Redebedarf

VARUS

~ Interview mit Konstantin Raab ~


´A New Dawn´ gehörte für mich zu den spannendsten Entdeckungen der letzten Wochen. Der wahnwitzige Mix aus Klassik, Folklore, Mittelalter und Schwarzmetall hat mich doch ziemlich gepackt. Diese Mischung ist mir so noch nicht untergekommen, auch weil Black Metal eher nicht auf der Playlist zu finden ist. Und weil ich neugierig bin, möchte ich Konstantin Raab, seines Zeichens Frontmann der Bamberger Kapelle VARUS ein paar Infos entlocken.

Konstantin, Hand aufs Herz, Eure Musik ist definitiv kein Black Metal, enthält nur ein paar Zutaten. Richtig oder falsch?

Bis zu einem gewissen Grad korrekt, ja. Hauptzutaten sind wohl Folk, orchestrale Elemente und Metal. Woraus sich der Metal-Teil genau zusammensetzt kann ich dir gar nicht so richtig sagen. Ein gewisser Anteil Black Metal ist enthalten, aber nicht vordergründig.

Wo das nun klar ist, erst einmal aktuelles, wie habt Ihr die Coronazeit erlebt? Wie groß sind die Rückschläge, etwa auch finanziell gesehen?

Nun, leider sind einige großartige Auftritte ausgefallen, die wir wahnsinnig gern gespielt hätten. Auch gibt es kein richtiges Release-Konzert zum Album. Finanziell hat es uns aber weniger getroffen, abgesehen davon, dass wir die Gagen der Konzerte wohl für Promotion und Merchandise investiert hätten. Wir machen das dennoch nicht hauptberuflich und sind daher nicht zwingend auf das Geld angewiesen.

Bamberg ist ja keine Großstadt. Wie wird man und wie lebt es sich als Metaller in Bamberg?

In Bamberg gibt es, trotz der eher überschaubaren Größe, ein reges Kulturangebot, von Punk, Singer-Songwriter bis hin zu Klassik, die Bamberger Symphoniker! Und auch Metal.

 

 

Tatsächlich wurde ich durch Freunde, die bereits die härteren Genres hörten auch „konvertiert“. Das passiert wohl den meisten so. Es gibt auch eine Szene in Bamberg, die sich aber auch auf den Landkreis verteilt und somit etwas zerstreut ist. Leider gib es im Moment weder eine richtige Konzert-Location, noch einen bestimmten Szenetreff.

Allerdings bin ich, dank Musikgeschmack meiner Eltern, schon früh mit DEEP PURPLE, IRON MAIDEN und JUDAS PRIEST in Berührung gekommen.

Welche Bands und/oder Platten haben Dich denn so geprägt?

Es ging eigentlich mit SABATON und ALESTORM los, wobei ich die schon sehr lange nicht mehr höre. Mit irgendwas muss man ja anfangen. Aber wirklich zur eigenen Musik hat mich ´The Varangian Way´ von TURISAS angeregt. Als ich den Opener gehört hab, war für mich alles zu spät. Später waren dann auch ENSIFERUM mit ´From Afar´ und ´Unsung Heroes´ große Einflüsse.

BANJAXED war die Vorgängerband von VARUS, war das Deine erste Band?

Ja, richtig, mit BANJAXED hat alles angefangen.

Habe ich das richtig verstanden, das war eine Coverband?

Teilweise korrekt. Wir haben halb gecovert (ENSIFERUM, EQUILIBRIUM, ALESTORM), halb eigene Lieder gespielt. Das waren ganz alte Versionen von VARUS-Songs, die damals alle noch auf Deutsch waren.

Und um endgültig nur noch eigene Sachen spielen zu können, musste der harte Schritt erfolgen, Auflösung der alten und Gründung einer neuen Band?

So hart war der Schritt eigentlich nicht. Wir haben sogar in der gleichen Besetzung weiter gemacht, aber unser Image und die Idee hinter der Band geändert.

Wieso der Bandname VARUS? Schließlich hat der ja die Schlacht im Teutoburger Wald verloren?

Und genau deshalb haben wir diesen Namen genommen. Wir finden es einfach viel interessanter, eine tragische Figur zu nehmen, die sich auf dem Schlachtfeld noch das Leben nahm, als einen später zu romantisiert dargestellten Helden. Es hatte aber auch einen pragmatischen Grund, um ehrlich zu sein: „Varus“ geht viel leichter über die Lippen als „Arminius“. Man stelle sich das Publikum vor, das versucht „Arminius“ im Chor zu schreien.

 

 

Ganz stabil war das Line-Up über die letzten Jahre nicht?

Wie es oft so ist, verändern sich (musikalische) Interessen und Vorstellungen. Wir können aber mit Stolz sagen, dass kein Besetzungswechsel persönliche Gründe hatte, sondern meist rein musikalisch begründet war. Manchmal zeichnen sich schon lange vorher Veränderungen ab. Wir sind im Moment stärker als je zuvor und die Chemie ist großartig zwischen uns. Es fühlt sich an, als ob wir alle an einem Strang ziehen.

Wer ist außer Dir noch dabei, und was bringt jeder so für Einflüsse mit?

An der Gitarre ist Gründungsmitglied und langjähriger Gefährte Stefan, den mächtigen 5-Saiten-Bass übernimmt Norbert und am Schlagwerk haben wir den Max. Während ich zwar vornehmlich Songs und Texte schreibe, weiß ich relativ gut, was und wie jeder gerne seinen Part spielt. Das fließt immer in die Musik ein. Zudem ergeben sich Rhythmen, Artikulationen und Arrangements oft erst, wenn wir einen neuen Song zusammen im Proberaum spielen. So fließt von jedem etwas mit ein.

