Redebedarf

ASGARD

~ Interview mit Keyboarder Albert Ambrosi ~


Die Rückkehr von ASGARD kam mehr als überraschend, war doch von den italienischen Prog-Folk-Rock-Metallern seit Jahren kein Lebenszeichen zu vernehmen. Da das Comeback-Scheibchen dermaßen begeistert (siehe hier), haben wir uns mit dem letzten verbliebenen Bandmitglied unterhalten, in Deutsch:

Hallo Albert, es war für mich eine riesige Überraschung als ich über Facebook von der Rückkehr ASGARDs erfahren habe. Wann hast Du denn die Band reaktiviert?

Hi Michael! Eigentlich hat die Band nie aufgehört zu existieren, auch wenn wir in den letzten zwei Jahrzehnten mit häufigen Line-up Wechseln zu kämpfen hatten. Zwischendurch gab es auch Live-Auftritte.

Aber es stimmt schon: Mein Zeitplan geriet ziemlich durcheinander. Erst 2016 haben wir zu einer stabilen Besetzung gefunden und dadurch die Arbeit an ´Ragnarøkkr´ intensivieren können.

Wurde die Band nach dem fünften Album also nicht aufgelöst? Was ist denn damals geschehen, dass Ihr einen Schlussstrich gezogen habt?

Nach dem fünften Album gab es den abermaligen Line-Up Wechsel und dazu radikale Veränderungen im privaten Bereich. Wie gesagt: wir haben uns nie aufgelöst aber alles hat einfach nur Zeit gekostet.

Zu ´Drachenblut´ hattest Du auch eine neue Mannschaft, hoffentlich passiert diesmal nicht das gleiche …

Ich hoffe es auch! Die Jungs sind aber sehr motiviert und die Chemie in der Band stimmt.

Ist etwas dran an den Gerüchten, dass damals noch ein Album, auch ´Ragnarokkr´ betitelt, angefangen wurde aufzunehmen?

Dran zu arbeiten ja, aufzunehmen definitiv nein; es sei denn man meint das Demo aus dem Jahr 2004 mit drei Tracks aus ´Ragnarøkkr´. Das Songwriting und Arrangieren fing ungefähr zeitgleich mit der Veröffentlichung von ´Drachenblut´ an. Wer mich kennt, der weiß, dass ich einen ziemlich langen Atem habe.

Seit wann lebst Du eigentlich in Deutschland?

Seit dem 1. Juli 1995.

Rückblickend betrachtet müssen eigentlich die Jahre 1991 bis 1993 die aufregendsten Bandjahre gewesen sein. Da habt Ihr in kurzer Zeit, Eure ersten Scheiben aufgenommen. Was waren die schönsten Erlebnisse?

Für einen Musiker ist das schönste, live zu spielen! Und tatsächlich: die Jahren bis Ende der 1990’er habe ich mit ASGARD viele tolle Konzerte in vielen Ländern in Europa erlebt und viele großartige Menschen kennengelernt. Ich denke immer gerne daran zurück.

Was nicht so aufregend war: Als Jemand versuchte ASGARD auszunutzen oder zu manipulieren für seine eigene Zwecke. Es sind damals auch einige Unwahrheiten über die Band verbreitet worden. Dabei hat der Neid eine große Rolle gespielt.

Auch wenn es schon so lange her ist. Wie seid Ihr damals überhaupt an ein deutsches Plattenlabel gekommen, und nicht gerade an ein großes Label?

Wir kommen aus Trient/Südtirol/Venetien, einer Gegend mit engeren Handelskontakten und kulturellen Beziehungen zu Österreich und Deutschland als zu Restitalien. Damals stand ein privater Radiosender aus Triest mit unserem späteren Label in Kontakt. Die Leute dort haben unser Demo dem Label zugespielt und die Band wärmstens empfohlen.

Nochmals im Rückblick: war die Entscheidung richtig, dort zu unterschreiben?

Was heißt schon richtig oder falsch: unsere Musik war damals wie ein Kind, das seit neun Monaten im Mutterleib schwimmt: sie wollte einfach raus! Uns haben damals Kalkül oder Spekulationen über Vor- und Nachteile überhaupt nicht interessiert, zumal man hört über jedes Label Gutes und Schlechtes zugleich.

Ich kann mich noch, aber nicht mehr so genau, an einen Zeitungsartikel erinnern, der mit „Peter Huth muss leider draußen bleiben“ betitelt war. Es ging um einen Live-Auftritt. Kannst Du Dich daran erinnern und die Sache erläutern?

Ja, das weiß ich noch! In einem Prog-Fanzine schrieb damals Peter Huth wirres Zeug über ASGARD. Es ging dabei nicht um Musik, sondern um meine Antworten auf ein Interview für ein anderes Prog-Fanzine. Er ging deswegen hart ins Gericht mit der ganzen Band. Was er – vielleicht – nicht wusste: ASGARD hatten viele treue Fans in Deutschland. Infolgedessen waren im Einlassbereich bei zwei Konzerten von uns im Raum Köln Schilder zu lesen „Peter Huth muss leider draußen bleiben“ … die hatten die Veranstalter aufgehängt! Die Geschichte fand seinen Weg auch in den von Dir zitierten Zeitungsartikel!

