~ THIN LIZZY – Live And Dangerous (1978) ~


Was soll ich zu ´Live And Dangerous´ sagen? Dass es das wichtigste und beste Album für mich seit 1978 ist und auch für immer bleiben wird? 1977 kam ich durch die großartigen STATUS QUO (´Hello´ war meine erste Rockplatte) und einige Zeit später durch die schillernden QUEEN zur Rockmusik. Dann hörte ich zufällig ´Rosalie (live)´ im Radio (ja, damals gab es noch echtes Radio und keine künstliche Intelligenz, die das Programm zusammenstellte, sondern Menschen, die einfach Songs spielten, die sie mochten!). ´Rosalie´ erinnerte mich zu diesem Zeitpunkt irgendwie ein wenig an STATUS QUO und deshalb fand das Lied schnell mein Interesse. Mir fiel ein, dass ich ein Jahr vorher eine Rod Stewart-Show im Fernsehen gesehen hatte, bei der vier coole Typen in der Pause zwei oder drei Songs verstärkt durch eine Polizeisirene spielten. Auf dringenden Wunsch meines Vaters schaltete ich den Fernseher lautlos, aber die Bilder der wild aussehenden Musiker blieben mir in Erinnerung. Der zweite Song, mit dem ich radiotechnisch in Berührung kam, war dann ´The Boys Are Back In Town´. Und schon hatte ich die Doppel-LP mit den vielen bunten Bildern der vier coolen Musiker zuhause auf meinem Plattenteller im Dauerbetrieb.

 

 

Schon der Donnerschlag als Antwort auf die frenetischen „LIZZY, LIZZY“-Rufe der euphorisierten LIZZY-Enthusiasten zu Beginn von ´Jailbreak´ erschütterte mich und die folgenden knapp 78 Minuten entzündeten in mir endgültig ein Feuer, das nie verloren ging und mich für immer für THIN LIZZY und Rock- und Metal-Musik begeisterte (ohne den Anteil von STATUS QUO zu schmälern). Die knapp 78 Minuten von ´Live And Dangerous´ sind wie aus einem Guss, man mag gar keine einzelnen Songs hören, und musste niemals die Plattenspielernadel genervt weiterbefördern. Bei aller Geschlossenheit gibt es aber auch die innerhalb des LIZZY-Kosmos bekannte Bandbreite von melodischem – wie den 7:40 min ´Still In Love With You´ mit gigantischen Gitarrensoli oder ´Southbound‘ –  über das groovige ´Dancing In The Moonlight…´ bis zu knallharten Stücken, die eine große Schnittmenge zur damaligen Metalszene (gab es die?) aufweisen wie ´Emerald´ oder ´Warriors´. Viele Mitsingparts sind vom charismatischen Philip Lynott integriert, ohne jemals – wie bei anderen Bands – anbiederisch oder gar peinlich zu wirken.

 

 

Das Zusammenspiel und die Produktion sind unglaublich. Die Dramaturgie der Songs ist gigantisch. Man höre sich nur den Übergang von ´Jailbreak´ zu ´Emerald´ (mit dem doppeldeutigen Spruch von Philip „Is there anybody here with any Irish in them? Is there any of the girls who’d like a bit of more Irish in them?“; könnte ein Song besser sein als dieser?), von ´Dancing…´ zu ´Massacre´ (genial!) oder die komplette dritte Albumseite oder Phils Ankündigungen von ´Rosalie´ oder dem finalen ´The Rocker´ an.

Das gemeinsame Gitarrenspiel von Brian Robertson und Scott Gorham ist gleichbleibend auf extrem hohen Niveau und die Soli der beiden sind umwerfend. Philip spielt seinen Bass, als sei er noch in einem Power Trio. Brian Downey ist so gut wie immer, was übersetzt bedeutet, auf höchstem künstlerischem Niveau. Kein Schlag zu wenig, kein Schlag zu viel. Auf den Punkt.

Diese Platte ist ein Traum von Poesie, Kraft und Energie. Live konnte zu dieser Zeit niemand LIZZY das Wasser reichen. Das Foto auf dem Albumcover mit Phil ist hervorragend und selbsterklärend. Der Titel ist ausgezeichnet und gibt das Geschehen auf den Platten absolut korrekt wieder. Genug des Lobes. ´Live And Dangerous´ ist einfach die Nummer eins! Kein Widerspruch möglich!!

 

 

Dieses Album bedeutete aber auch das endgültige Aus von Brian Robertson und damit eine Lücke, die unmöglich gefüllt werden konnte… Dem war dann zunächst doch nicht so, denn es tauchte nicht nur eine schwarze Rose auf, sondern auch ein alter Bekannter …

… Fortsetzung folgt …