THIN LIZZY – Thunder And Lightning (1983)


Für manche ist beim (leider) letzten Album der großartigen THIN LIZZY der Heavy Metal Teufel ins Album gefahren. Und eines stimmt dabei: Bei Metal-Fans kommt ´Thunder And Lightning´ großartig an und nur ´Live And Dangerous´ wird oft noch akzeptiert (den Rest hat man aber meistens wahrscheinlich noch nie gehört).

Aber logischerweise ist ´Thunder And Lightning´ kein Heavy Metal-Album. Mit John Sykes hatte man einen prominenten jungen Vertreter der „New Wave Of British Heavy Metal“ angeheuert, der auf ´Spellbound´ dem Meisterwerk der TYGERS OF PAN TANG seine tiefe Handschrift hinterlassen hatte. Nun die TYGERS waren schon irgendwie Metal… und stark von THIN LIZZY beeinflusst. Man höre die Gitarren, da schließt sich der Kreis. Witzigerweise waren THIN LIZZY ja einer der größten Einflüsse auf Metal Bands der 80er Jahre, IRON MAIDEN, DEF LEPPARD (als die am Anfang noch hart waren), aber auch auf härtere Kaliber wie Cliff Burton und METALLICA. Aber Philip Lynott und Scott Gorham wurden nicht müde, zu betonen, dass LIZZY keine Heavy Metal-Band sind, weil nicht das Riff im Vordergrund steht, sondern die Songstruktur und die Texte (das mag für Anfang 80er gegolten haben, da waren die Metal-Bands textlich meistens noch etwas unbedarft). Egal.

 

 

Der Titelsong, das chaotische ´Thunder And Lightning’´ schüttelt einen zu Anfang gleich ordentlich durch und ist irgendwie Heavy Metal. Ich liebe den Song (ich bin ja eigentlich auch ein waschechter Metaller). Dann gibt es noch ein hartes Riff in der Singleauskopplung ´Cold Sweat´ von John Sykes und das war’s dann mit dem Metal. War ´Emerald´ 1976 Metal? Oder ´Toughest Street In Town´ auf ´Black Rose´? Egal. ´Thunder And Lightning´ ist ein total starkes Album, das den besten 70er Veröffentlichungen von LIZZY zumindest aus meiner Sicht (fast) das Wasser reichen kann.

 

 

Nach dem genannten Titelsong traditionell eine A-Seite, die 1A ist. Das unterschätzte und wie viele Songs auf dem Album hervorragend gesungene ´This Is The One´. Dann die beiden Höhepunkte des Albums, die nach ´Still In Love With You´ wahrscheinlich stärkste Lizzy- Ballade, das melancholische und wunderschöne ´The Sun Goes Down´ mit starken Gitarrensoli. Und ein riesiger Abschluss der ersten Seite mit dem legendären ´Holy War´. So geht intelligenter und spannender Hard Rock!

Auf Seite 2 folgt dann das schon genannte mächtige ´Cold Sweat´. John Sykes hatte LIZZY auf jeden Fall neues Leben eingehaucht, denn Scott und Philip waren zu dieser Zeit durch den dauerhaften Drogenkonsum eigentlich komplett ausgebrannt. Scott Gorham wollte eigentlich schon das Handtuch werfen. Sykes brachte wieder die von Brian Robertson und Gary Moore eingebrachte Aggression mit, die auf den beiden vorherigen Alben mit Snowy White etwas vermisst wurde. Auch die Keyboards von Darren Wharton wurden deutlich klüger als auf dem Vorgängeralbum eingesetzt.

 

 

Traditionell baut die zweite Seite dann aber etwas ab. Die folgenden ´Someday She Is Going To Hit Back´ (nette Melodie, aber etwas eintönig) und ´Baby Please Don’t Go´ (etwas klischeehaft gestrickt) reichen nicht an die vorherigen Songs heran, sind aber bei Weitem keine Ausfälle. ´Bad Habits´ ist ein typischer Lynott-Macho-Song mit Augenzwinkern. Bleibt der aus meiner Sicht völlig unterschätzte letzte Song ´Heart Attack´, ein ganz starker Abschluss, allerdings im Hinblick auf Philips baldiges Ende gruseliger Text („Papa, I’m dying of an overdose, overdose, overdose. I tried to warn you, don’t come too close. I tried to tell you way back when we were young. I tried to warn you there was something wrong. Mama, I’m dying. Oh Papa, I’m dying, dying. Heart attack.“). Der Song handelt oberflächlich zwar von enttäuschter Liebe, als letzter Song des letzten Studioalbums aber schon etwas prophetisch im Hinblick auf Philips tragischen Tod am 04.01.1986.

Produziert wurde wieder von Chris Tsangarides, teilweise aus meiner Sicht etwas nachlässig (´Cold Sweat´, ´Heart Attack´). Das Cover war (wieder) nicht von Jim Fitzpatrick (war der Plattenfirma zu teuer), aber ziemlich „Heavy Metal“.

Insgesamt ein ganz starkes Album. Das war schon fast das LIZZY-Leben, aber es stand noch ein Abschiedsgeschenk an….

… Fortsetzung folgt …