstadt Verona stammenden BLACK GOLEM ist zu lesen, dass die Musiker etwa als URIAH HEEP-Tribute-Band begonnen und auch schon für und mit Ken Hensley gearbeitet haben. Der bestärkte die fünf Jungs in ihrem Tun. So kam es wie es kommen musste. Ein Album, das die Welt beglückt.

Im passenden Artwork von Rodney Matthews, der auch schon für die HEEP, NAZARETH oder MAGNUM Cover gestaltet hat, voll gepackt mit 14 Songs, so erreichte uns Anfang Januar dieses Werk. Ich muss gestehen, ´A Dream Of Fantasy´ lief in den letzten Tagen bei mir sogar öfter als das aktuelle Magnum Opus von TRANSATLANTIC.

Dieses Album ist der perfekte Anlass, einmal über die Begriffe Original, Kopie und Fälschung zu sinnieren. Eigentlich sind das Begriffe aus der Kunstgeschichtsschreibung. Sie wurden auch erst etwa seit der Renaissance zu wichtigen Themen, als ein Künstler mit einem Werk fassbarer wurde, Berühmtheit erlangte, gar auf einem Markt gehandelt wurde.

Schon im Mittelalter wurden Werke vervielfältigt. Vor Erfindung des Buchdruck wurden Bücher in den Scriptorien der Klöster abgeschrieben. Gemälde dienten in der Regel als religiöse Objekte, nicht als Kunstwerke, so war Originalität zu jener Zeit gar kein Thema.

Im Laufe der folgenden Jahrhunderte war es immer wieder nötig, Kunstwerke zu vervielfältigen. Zum einen etwa, um sie bekannt zu machen, die Berühmtheit des Künstlers zu fördern und seinen Marktwert zu erhöhen. Einige Maler, etwa Caravaggio, haben manche Motive mehrmals gemalt oder unter Mitwirkung ihrer Werkstatt malen lassen. Andere Maler kopierten berühmte Bilder, um ihre Kunstfertigkeit zu beweisen. Hinzu kam als weitere Form der Popularisierung die Druckgraphik. Schnell vervielfältigt und günstig in der Herstellung, gerade im 17. und 18. Jahrhundert wurden ganze Stichwerke herausgegeben. Wir nutzen heute noch das Wort abkupfern, allerdings mit verändertem Sinn.

Aber auch aus betrügerischer Absicht entstanden Werke. Maler wie Han van Meegeren um 1940 malten Bilder wie vor 200 Jahren in Stil und Technik, um sie als alte Werke auszugeben. Der genannte erreichte wahre Meisterschaft, auch darin kunstversessene deutsche Besatzer auszunehmen. Und, welch genialer Betrug waren die Hitlertagebücher, auf die der „Stern“ hereinfiel.

Wie soll man jetzt ´A Dream Of Fantasy´ charakterisieren? Ganz klar, nicht als Fälschung. Ganz sicher kann hier niemandem unterstellt werden, in betrügerischer Absicht zu musizieren. Auch wenn vieles stilistisch an URIAH HEEP erinnert, keiner der Songs ist so gestrickt, dass er an ein bestimmtes Vorbild erinnert. Von einer bloßen Kopie kann also nicht gesprochen werden. Im Gegenteil, es fließen so einige andere Ideen ein. So gelingt BLIND GOLEM eine eigenständige Übersetzung des Sounds der frühen 70er ins Heute.

Logisch, es war alles schon einmal da. Weder die warmen Orgelsounds sind neu noch die fetten Chöre. Die wären aber alle nichts ohne gelungenen Songs, packenden Riffs und Melodien zum Niederknien. Was ist ein Kunstwerk ohne Idee, ein Film ohne Handlung?

14 Songs finden sich auf dem Album. Welchen soll man hervorheben? Welcher ist mir der liebste? Was bleibt hängen? Wie soll ich da entscheiden?

Ich könnte ´The Day Is Gone´ empfehlen, an dem Ken Hensley mitwirkte. Dies Lied glänzt mit seiner melancholischen Grundstimmung und der traurigen Gitarrenmelodie. Hörenswert auch das dramatische ´The Ghost Of Eveline´. ´Star Of The Darkest Night´ bekommt einen leicht proggigen Touch, der lässt fast vermuten, die aus der gleichen Stadt stammenden LOGOS proben direkt im Raum nebenan. Oder da ist ´A Spell And A Charm´, das eher folkige Wurzeln der Marke STEELEYE SPAN hat und mit einer schönen Akustikgitarre betört. Sollten wir doch besser gleich beim hart rockenden Opener ´Devil In A Dream´ bleiben?

Egal. Jeder einzelne Song hat das Zeug zum Höhepunkt. Wer also Rockmusik liebt, die Gestern und Heute verbindet, sollte hier ein Ohr riskieren. ´A Dream Of Fantasy´ verdient es nicht, ungehört zu verhallen. Als Motivationshilfe von mir noch 9 Punkte.

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