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TYRANT (U.S.) – Hereafter

~ 2020 (Shadow Kingdom) – Stil: Heavy Metal ~


 

TYRANT riefen bereits 1978 ihre Gründung aus. In dieser Hinsicht gehören sie zu den Urvätern des US Metal. Dennoch waren sie Mitte der Achtzigerjahre schlicht eine weitere Heavy Metal-Band aus Kalifornien. Da sie in jenen Tagen weder Speed noch Thrash Metal spielten, mussten sie von den Anhängern des wahren US Metal entdeckt werden. Sie waren böser als LIZZY BORDEN, sie waren düsterer als OMEN, besaßen zugleich eine obskure Epicness, die ebenso Gruppen wie MANILLA ROAD und CIRITH UNGOL nicht unbedingt zur Popularität verhalf. Unverwechselbar war hingegen der Gesang von Glen May, der sich zu Beginn ihrer Bandkarriere mit seinen hohen Schreien noch weit mehr aus der mittleren Tonlage befreite. Neben diesem stachen die Gitarrenkünsten von Rocky Rockwell sowie das standhafte Rhythmusbollwerk, bestehend aus Greg May und Rob Roy, ins Banger-Ohr. Der entscheidende Gesichtspunkt für eine andauernde Verehrung über all die Jahrzehnte hinweg war jedoch ein anderer. TYRANT wuchteten durchgängig einprägsame Lieder mit Haltbarkeitsfaktor auf den Plattenteller.

Seit TYRANT 2009 auf einem dieser Underground-Festivals in Original-Besetzung ihr Live-Comeback feierten, keimte die Hoffnung, nach 1985 (´Legions Of The Dead´), 1987 (´Too Late To Pray´) und 1996 (´King Of Kings´) nochmals mit einem Studio-Output der Herren beglückt zu werden. 2020 ist es soweit, das vierte Album unter dem Banner TYRANT erscheint. Doch nach so vielen Jahren hat sich nicht nur die Welt, sondern auch die Musik verändert. Der US Metal hängt in diesen Tage sprichwörtlich am Tropf und ´Hereafter´ wird ihm sicherlich nicht mehr auf die Beine verhelfen. TYRANT sind düsterer und noch schleppender in ihrer Darbietung geworden. Glen May singt gar nicht mehr in den Höhen, denn er singt überhaut nicht mehr bei TYRANT. Ein anderes Zeitalter hat begonnen, auch für TYRANT. Gitarrist Rocky Rockwell und Bassist Greg May führen die Geschicke der Formation fort, mit dem seit 2010 zur Bandbesetzung gehörenden Schlagzeuger Ronnie Wallace sowie einem nicht ganz so unbekannten neuen Mann am Mikrofon. Mit dem Eintritt von Sänger Rob Lowe wird der Bandsound unwiderruflich verändert. Obwohl er TYRANT gar nicht so prägnant seinen Stempel aufdrückt, wie zu seinen besten Zeiten bei SOLITUDE AETURNUS sowie bei CANDLEMASS, geht sein Gesang im nunmehr doomig dunklen Bild auf.

TYRANT spielen fortan keinen gewöhnlichen oder obskuren US Metal, eher die dunkle Variante des US-amerikanischen Stahls mit blumiger Doom-Note. Das Bollwerk wogt vielleicht nicht mehr gar so schwer durch die Kompositionen, das pumpende Bass-Spiel Greg Mays bleibt freilich griffig. Das ideenreiche Gitarrenspiel von Rocky Rockwell blitzt bisweilen auch hier und da wieder auf. Herausstechend: Das epische Sahnestück ´Hereafter´. Es nutzt den alten Trick, die Akustikgitarre hinzuzuziehen. ´The Darkness Comes´, ´When The Sky Falls´ und ´Beacon The Light´ erzeugen mit etwas Keyboards zum Refrain einen sakralen Geist. Die Glocke des Doom packt ´Fire Burns´ aus. ´Pieces Of Mine´ ist dagegen schlicht US Metal mit einem knapp an der angenehmsten Melodielinie vorbeisegelnden Rob. Das ist Heavy Metal.

Wir leben in einem neuen Zeitalter und passenderweise starten TYRANT in diesem eine neue Bandepoche. Nach so vielen Jahren tönt ohnehin keine Band, außer CIRITH UNGOL, wie in ihren Glanzzeiten, wie einst im Mai 1985. Harren wir folglich in Lauerstellung aus, wie lange die Ära Rob Lowe bei TYRANT währt.

