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CAPTAIN WESTIBLE AND THE ORCHESTRA D’AMOUR – Nostalgia

~ 2020 (Eigenproduktion) – Stil: Independent (Metal Wave Rock) ~


Reine, pure Liebe. Die Liebe zu den 80ern. Die Liebe zur unkonventionellen, unabhängigen Musik. Dafür steht CAPTAIN WESTIBLE aka Axel Westrich (DEAD ADENAUERS) und sein Orchester, respektive Band.

Der düster-fröhliche, flotte, postpunkige SISTERS OF MERCY-Tanzflächenfüller ´Celebration´ – der im Instrumentalpart sogar einen Ausflug zu ULTRAVOX wagt – verkündet direkt zum Einstieg: Es gibt was zu feiern. Die Welt dreht sich weiter, denn der Meister hat ein Einsehen. Er weiß einfach, was uns fehlt, wusste es bereits bevor der Virus uns alles vergessen ließ: Liebe… und die 80ger.

Deshalb fackelte er nicht mehr lange und verschwendete keine weitere Zeit mehr mit der Suche nach einem weiteren Bandnamen. Er agierte fortan unter seinem Namen als CAPTAIN WESTIBLE und scharte das ORCHESTRA D’AMOUR um sich, denn das ist wahre Liebe. Die Liebe des Herrn Westrich zu seinen alten THE END OF MUSIC und MURDER SHE WROTE-Freunden Andreas Thinnes (Gitarre – ADORNED GRAVES), Gregor Roth (Synthesizer & Keyboards) und Christian Betz (Bass). Verstärkt von Vincenzo Gangi an den Drums lassen die Fünf ihrer Kreativität und ihrem Faible für „Independent Metal Wave Rock“ (na, wer kennt den Slogan noch?) freien Lauf und erweisen sich abermals als die Koryphäen dieser Stilmischung aus Postpunk, Rock, Wave und diesem gewissen X, das neben der erwähnten Ur-Band THE END OF MUSIC auch MURDER SHE WROTE und mit anderer Besetzung THE BEAUTYFUL DEAD ausgemacht hat.

Bindeglied als auch Dreh- und Angelpunkt ist immer Axels markante Stimme zwischen warm und kauzig – die man entweder liebt oder ihr ganz und gar verfallen ist – Andreas‘ stimmungsvolle Gitarrenarbeit und die atmosphärischen Keyboardteppiche von Gregor. Auch wenn CAPTAIN WESTIBLE in jeder seiner Reinkarnationen eine klare Vision der musikalischen Ausrichtung hatte, entsteht die jeweilige Magie aus dem Beitrag der beteiligten Musiker, so dass die Songs stets durch eine organische Einheit entstehen, wie auch hier.

Dass mittlerweile der vierte Bandname her musste, hängt – wie die Rückkehr zur teilweisen Urbesetzung bekräftigt – somit nicht an irgendwelchen Egotrips, sondern ist vielmehr stets einer Verkettung ungünstiger Umstände zuzuschreiben – zur falschen Zeit am falschen Ort oder letztendlich euch, liebe Leser. Denn für euch werden diese Lieder geschrieben, die Unterstützung dieser einmaligen Band ist eure Aufgabe. Da auf jeder Scheibe mit Axel Westrich am Mikro Klassiker von Songs vorhanden waren, hätte ich gehofft, dass das ORCHESTRA D’AMOUR bis zum nächsten Output noch weiter zusammenwächst, denn dieses Unikum im Musikuniversum verdient es, erhört zu werden.

Doch leider ist am Ende des Jahres weiterhin kein Vertrieb oder Plattenfirma in Sicht, das Bestehen der Band selbst ist mittlerweile mehr als fraglich. Somit bleibt eine posthume EP, die nie offiziell veröffentlicht wurde, jedoch mit knapp einer halben Stunde locker als Debüt durchgeht, wenn man sich manchen Longplayer anderer Bands anschaut, die heute als Klassiker gefeiert werden.

Einfach zu schön und bedeutend ist diese Musik, die schon seit jeher für ein musikalisch grenzüberschreitendes Publikum geschrieben wurde. Ihr bekommt atmosphärische Melodieperlen wie ´Broadwalk Adventures´ und ´20 Years´, nicht weniger als zu einem weiteren Indie-Tanzflächenfeger neben dem Opener gestaltet sich ´Velvet Confrontation´ (siehe das köstliche Video aus den legendären WitchHunt Studios weiter unten), schwelgen in Erinnerungen mit dem düsteren Epic-Wave-Bruder von Chris Isaac gelingt mit ´Remember Me (As I Walked Into The Shadows´ und die Vollbedienung für alle Anhänger, die dem harten Kern dieser Musiker über die Jahre treu geblieben sind, liefern C.W.A.T.O.D’A. mit dem überragenden Blick zurück in die eigene Vergangenheit und dem eindeutigen Titel ´All Our Yesterdays / The End Of Music´, der als geschmeidig-gefühlvolle Wavenummer mit elegisch-singenden Gitarren heutzutage von niemandem geschrieben werden kann, der diese Zeiten nicht selbst erlebt hat.

CROM, ich habe noch nie zu dir gebetet, doch hoffe ich, dass das endgültige Ende dieser wunderbaren, einzigartigen Musik noch nicht gekommen ist.

 

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