Wie würdest Du beschreiben, wie hat sich Euer Sound über die Zeit verändert? War die Mischung von Anbeginn da oder hat sie sich erst gebildet?

Der Sound hat sich schon ein ganzes Stück verändert. Am Anfang war die Musik sehr kantig und stellenweise etwas unausgereift. Nun ist der Klang viel runder und besser arrangiert. Ich denke auch, dass der düstere Aspekt unserer Musik etwas zurückgegangen ist und dafür der akustische, folkige auf dem Vormarsch ist.

Hast Du einen Lieblingssong auf ´A New Dawn´? Warum?

Da wähle ich den Titeltrack, denn mit dem bin ich wirklich zu 100% zufrieden und das kommt bei mir selten vor. Ich bin von Grund auf perfektionistisch veranlagt und selten mit einem Lied und dem Klang voll zufrieden. ´A New Dawn´ vereint alle unsere Elemente optimal miteinander: Folk, Orchester, Brutalität, Blastbeats, Akustik-Instrumente, Chöre und Growling.

Warum singst Du zweisprachig? Ich frage, weil ich die deutschen Texte für so gut erachte, dass Ihr nicht auf Englisch gehen müsstet.

Ich denke, ich möchte mich nicht festlegen, um mehr Freiheit zu haben. Englisch funktioniert für hymnische, melodische Songs besser, weil Deutsch hier schnell nach Schlager klingt. Letzteres funktioniert prima für härtere, düstere oder aber emotionale Songs, bei denen es aggressiver klingen muss und eine altertümliche Wortwahl erforderlich ist.

Was ist leichter? Deutsch oder englisch?

Deutsch, wobei das auch vom Song abhängig sein kann und ob ich ein Konzept im Kopf habe oder drauf los schreibe. Der Text ´The Minstrel‘s Chant´ war innerhalb von 30 Minuten geschrieben, während ´Ein Lebewohl´ einige Wochen gedauert hat.

´Tränk Dein Herz´ ist ein Sauflied. Aber nicht nur, oder habe ich das falsch verstanden?

Ja, vollkommen richtig. Eigentlich ist es wirklich nur ein Trinklied, das vom stärksten Bockbier unserer Heimatstadt und dessen Folgen berichtet – genannt der „Bambergator“.

´Ein Lebewohl´ dreht sich um den Tod? Von wem hast Du Dich verabschieden müssen?

´Ein Lebewohl´ ist für mich der emotionalste Song. Er ist in Gedenken an unseren Freund Eduard Groß geschrieben, der 2017 an Krebs starb, und der Band sehr nahe stand. Manche kannten ihn als Gitarrist von WOLFCHANT.

Wie kompliziert sind Auftritte für Euch? Ein Fall für das No-Playback Festival in Karlsruhe seid Ihr ja sicher nicht…

Wir haben schon einen recht großen technischen Fuhrpark, den wir aufbauen müssen – Backing Tracks, In Ear Monitoring, Kemper Amp etc.

 

 

Dementsprechend kann der Aufbau etwas dauern, aber wir sind alle Nerds in dem Bereich und haben mittlerweile eine ausgeklügelte und erprobte Lösung, die uns nie im Stich gelassen hat. Auf dem No-Playback Festival könnten wir definitiv nicht spielen, nein. Wir haben dafür zu viele Samples, die vom Band laufen und machen daraus auch gar keinen Hehl. Abgesehen vom Orchester ist aber alles Live.

Wenn etwas schiefgeht, ist das nicht so schlimm, da ich immer das Keyboard auf der Bühne habe und theoretisch die Songs auch unabhängig von den Playbacks spielen könnte. Es klingt dann eben etwas rudimentärer.

Ist in Richtung Livemusik schon was in Planung?

Als nächstes Konzert steht am 25.09. das „Thorshammer Festival“ in Hirschaid, gleich ums Eck, an. Hoffentlich findet das statt. Wir vermissen die Bühne wirklich sehr.

Stell Dir vor, Du sollst mir Deine Stadt Bamberg zeigen. Was zeigst Du mir? Was ist für Dich sehenswürdig?

Oh, da würde ich mit dir vormittags zum Frühschoppen mit Leberkäs-Brödla zum Schlenkerla (Rauchbier!) und der Metzgerei Liebold gehen. Anschließend schauen wir uns das alte Rathaus auf der oberen Brücke an und ziehen durch die Altstadt. Hier müssten wir gar nicht groß nach Sehenswürdigkeiten suchen, denn wir sind inmitten der Bamberger Geschichte. Wir könnten auch das Bamberger Bierdiplom machen: Ein Seidla (0,5l) in jeder der 14 Bamberger Brauereien.

Und abends? Wo geht es hin?

Sofern man nach den 14 Seidla noch geradeaus laufen kann, geht‘s natürlich in die Sandstraße. Hier ist alles voll mit Kneipen und Bars. Live-Musik gibt‘s im Live-Clu, anschließend zum Feiern in den Irish Pub Mulligans und zieht dann in das urgemütliche Pizzini, ´Die Letzte Schenke´. Dort lässt man sich vom Klavierspieler berieseln oder greift selbst in die Tasten. Für alle, die noch nicht genug haben, kann man in der Fässla Stub‘n einen Absacker trinken oder sich im Mojow zum Rock-Up Abend den Rest geben.

Ich danke Dir für Deine Zeit und Ausdauer und wünsche der ganzen Truppe alles Gute.

Vielen Dank für deinen Support und deine spannenden Fragen! Euch allen eine gute Zeit, trotz der generellen Umstände. Bleibt gesund und positiv!

Hoffentlich gibt es bald wieder die Möglichkeit, live zu spielen. Falls ich mal nach Bamberg kommen, werde ich mich vorher anmelden…

 

https://www.facebook.com/VarusBand/