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SCARDUST – Strangers

~ 2020 (M-Theory Audio) – Stil: Progressive Rock/Metal ~


Weiterentwicklung wird von vielen Bands erwartet, bei anderen aufgrund des besonderen Stils verpönt. Eine leichte Kurskorrektur weiter in Sachen Classic Progrock als auch Progmetal von KANSAS über MAGELLAN und SYMPHONY X bis DREAM THEATER haben die Israelis SCARDUST vollzogen, anstatt Gefahr zu laufen, mit unzähligen, sogenannten „Gothic Metal“ Acts konkurrieren zu müssen, obwohl ihr Vorgängerwerk ´Sands Of Time´ keine Vergleiche scheuen musste, aus der Flut der „Female Fronted“ Acts des Genres deutlich herausragte und seinerseits schon mehr Prog als Goth bot.

Doch der Mut zum Risiko lohnt sich, denn mit diesem symphonischen und durch den Hellscore-Chor (auch bereits aktiv bei AMORPHIS, THERION, AYREON und ORPHANED LAND, um die bekanntesten zu nennen) als auch den Westbrook Hay Prep School Chamber Choir (bestehend aus 40 englischen Younglings unter der Leitung von Chris Wagstaff) choral gewürzten Cocktail finden SCARDUST zum Einen ihre eigene Identität wie einst AYREON und zum Anderen den Anschluss an progressive Hoffnungsträger und Allrounder wie unsere unvergleichlichen FLAMING ROW, auch wenn sie am Mikroposten neben ein paar dezenten Growls (´Over´ klingt wie die sinfonische Variante von ARCH ENEMY!) komplett auf die cleane Gesamtrange ihrer Frontfrau und Chefin Noa Gruman setzen, die glücklicherweise das Zeug dazu hat, das komplexe Songmaterial – welches sie maßgeblich zusammen mit Orr Didi, der schon auf den bisherigen Outputs unterstützte, komponiert hat – variantenreich zu dominieren.

 

 

Der textliche Hintergrund des „sich voneinander Entfremdens“, der Isolation von Gesellschaft, Freunden bis hin zu sich selbst, könnte in diesen Zeiten nicht aktueller sein. Musikalisch vertieft wurde dieses Thema durch Verknüpfungen der einzelnen Titel der ersten und zweiten Albenhälfte als „parallele Stücke“, von denen jedes Paar eine Geschichte zweier Fremder erzählt und euch zum Experimentieren mit der Titelreihenfolge animiert… wenn ihr wollt. Mehr noch als Fans von NIGHTWISH & Co. spricht ´Strangers´ die SYMPHONY X und DREAM THEATER Gemeinde an, die diese Gruppen dann besonders vergötterten, wenn ein Album einem Konzept folgte. Die Abwechslung, wunderschönen Melodien und Ideen schreien eigentlich nach einer zukünftigen Kollaboration mit den bereits erwähnten, grandiosen FLAMING ROW – Musicians, please unite!

Ach, echt? Muss ich wirklich erwähnen, was Yanai Avnet (Bass), Yadin Moyal (Gitarre), Itai Portugali (Keyboards) und Yoav Weinberg (Schlagzeug) für Ausnahmemusiker sind, wenn ich die Bandnamen oben anführe? Ja, wir haben an der Instrumentalfront alles, was glücklich macht (siehe und höre dazu den Titel ´Gone´ weiter unten, der als „Hit“ das starke Thema der Ouvertüre erneut aufgreift): Abartig geiles Timing, gekonnte Breaks und Rhythmuswechsel, irre Flitzefingersoli an Tasten und dünnen wie dicken Saiten, Intermezzos in Jazzqualität bis in den Bereich Musical (keine Angst – das geniale ´Under´ bietet eher rockiges à la ´Hair´ – dazu noch mit leicht aggressivem Sprechgesang!) und was das Wichtigste ist: Jede Menge Gefühl und die Power kommen auch nicht zu kurz. Als Gastmusikerin auf ´Concrete Cages´ steuert die befreundete deutsche Patty Gurdy die Folkanteile bei, ebenso wie auch dieses Jahr bei AYREON.

Ok, jetzt wisst ihr Bescheid und es sollte keinerlei Zweifel oder Hindernisse mehr geben, SCARDUST eure verwöhnten Ohren zu leihen! Bombastisch fantastisch.

 

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