(Hauchdünne 7,5 Punkte)

Michael Haifl

 

 

 

Die Gründe für die derzeitige Reunion-Schwemme dürften sehr unterschiedlicher Natur sein. Sei es aus Herzblut, Leidenschaft und aus Liebe zur Musik an sich, oder aber doch nur um die goldene Kuh, sprich den eigenen, güldenen (Band)namen, noch einmal so richtig fett zu melken, um die spärliche Rente etwas aufzubessern – wir wissen es nicht. Doch wenn dann hochwertige Produkte wie die erst jüngst veröffentlichten Werke von CIRITH UNGOL, PSYCHOTIC WALTZ oder SIREN die Szene bereichern, scheint dies auch eher zweitrangig und egal zu sein. Und auch TYRANT (U.S.) reihen sich mit `Hereafter´ nahtlos in diese glorreiche Riege ein…

Schon das kurze, aber dennoch spannende, mit `Tyrant’s Revelation´ betitelte Intro macht Lust auf das Album, was der starke Auftaktsong `Dancing On Graves´ auf tolle Art und Weise gekonnt weiterspinnt und im anschließenden `The Darkness Comes´ im traditionellen, metallischen Achtziger-Format seine Fortführung erfährt. `Fire Burns´ hingegen markiert ganz im Stile von BLACK SABBATH zu seligen Tony Martin- und `Headless Cross´-Tagen den ersten Höhepunkt der Scheibe. Schwer, episch, monumental – FETT!!! Ex-SOLITUDE AETURNUS Frontröhre Robert Lowe präsentiert sich stimmlich nicht nur bei diesem Song, sondern insgesamt auf `Hereafter´ in Bestform.

Der bei diesem Genre typische Bombast mit dezenter Doom-Note, kommt auch bei den zehn Titeln keineswegs zu kurz und so wird auf dem Album ordentlich, pompös und ganz dick aufgetragen. Ein weiteres Highlight kommt in Form der Halbballade und Titelkomposition `Hereafter´ mit tollem akustischem Einstieg und geflüstert, gesprochenem „Gesang“, die sich mit fortlaufender Dauer mehr und mehr zu einem echten „Earcatcher“ entwickelt. Tolle kompositorische Leistung. Allgemein sehr beeindruckend und auffallend sind die vielen tollen Melodien und eingängigen Refrains, die nahezu jeden Song prägen und sofort in der Ohrmuschel hängenbleiben – und so jagt hier sprichwörtlich ein Hit den Anderen.

Die einzig nennenswerten Tempoverschärfungen findet man bei den treibenden `Pieces Of Mine´, dem darauffolgenden `Until The Day´ und `Beacon The Light´, die nur bedingt etwas flotter galoppieren. Damit wären wir auch gleich beim, meiner Ansicht nach, einzigen Kritikpunkt von `Hereafter´ angelangt: hin und wieder ein bisschen mehr Gas hätte dem Gesamtwerk bestimmt sehr gut getan. Summa summarum also vielleicht etwas eindimensional was die Geschwindigkeit angeht, aber beileibe nicht bieder oder sogar langweilig wie schon so manche Stimmen unken. Das will und kann ich in diesem Zusammenhang so nicht gelten lassen, denn hierzu sind die packenden Melodien und „catchy“ Refrains einfach viel zu gut geworden. Ein sehr kurzweiliges Album und Hörvergnügen!

(8 dicke Zähler)

Armin Schäfer­

 

 

 

Die Kalifornier TYRANT leben vom Ruf ihrer beiden Alben aus den Achtzigern, `Legions Of The Dead` und `To Late To Pray`. Sänger Rob Lowe lebt von seinen sagenhaften Gesangseinlagen bei SOLITUDE AETURNUS und seiner Kurzzeitaffäre bei CANDLEMASS. Beide Komponenten zusammen lassen jedoch Stirnrunzeln aufkommen. Lowe und TYRANT? Eine nicht wirklich vorstellbare Verbindung, die zudem die Frage aufwirft: Wie soll diese Konstellation klingen?

`Hereafter` ist das Ergebnis dieser Zusammenarbeit, die jegliche Vorurteile geradezu heraufbeschwört. Vorurteile bezüglich Lowes Stimme und gesanglichen Möglichkeiten sowie den Erwartungen, wie TYRANT 24 Jahre nach dem letzten Album klingen sollen/möchten. Machen wir es kurz: Vergesst die TYRANT, die ihr von den drei bisherigen Veröffentlichungen kennt. Nehmt zur Kenntnis, dass dies ein neues Kapitel im Hause TYRANT ist. Es fällt schwer, ich weiß es. Ich habe tagelang gebraucht, um mich mit diesem Umstand zu arrangieren. Ich wollte mit aller Gewalt einen Verriss liefern. Versagt. Aber ich kann immer noch in den Spiegel schauen, denn `Hereafter` ist in seiner Gesamtheit ein ordentliches Album, zwar mit einigen, vertretbaren Schwächen, sofern man sich von den ersten beiden Alben lösen kann. Denn dann bekommt man ein Album serviert, das äußerst gefällig zum Dauerläufer avanciert.

