MeilensteineVergessene Juwelen

SKELETAL REMAINS – Devouring Mortality

~ 2018 (Dark Descent) – Stil: Death Metal ~


Nichts, aber auch rein gar nichts war bisher auf diesen Gelben Seiten über diese großartigen Amis zu lesen, obwohl sie inzwischen drei Alben mit einer kommenden vierten Platte auf dem Zettel stehen haben. Das muss ich mal ändern, denn SKELETAL REMAINS sind zusammen mit GRUESOME meine momentanen Faves im frischen US Death Metal mit alter Seele. Ja, OSDM gibt es genug, darunter viele komische Bagaluten, die ihre alten Schwedenplatten hochleben lassen und ihre BOSS HM-2 Effektgeräte bis in die Bodenbretter treten, um den alten Sound zu bekommen. Geile Songs sind aber nicht mal eben so geschrieben. Andere greifen lieber gleich auf vollkommenes Chaos zurück, in dem sich hier und da mal Melodiechen herausschälen und verkaufen das mit okkultem Image als das heiße Ding. Klar, kann man machen, ist in manchen Fällen geil, aber nach der vierten Platte solcher Bands schaff ich es nicht mehr, noch die gewissen Nuancen zu vernehmen, die einem Album auch Langlebigkeit schenken. Und ist das noch Metal oder ist das schon purer Krach? Entsprechend freue ich mich als alter Deathhead (29 Jahre jetzt) über eine Band wie SKELETAL REMAINS, bei denen der inzwischen ehemalige FUELED BY FIRE-Gitarrist Chris Monroy, Jahrgang 1991 und beinharter Deathmetalfan, neben der Axt auch das Mikro schwingt.

Und was für eine Axt und was dazu noch für ein Mikro. Der Kehlkopfkrebsgesang ist wieder da. Kein ultratiefes Kotzen oder Schweinegrunzen, sondern helles, heiser klingendes Schreien von einer wütenden Inbrunst, wie man es von den Helden des Florida Sounds und den Holländern her kennt, OBITUARY, DEATH, PESTILENCE und ASPHYX natürlich. Dazu ein herrlich sägender, aber klar differenzierter Gitarrensound. Die Produktion ist lebendig, heavy und so weit als möglich natürlich. Was gibt es noch an postiven Aspekten? Die herrlich gestörten Kompositionen, zwar allesamt unprogressiv und so gerade wie möglich angelegt, aber voller kleiner Details, sehr bildhaft auch eine fies düstere Geschichte erzählend. Man kann ihnen folgen, man kann sie bei sich behalten, wenn man das Album gehört hat und man kehrt gerne zu ihnen zurück. Klar, das Gesamtbild schreit irgendwie DEATH oder PESTILENCE, eventuell OBITUARY, um die drei nochmal ins Rennen zu werfen, der Stil ist so innovativ wie die Neuentdeckung des Rads, nämlich gar nicht. Das hab ich ja schon bei der 2020er Platte von SINISTER angeführt und bringe es gerne wieder vor. Weil es einfach egal ist. Ich bin 46, ich bin mit solchem Stoff aufgewachsen, eingestiegen in die deathmetallische Unterwelt, bis in ihre tiefsten Schlünde gelangt und im Moment, mag vielleicht der beginnenden Midlife-Crisis geschuldet sein, will ich mich nicht mehr mit all dem Slam – Pigsqueal – Deathcore – Digitalkram beschäftigen, weil ich das den Kids überlasse. Ebenso können die ganzen Hipster ihre okkulten Atmosphärenplatten gern im Dutzend genießen, es rührt mich nicht, weil mich halt echte, packende Songs flashen. Ob die nun so klingen, als hätten sie von kultigen Altbands geschrieben worden sein können, das interessiert mich nur so weit, ob sie denn auch deren Qualität erreichen. SKELETAL REMAINS haben so eine gute Hand für mitreißende, einprägsame Songs mit abwechslungsreich angelegten Strukturen, Tempowechseln, feurigen Soli voller Melodie, geilen Abgehparst, düsteren Momenten und einem hymnischen Feeling, als hätte es erst 1989 oder 1990. Würde mich nicht wundern, wenn hier irgendwann James Murphy (DEATH, OBITUARY, DISINCARNATE u.a.) die Axt für ein paar Gastsoli schwingt. Klar, die alten Säcke wie OBITUARY können das noch, aber zwischendrin mal eine neue Band zu hören, die den gleichen alten Stil auf dem gleichen grandiosen Level spielt, ist für mich neben dem Erlebnisvergnügen noch ein Hoffnungsschimmer.

Einzelne Songs brauch ich nicht beschreiben, die klingen so, wie Ihr es Euch vorstellen könnt. Sägeriffs von äußerster Präzision, düstere Akkordfolgen und epische Melodien, räudiger Gesang, hier und da ein paar Blasts als Akzente, zusammengefügt zu Death Metal-Ohrwürmern mit Langzeitfolgen für die Seele, denn diese Musik befreit Dich von allen Denkschranken. Ich hab das immer geliebt und werde dabei bleiben, solange ich noch atmen kann. 10 Punkte kann ich trotz der Killersongs nicht geben, weil da eben das innovative Element fehlt. Für die wunderbare Zeitlosigkeit der eternalen Todesepen aber tue ich wie bei SINISTER auch 9 Punkte raus.