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DEAFHEAVEN – 10 Years Gone

~ 2020 (Sargent House) – Stil: Post-Black Metal/Shoegaze ~


Das in San Francisco beheimatete Post-Black-Metal-Quintett DEAFHEAVEN versucht mit seiner neuesten Veröffentlichung `10 Years Gone` den Lockdown-Blues zu bekämpfen, indem es darauf auf liebevolle Weise exakt dieselbe Setlist aufgenommen hat, die es während seiner bevorstehenden Tournee präsentieren wollte.

Ursprünglich wollte die Band den zehnten Jahrestag der Veröffentlichung ihres Demo-Tapes von 2010 feiern und davon seit langer Zeit auch endlich wieder einige Songs live darbieten. Nachdem COVID-19 dieser Idee offensichtlich Rechnung getragen hat, wurden nun ersatzweise brandneue Aufnahmen der Songs zusammengestellt und als ein Session-Album veröffentlicht, erneut von ihrem langjährigen Produzenten Jack Shirley betreut.

Das Album verdeutlicht einmal mehr, wie sehr DEAFHEAVEN in den letzten zehn Jahren als Musiker gereift sind. Ältere Songs dürfen nun deutlich mehr atmen, da die Band live zu einer unglaublich engen Einheit gewachsen ist, die melodischen Passagen sind herrlich ausgefeilt und die Gitarren verschmelzen miteinander hervorragend.

Stücke wie `Vertigo` oder `Language Games` haben die gröberen Kanten ihrer ursprünglichen Versionen erkennbar verformt und weisen nun vor allem ein nuancierteres und melodischeres Gitarrenspiel auf. Dennoch wirken die Produktionswerte größtenteils deutlich muskulöser und selbstbewusster als auf den Originalaufnahmen der Songs, was besonders beim Demo-Song `Daedalus` zur Geltung kommt. Bei neueren Werken wie dem Opener `From The Kettle Onto The Coil` oder auch `Baby Blue` finden sich einige der Melodien neu akzentuiert und Abschnitte maßgeblich verfeinert, was die Art und Weise widerspiegelt, wie die Songs im Laufe der Jahre bei den Live-Auftritten verfeinert und perfektioniert wurden.

 

 

Mit der zusätzlichen Kraft und Dynamik des Live-Trainings ist jeder der Songs ein Ausdauertest an sich und vor allem das Schlagzeug hat einen gewaltigen Einfluss auf diesen Sound, der in den Studioversionen bei weitem nicht derart dominant draufloswütet. Die Gitarristen Kerry McCoy und Shiv Mehra verschießen fortdauernd perfekte Noten und schaffen es, wie fünf Gitarristen gleichzeitig zu klingen. Schichten dichter Verzerrung wirbeln um sie herum, bis die letzte Glut des Feedbacks nachlässt.

Das epische `The Pecan Tree` ihres Meilensteins `Sunbather` bringt Drummer Daniel Tracy mit einigen atemberaubenden Blast-Beats schließlich unzweifelhaft an seine Grenzen. Die Band verliert fast die Kontrolle über die gnadenlose Wut dieses Songs, bei einer dennoch atemberaubenden Genauigkeit. Der Song besticht vor allem durch seine vielen Drehungen und Wendungen und der Fähigkeit, Melodie und Wut gleichermaßen zu verzerren.

`10 Years Gone` ist ein ungemein mitreißendes Album, bei dem eine Band ihre persönlichen Lieblingsstücke aufgreift und sie angesichts der verschiedenen Modifikationen und Verfeinerungen, die sie im Laufe der Jahre vorgenommen haben, neu aufleben lässt. Für noch Unbekehrte eine ideale, leicht zugängliche Einführung in die Highlights aus dem Backkatalog der fünf fabelhaften Kalifornier.

(9 Punkte)

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