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GRIFFIN (USA) – Flight Of The Griffin / Protectors Of The Lair – Ultimate Edition (1)

~ 1984/2020 (Golden Core/ZYX Music) – Stil US Metal ~


Die beiden Alben der kultigen US Metaller GRIFFIN erfahren in diesen Tagen die erste offizielle Wiederveröffentlichung in einer 3CD-Jewelbox mit Slipcase. Noch old-schooliger wird es dann erst bei den in den nächsten Monaten anvisierten Vinyl-Veröffentlichungen der beiden Scheiben, obwohl eine 3fach Jewelbox hat man in den letzten 20 Jahren auch eher selten angetroffen.

In dieser Box erwartet den Metaller nach dem Entgleiten aus dem Slipcase/Pappschuber das 1984er Debüt ´Flight Of The Griffin´ in seiner remasterten 2020er Version sowie das Zweitwerk ´Protectors Of The Lair´ (Review siehe hier) im remasterten 2020er Original-Mix sowie im 2020er Remix. Zudem enthält das dicke, 24-seitige Booklet Linernotes anhand eines Interviews mit Sänger Billy McKay, Fotos und Memorablia, aber unverzeihlicher Weise keine Lyrics der beiden Scheibchen. Etwas abstrus ist auch das umständliche Suchen in den Bildern nach dem jeweiligen Line-up der beiden Scheiben.

 

 

Flight Of The Griffin

 

William „Bill“ McKay und Gitarrist Rick Cooper gründeten 1978 die Gruppe INSIDE STRAIGHT. Sie waren noch jung und hielten die eigenen Songs nicht für die Nachwelt fest. Unter dem Namen SINISTER SAVAGE kam 1980 Schlagzeuger Rick Wagner zur Formation. Kurze Zeit später hatten Bill und Rick sogar eine zwei bis dreimonatige Liaison mit METAL CHURCH.

Doch zurück bei ihrer eigenen Formation kümmerten sie sich um einen Manager, benannten sich in GRIFFIN um und holten Bassist Tom Sprayberry und Gitarrist Mike „Yaz“ Jastremski (später HEATHEN) in die Band. Die Jungs wollten nur noch Songs schreiben und aufnehmen – und endlich einen Plattenvertrag. Den bekamen sie durch Mike Varneys Label „Shrapnel Records“, das eigentlich eher auf Flitzefinger spezialisiert war. Aber Bill und Mike kannten sich. GRIFFIN benötigten im August 1984 zwei Wochen für die Aufnahmen und den Mix, dann durfte die Metal-Welt ´Flight Of The Griffin´ hören.

Pferde trappeln zum Metal-Markt heran, denn dort wird frisch verkündet: „To my God, hear me now, give me strength to be brave. Through the heat and the smoke, there’s but little to save. The fires raged on throughout the night, and now through the day. Many deaths have been tolled, now the price must be paid.“

Der innere Aufruf zum Headbangen setzt nach dem Schrei im letzten Wort von „Assemble at once, tonight we riiiiiide“ ein. ´Hawk The Slayer´ bestimmt ohne Vorbehalte die Zielrichtung von GRIFFIN. Der Song tönt schlichtweg wie IRON MAIDEN mit einem US Metal-Sänger, der selbstredend nicht nur hoch singen, sondern auch kraftvoll schreien kann. GRIFFIN sind so wild und wuselig wie es ihnen später SENTINEL BEAST und Konsorten gleichtaten. Die Musik trägt der Prog-Vorliebe von Bill mit zahlreichen Tempowechseln Rechnung und bringt dem Hörer die Ekstase näher, wenn die Band mehrmals für paar Sekunden ohne Fesseln aufspielt.

 

 

Ein Keyboard-Intro von Rick leitet die Hymne des Albums, ´Heavy Metal Attack´, ein. Alle singen ´Heavy Metal Attack´, und dem nachfolgenden Kosaken-Gesang von Tom, Rick und Bill darf sich ebenfalls jeder anschließen. Bill zeigt, dass er auch rau singen kann und die Band sich als filigrane Konkurrenz zu OMEN hätte positionieren können. Auf der ehemaligen B-Seite will es ´Hell Runneth Over´ der HM-Attacke hinsichtlich des Mitsingfaktors gleichtun, und erinnert phasenweise in seinen Strophen an JUDAS PRIESTs ´Breaking The Law´. Für Begeisterung sorgen gleichsam die Schreie in ´Creeper´, aber Kompositionen wie ´Submission´ oder das mehr von der NWoBHM geprägte ´Fire In The Sky´ zeigen 35 Jahre später, dass gerade solche Songs nicht der Mehrheitsfindung dienten. Dafür war der Titeltrack, das epische ´Flight Of The Griffin´ ein echtes Highlight, obwohl Bill vielleicht nicht immer die schönste Gesangsleiter erklimmt, aber in einigen verwehten Sekunden einen DIO-Touch an sich zieht. In dezent gemäßigter Weise nahmen GRIFFIN in ´Judgement Day´ sogar den Sound von LIEGE LORD vorweg und ´Travelling In Time´ ist als Abschlusstrack nichts anderes als klassischer Heavy Metal in gutbürgerlicher US Metal-Art.

Die Neun-Song-Scheibe ´Flight Of The Griffin´ enthält obendrein noch das 1983er Demo, das bereits die Mehrzahl der Songs vom nachfolgenden Debüt vorwegnimmt. Die Lieder sind, wie so oft, in ihrer genialen, urwüchsigen Art eines Demos aufs Band gebracht worden. Für viele Echtmetaller zeigen diese den wahren Spirit. Dennoch sind nicht alle zwölf Songs hier in einem neuen, remasterten Glanz enthalten, sondern nur acht, da Bill wohl nicht alle wiederveröffentlichen wollte, weil er u. a. deren Darbietung längst nicht so gut wie auf dem Debüt empfindet.

„Swords and Sorcery“-Liebhaber, die mit der NWoBHM aufgewachsen sind und den US Metal lieben, werden dem Sound von GRIFFIN auch im Jahre 2020 verfallen.

(Big 8 Points)