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LDMR – Silva

~ 2020 (Worst Bassist Records) – Stil: Postrock/Psychedelic ~


Deutscher Postrock, zweites Album, so weit, so gut, was nun? Die eröffnenden Riffs sind ja höllenschwer und doch verraucht. Aber was danach an schönen Klargitarrenmelodien kommt hat zwar einen etwas leichteren Ausdruck, wird jedoch den Hauch des Marihuananebels nicht los.

´Sequoia´ heißt das eröffnende Stück und nimmt einen mit auf eine bunte Reise. Die Musik hat einen melancholischen, etwas herbstlichen Ausdruck. Wenn wieder die unglaublich verzerrten Heavypassagen alles wegbretzeln und ihre Akkordfolgen wie zähflüssige, dampfende Lava über einen schwappen, raucht die Seele förmlich ab. Hier legst Du Dich als Hörer hinein und lässt Dich treiben. LDMR sind Deine Droge, garantiert. Stonerrock, psychedelischer Jamrock, Postrock, mag sein, mag sein. Die Wüstenstimmung will nicht so recht aus dem Quark kommen, vielmehr hat man eine episch-melodische Klangmasse, die Dich förmlich überrollt, wenn sie nicht gerade diese Leichtfüssigkeit ins Spiel bringt, mit den schönen Gitarrenmelodien daran. Der Song an sich wirkt eher wie ein dahin mäandernder Klangfluss, denn wie eine durchstrukturierte Komposition. Zu schön. Geht das noch weiter so?

Und ob. Es kommt Musik, die Dich zu den Wolken am grauen Septemberhimmel trägt, denen Du verträumt hinterherschaust. Es ändert sich das Tempo zwischendurch, es wird mehr Wucht dazugegeben, dann aber plätschert die Musik wieder nur vor sich hin, aber auf sehr beruhigende und die Seele liebkosende Weise. Schön sind immer wieder diese rollenden Gitarrenmelodien anzuhören, die auf gewisse Art an die Musik der russischen Weite erinnern und einen zutiefst melancholischen Einschlag haben.

So richtig bunt wird der Klang nie, ein vernebelter Farbenrausch wie bei ELECTRIC MOON, der Band von Labelchefin Lulu, wird sich nicht einstellen. Bildhaft aber ist diese Band schon in ihren Klangmalereien. Und es ist spannend, den sich entwickelnden, sich auftürmenden, anschwellenden und wieder in sich zusammenstürzenden Stücken zu lauschen, sie in sich aufzunehmen und damit zu verschmelzen.

Gesang hätte tatsächlich gepasst, melodisch nachdenklich wie David Gilmour oder Joe Volk, ehemals CRIPPLED BLACK PHOENIX, vielleicht auch donnernd wie bei ANATHEMA in ihrer Wandelphase. Aber das alles ist Spekulation, hier wird rein instrumental aufgemuckt. Und so straight ahead sind die Songs dann auch nicht angelegt. In den einzelnen Schichten und Strömen tut sich was, sei es beim verspielten und das Stück an sich trotzdem immer vorwärts treibenden, teilweise schiebenden Schlagzeug oder den inbrünstig angeschlagenen Akkorden der Gitarre.

Jetzt muss der geneigte Hörer auch auf Instrumentalrock stehen, aber wenn diese Hürde, die keine ist, genommen wurde, wird sich eine wunderschöne Welt der Klänge vor ihm auftun. Manchmal klingen LDMR wie Surf Musik in kosmischer Zeitlupe. Da reiten die Musiker auf Kometenschweifen und nehmen die nächste Welle von Sternenstaub bis ins Herz der Galaxie.

LDMR sind definitiv modern im Sinne von musikalischen Elementen, die sich erst nach den 70ern und 80ern so richtig etabliert haben. Aber diese verbinden sie gekonnt mit dem Geist des alten Krautrock und der ganzen Kosmischen Kuriere. Rolf Ulrich Kaiser würde für eine solche Band töten. Lebt der überhaupt noch?

Diese Musik ist Liebe in Töne und Rhythmen gegossen und dürfte auf Desert Festen und im Freak Valley Universum bestens ankommen. Könnten gut für CRIPPLED BLACK PHOENIX eröffnen und kriegen auch Fans der alten Jamrock PINK FLOYD ran. Schön, einfach schön.

(8,5 Punkte)