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SAINTED SINNERS – Unlocked & Reloaded

~ 2020 (El Puerto Records) – Stil: Melodic Rock ~


Was tut ein workaholischer Musiker, wenn alle Liveaktivitäten auf Eis liegen? Songs schreiben, ein paar Leute zusammentrommeln und ab geht es ins Studio. So etwa muss der Gedanke gewesen sein von Frank Pané, seines Zeichens Axtschwinger bei BONFIRE und Leader seiner eigenen Projekte wie DARK BLUE INC. oder PURPENDICULAR, wo er sich unter anderen mit Ian Paice der Songs von DEEP PURPLE annimmt.

Für das dritte Album der SAINTED SINNERS scharte Frank wieder illustre Namen um sich. Die Drums werden weiterhin von Berci Hirleman bedient. Ans Keyboard kommt Ernesto Ghezzi (EROS RAMAZOTTI, GOTTHARD), den Bass übernimmt Rico Bowen (MADONNA, PAUL MACCARTNEY). Das Mikro übernimmt Jack Meille, Sänger der legendären TYGERS OF PAN TANG, das er von David Reece übernimmt. Das sind gute Voraussetzungen für ein feines Melodic Rock-Album. Wer ob des Namens erwartet, dass WHITESNAKE musikalisch Pate stehen, das ist eine Parallele von vielen. Allerdings liegt die Verwandtschaft eher bei ´1987´ als bei ´Saints & Sinners´.

So ordnet sich ´Unlocked & Relaoded´ zwischen Franks anderen Bands ein. Er darf hier natürlich etwas mehr solieren, als bei BONFIRE. SAINTED SINNERS sind aber seine eigene Spielwiese, da darf er schon etwas mehr im Mittelpunkt agieren. So tobt er sich aus, ohne den Song aus den Augen zu verlieren. Im Vergleich zu DARK BLUE INC. geht es bei den SAINTED SINNERS etwas mehr geradeaus und wird etwas weniger geproggt.

Warum, lieber Frank, eröffnest Du das Album mit dem gleichen alten Song? ´Same Ol‘ Song´ ist natürlich kein tausendmal gehörtes altes Lied. Ein purpeliges Riff, der Chorus simpel aber effektiv, und dann… das SOLO!!! Eddie van Halen trifft Malmsteens Yngwie!!! Ein starker Einstieg.

´Standing On Top´ ist eine coole AOR-Nummer. In den 80ern hätte so ein Lied ganz sicher die Spitzen der Charts erklommen und förmlich „on top of the world“ gestanden. Ob im frühen Morgenlicht oder in der Abenddämmerung, auch ´Early Light Of Day´ wäre ein Tanzflächenfüller gewesen, damals als VAN HALEN ihre große Zeit hatten und BON JOVI die Schlüpfer stürmten. Der nächste Song blickt dann 40 Jahre zurück. ´40 Years´ ist eine Verbeugung vor ´Speed King´ und ´I Surrender´.

Balladen passend auf einer Platte zu platzieren, ist ein probates Mittel, ein wenig Ruhe ins Spiel zu bringen. Hier folgt nun eine halbe Ballade mit ´The Hammer Of The Gods´. Eben, ganz ruhig ist es dann doch nicht. Ein bisschen den Druck erhöhen, ein wenig Dynamik ins Spiel, so macht man Dauerbrenner.

Ohne Qualitätsabfall setzt die B-Seite den eingeschlagenen Weg fort. Ohne die Songs jetzt alle einzeln aufführen zu wollen, es folgen noch sechs weitere starke Melodic-Songs. Dabei wird auch mal mit Funk gespielt (´Free To Be´) oder gar gejazzt (´Stone Cold Sober´). Obwohl Frank bekennender Fan der Herren Malmsteen, van Halen und Blackmore ist, er hält sich stets songdienlich zurück. Natürlich geht es nicht ohne Solo, aber das wird nie ein Ding der Selbstdarstellung.

Genauso wichtig wie der Opener (oder noch wichtiger?), ist der Closer einer Platte. Wenn der nicht passt, kommt es vor, dass der letzte Eindruck schwerer wiegt. Im schlimmsten Falle wird mitten im Song schon nach der nächsten CD gegraben, statt sich auf einen zweiten Durchgang zu freuen. Das zieht gerne den Gesamteindruck herunter. Wenn es aber gelingt, ans Ende einer Scheibe ein ´Learning To Live´, ein ´Hallowed Be Thy Name´ oder ein ´When The Levee Breaks´ zu setzen, dass da die Lust aufkommt, alles noch einmal direkt und von vorn zu genießen, dann hat man als Musiker gewonnen. Und die SAINTED SINNERS gewinnen. Auf ganzer Linie.

Der Abschied mit ´Farewell To Kings´, orchestral, pathetisch, dramatisch, episch, hier findet sich der Hörer in einem Universum wieder zwischen QUEEN und BLACK SABBATHs ´Headless Cross´.  

As the green turns to red and the bodies cover the land
The fight will continue ‚til no soldier is left No winners, no losers, a field with no sound
No hope, no salvation, only death all around

Das ist großes Kino, wert, den Soundtrack eines Historienschinkens zu zieren. Der Feldherr reitet seine Reihen ab, ein letzter Gruß, ehe das Heer in die Schlacht zieht, offenen Auges und voller Begeisterung in den Untergang. So ist es dann komplett, das dritte Werk der Heiligen Sünder. Wer auf altmodisch melodischen Kram steht, macht hier ganz sicher nichts verkehrt.

Und nun wieder von vorn:

On and On It’s the same old song…

(8,5 Punkte)

https://www.facebook.com/SaintedSinners

https://saintedsinners.bandcamp.com/