 

 

Aber zurück in die Gegenwart: Wo hast Du Deine neuen Mitmusiker gefunden?

Franco ist der Sänger von ASGARD aus den Jahren 1993 bis 1995. Er bestritt mit uns im Schnitt die meisten und wichtigsten Auftritte und war daher bei unseren Anhängern sehr bekannt und beliebt.

Die anderen drei habe ich durch Bekannte in der trientiner Musikerszene kennengelernt.

Da Ihr aber nicht in unmittelbarer Nähe beieinander wohnt, muss ich doch mal fragen, wie Ihr zusammen komponiert und probt?

Für ´Ragnarøkkr´ haben wir uns alle drei Monate ein ganzes Wochenende in unserem Proberaum in Trient/Südtirol getroffen. Die Tracks waren schon fertig komponiert, es ging „nur“ darum sie zu arrangieren und zu üben.

Ob wir in Zukunft wieder die Arbeit so gestalten, weiß ich noch nicht.

Wie lange habt Ihr insgesamt an der neuen Scheibe gewerkelt?

Dreieinhalb Jahre.

Ist es ein Konzeptalbum und wenn ja, kannst Du uns etwas über dieses erzählen?

Ja, es ist ein Konzeptalbum. Es geht um ein Bündel an Themen und Denkanstöße im losen Zusammenhang.

Die Thematik vom „Ragnarök“ dürfte vielen bekannt sein: Dem Ende der Welt geht – laut nordischer Mythologie – das Zeitalter des Wolfes voraus, das von den uralten Schriften derart präzise beschrieben wird, dass viele Parallelen mit der heutigen Zeit sofort auffallen. Wir wollen damit keinesfalls als eine Art „Propheten der Apokalypse“ in Erscheinung treten, nur wir finden das Thema interessant. Nach dem Ragnarök findet eine Wiedergeburt der Welt statt. Das Ganze lässt weitere Schlüsse ziehen: Die Menschen früher hatten – im Gegensatz zu uns heute – eine zyklische Auffassung von Leben und Tod, d.h. sie waren philosophischer eingestellt als wir und damit gar nicht so dumm!

Weitere Themen sind die Wiederentdeckung unserer uralten europäischen Wurzeln, mit ihrem Reichtum an Kultur, Spiritualität und Traditionsformen… vielleicht wissen z.B. nicht alle, dass es früher auch bei uns im Herzen Europas Schamanen gab.

Unsere Vorfahren lebten in Einklang mit der Natur, viele ihrer Ritualen dienten dazu, die Strenge der Natur zu besänftigen, oder sich bei Erde,Wasser und Luft zu bedanken, u.s.w. Spannend dabei, dass heute Spuren solcher Ritualen in christlichen Feiern oder im Aberglauben weiterleben… aber leider nur Spuren!

Das Album ist auch deutlich, mit der Zeit gegangen, härter sowie metallischer geworden, oder sehe ich das falsch?

Es stimmt. Im Grunde genommen machen wir erst jetzt die Musik, die ich schon immer machen wollte! Wenn man sich unsere alte Alben genauer unter die Lupe nimmt, es wimmelt nur von verzerrten Gitarren oder Drums, die zu leise oder zu „sanft“ abgemischt wurden. Unsere damalige Plattenfirma wollte in uns unbedingt eine melodische, italienische Prog-Band sehen und gab dem Studiopersonal – ohne mein Wissen – die entsprechenden Anweisungen.

Die Folk-/Mittelalter-Einflüsse finde ich diesmal ausgewogen und bewusst dosiert eingesetzt, und tragen somit zum Erfolg des Albums bei. War das Euer Anliegen oder ist dies zufällig so passiert?

Die Folk-/Mittelalter-Einflüsse waren von Anfang an genau so geplant.

Oder hat Euch einfach nur Roland Grapow solch einen fetten Sound verpasst?

Wir haben ihn darum gebeten! 😉

Wie seid Ihr auf ihn gestoßen?

Ich liebe seine Band MASTERPLAN und vergöttere ihn als Gitarrist und Studioproduzent. Deswegen habe ich unbekannterweise mit ihm Kontakt aufgenommen und ihn gefragt, ob er unser Album produzieren möchte. Er wollte sich zuerst ein Demo von uns anhören. Erst danach fiel seine positive Antwort aus.

Und jetzt habt Ihr wieder ein deutsches Label. Aufgrund Eures Wohnsitzes nun nicht mehr so überraschend, oder?

Von den vielen Labels, bei denen wir angeklopften, haben wir bei „Pride & Joy“ sofort ein gutes Gefühl gehabt, unabhängig davon, wo das Label seinen Sitz hat.

Gibt es schon Live-Pläne zur Umsetzung?

Pläne gibt es noch nicht, Wünsche schon!

Also hoffen wir auf ein Live-Wiedersehen. Ciao!

 

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