Vom klassischen TYRANT´schen US-Metal bleiben nur ganz wenige Elemente. Der neue Playground nennt sich wohl eher Power Doom mit fluffigen Melodien, epischen Momenten und einem Rob Lowe, der mit seinem Gesang dem Material einen SOLITUDE AETURNUS-Stempel aufdrückt. Wobei man aber auch ihm inzwischen attestieren muss, dass er nicht mehr ganz an seine frühen Großtaten rankommt.

Eigentlich wurden hier mittelschnelle OMEN-Songs, SOLITUDE AETURNUS- und SORCERER-Doom-Elemente in den Mixer gehauen und beim Umfüllen noch einmal kurz geschüttelt. Klingt schräg, zeigt aber Wirkung. Dass die Songs sich nur unwesentlich unterscheiden, ist ein nicht zu überhörender Aspekt, der `Hereafter` in seiner Gesamtheit schwächt. Trotz all den eher negativ aufgezählten Fakten gefällt das Album. Episch galoppierende Riffwände dominieren die Tracks, die niemals, wirklich niemals Rhythmus und Melodie die Freundschaft aufkündigen. Das ist verdammt gefällig, auch wenn sich das Konzept andauernd wiederholt. Was wohl auch an der warmen, kuscheligen Produktion liegt.

Kurzum, auch wenn der Spannungsbogen eher überschaubar ist, `Hereafter` packt einen doch. Dafür sorgen Stücke wie `The Darkness Comes`, `From The Tower` oder `Bucolic`, meine persönlichen Faves, die sich ins Gehör brennen.

(7,5 Punkte)

Jürgen Tschamler

 

 

 

Eines vorweg, liebe Oldschooler: Natürlich waren die Klassiker ´Legions Of The Dead´ und ´Too Late To Pray´ roher, ungehobelter, kauziger und asozialer, alleine schon durch den Gesang von Glen May, der jedoch nach dem durch die komplette Band verursachten Live-Debakel auf „Up The Hammers“ 2017 wohl nie wieder mit seinem geliebten Feind und Bruderherz Greg May musizieren wird. Auch werden Zeitgeist-Nummern wie ´Legions Of The Dead´, ´Sacrifice´, ´Valley Of Death´ oder ´Babylon´ einfach nicht mehr geschrieben.

Doch das alles macht nichts, wenn man mit Robert Lowe einen zwar nicht mehr ganz so kraftvollen, aber trotzdem noch fähigen Fan-Fave an Bord hat und eine Stilkorrektur vollführt, die immer noch genug Oldschool innehat, um dem truen Banger mächtig Pulserhöhung zu geben. An das 1996er Comeback und letzte Album ´King Of Kings´ können TYRANT 2020 definitiv anknüpfen und übertreffen es meiner Meinung nach songschreiberisch deutlich. Zusammen mit den zwei Urgesteinen, Klampfer Rocky Rockwell und eben Bassist Greg, schmiedet man mit Ronnie Wallace an den Drums einen gewaltigen Brocken Metal, der auf der einen Seite die OMEN-Fraktion, auf der anderen die SOLITUDE AETURNUS-Anbeter regelrecht erschlagen könnte. An dieser Stelle eine Gedenkminute für Originaldrummer Rob Roy, der letztes Jahr verstarb – R.I.P., man.

Ja, es macht einfach eine diebische Freude, einen Metalhammer auf sich niederprasseln zu lassen, den keine Sau mehr auf dem Schirm hatte, besonders nicht nach dem erwähnten Griechenland-Armageddon. Schwamm drüber, denn Galopper oder Heavy-Riff-Slasher wie ´Dancing On Graves´, ´The Darkness Comes´, ´Pieces Of Mine´ und ´From The Tower´ stimmen ebenso versöhnlich wie Epik-Doomer á la ´Fire Burns´, ´Hereafter´ (welches auf der höchsten CANDLEMASS-/ SOLITUDE AETURNUS-Ebene mitspielt) und ´When The Sky Falls´. Und seien wir ehrlich: Doomige Nummern oder Parts gab es beim TYRANT schon immer, insofern passt das einfach. Klar, stellt sich besonders bei diesem Nummern eine gewisse Gleichförmigkeit ein, aber betrifft das nicht das komplette Deep, Slow & Hard Gewerbe? Und daneben gibt es ja zur Auflockerung genug flottes und Midtempo wie ´Until The Day´, ´Bucolic´ und ´Beacon The Light´, wobei die Grenzen sowieso zu einem gesamten TYRANT verschmelzen.

Nach unglaublich vielen bockstarken Comebacks dieses Jahres bleibt ´Hereafter´ für mich eines der überraschendsten, das zumindest vom oldschooligen Spaßfaktor mit einigen dieser Helden mithalten kann.

(8,5 tyrannische Punkte)

Less Leßmeister

 

 

 

 

 


(VÖ: 15.05.2020)