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THAT JOE PAYNE – By Name. By Nature.

~ 2020 (Independent) – Stil: Operatic Songwriter Pop ~


Ein verrückter Typ dieser Joe Payne. Ein Sangeskünstler, der allerlei mit seiner Stimme ausloten kann und dabei nichts erzwingen muss. Allein Axl Rose und Mariah Carey stehen gegenüber dieser fünf Oktaven-Stimme nicht hintenan.

Solch ein Talent muss geradewegs auf die Showbühne, ins Rampenlicht und auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Fünf Jahre stand er bereits mit THE ENID auf diesen, genoss den Sinfonic Rock der Brit-Legende, veröffentlichte zehn Alben mit THE ENID, METHEXIS, ZIO und JOHN HOLDEN MUSIC, doch nun blickt er allein ins Scheinwerferlicht.

Zwischenzeitlich musste er einen körperlichen Zusammenbruch überstehen, er nahm die Suche nach seiner perfekten Stimme auf, begann im September 2017 mit den ersten Aufnahmen, die er mit dem finalen Master im April 2020 abschloss, und kann nun stolz wie ein Pfau auf sein Solo-Debüt ´By Name. By Nature.´ blicken. Ein verrückter Vogel, THAT JOE PAYNE.

Den sinfonischen Rock mit einer gewissen Komplexität lässt THAT JOE PAYNE nur bedingt hinter sich, er wählt für sich das Beste aus all seinen ihm bekannten Welten aus. Sein Crossover Pop beinhaltet das Drama des Opernhauses, Baroque Pop und Operatic Pop, die Megahit-Ambitionen eines Songwriters sowie die Massenbegeisterung des Stadionrock in der Nähe der Kleinkunstbühne. Zweieinhalb Jahre im Leben eines Countertenors spiegelt ´By Name. By Nature.´ vermeintlich wider, fürwahr eine ganze Lebensgeschichte im komprimierten Tagebuchformat.

Die kleine Komposition ´The Thing About Me Is´ war ursprünglich nur zur Eröffnung der THAT JOE PAYNE-Live-Auftritte geplant, erscheint mit ihren elegischen Gitarren von Nikitas Kissonas (METHEXIS) aber gleichsam als Opener perfekt geeignet. Besonnen, geradezu schüchtern singt Joe Payne die Einführungszeilen und lässt bereits einige Töne weit oben schweben. Verfremdete Computerstimmen schildern in ´By Name. By Nature.´ die Hasstiraden von THE ENID-Anhängern, die Joe Payne über sich ergehen lassen musste. Rhythmus-Peitschenschläge und QUEEN-Theatralik bestimmen die ausladende Schönheit, einen Tanz für den 7/8-Takt inklusive vielfältiger Stimmen im Lead- und Background-Gesang. Sensationell. Als netter Junge von nebenan musste sich der ´Nice Boy´ einiges anhören, sollte er doch bei THE ENID einem alten Genre neues Leben einhauchen. Moderne Beats und Rhythmen treffen auf BEACH BOYS-Chorgesänge.

Die verführerische Stimme des Künstlers wird sodann bei ´In My Head´ von Klavier und Streichern begleitet. Eine Kompositionen, die ursprünglich als Teil des THE ENID-Songs ´Someone Shall Rise´ bereits das Licht der Öffentlichkeit hätte erblicken können, doch wurde diese aufgrund zu vieler Ideen innerhalb des Songs fallen gelassen. Im Schlussabschnitt von ´Love (Not The Same)´ kommt es zu einem Duett von zwei wahrhaftigen Diven. Alle Scheinwerfer richten sich in der Dunkelheit auf Ms Amy Birks und Joe Payne, die über eine Beziehung zwischen Frau und Mann ohne sexuelle Gemeinsamkeiten singen. Spektakulär.

THAT JOE PAYNE verarbeitet zudem in ´What Is The World Coming To´ seine Jugend im Industriestandort Northampton sowie das Grauen, schwul in einer Hetero-Gesellschaft aufzuwachsen. Einsamkeit und Depressionen schienen unausweichlich. Der Chorgesang ist wenigstens so glanzvoll wie die Farben einer Regenbogenfahne. Bezaubernd. Das dramatische ´I Need A Change´ schrieb Joe Payne auf dem Höhepunkt seines Nervenzusammenbruchs im Jahre 2016 und fleht förmlich um mentale Hilfe. Und obwohl er bereits in seinen Jugendtagen begann, ´End Of The Tunnel´ zu komponieren, konnte er den Song erst nach all seinen Erfahrungen mit Depressionen und Angstzuständen vollenden. Dramatisch.

Um seinem Millennium-Pop obendrein die klassische Würze einzuverleiben, schenkt THAT JOE PAYNE noch ´Music For A While´ (Henry Purcell) und ´Moonlit Love´ (Ludwig van Beethoven) aus seinem klassischen Liebhaberherz, das besonders Ludwig van Beethoven und Wolfgang Amadeus Mozart innig verehrt, als Bonus aus.

THAT JOE PAYNE zeigt einen Künstler, der nicht nur stimmlich, sondern kompositorisch betrachtet gewachsen ist. ´By Name. By Nature.´ scheint für Joe Payne einen Lebensabschnitt zu beschließen, in Wahrheit ist es der Aufbruch ins Morgen. Denn die Vergangenheit gehörte Männern wie Freddie Mercury oder Rufus Wainwright, die Zukunft THAT JOE PAYNE.

(9 Punkte)

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(VÖ: 7.08.2020)