Nightlife (1974)


Nach dem Ärger mit ´Whiskey In The Jar´ und einem kurzen Zwischenspiel von Gary Moore begann eine neue und die auf jeden Fall spannendste und erfolgreichste Ära von THIN LIZZY. Philip entschied, dass er in Zukunft mit zwei Gitarristen zusammenarbeiten wollte, wohl auch aus der Befürchtung, dass wenn einer ging, man nicht ohne Gitarristen dastehen wollte (war im Hinblick auf Brian Robertson ja auch im Nachhinein sehr sinnvoll). Seine Wahl fiel zunächst auf den erst 18-jährigen, wilden, schottischen Youngster Brian „Robbo“ Robertson, der sich schon früh an Geige und Schlagzeug versucht hatte und dann auf die Gitarre wechselte. Weiterer Gitarrist wurde der coole Kalifornier Scott Gorham, der eigentlich auf ein Engagement mit seinem Schwager Bob Siebenberg in England gehofft hatte. Bob heuerte bei SUPERTRAMP an, wo es aber keinen Bedarf an einem Gitarristen gab.

 

 

Es begann so die Ära der Double Lead-Gitarre bei THIN LIZZY. Dies sollte von den beiden Gitarristen in den nächsten Jahren zum Markenzeichen und zur Perfektion gebracht werden. Die neue Plattenfirma Vertigo/Phonogram buchte für das neu formierte Quartett Studiozeit.

´Nightlife´ war ein starker Aufschlag und wies in die zukünftige Richtung. Wie auf dem zweiten Album ´Shades Of Blue Orphanages´ war man aber noch ein bisschen unentschlossen und auf der Suche nach dem idealen, musikalischen Rezept. Die vier mussten erst noch zusammenwachsen. Dazu kam die eher teilweise mittelprächtige Produktion von Ron Nevison, der die Band nicht so richtig verstand.

 

 

Wie auf dem Vorgänger gab es ein großartiges Coverartwork von Jim Fitzpatrick. Dazu kamen schon einige sehr starke Songs. ´It’s Only Money´ ist einer dieser knochentrockenen LIZZY-Tracks mit starker Gitarrenarbeit und einem entfesselten Philip Lynott, unter drei Minuten lang auf den Punkt gebracht. Auch der eher opulente Opener ´She Knows´ zeigt die Qualität der neuen Formation insbesondere im Gitarrenbereich.

Der Titelsong ist mir persönlich etwas zu „Las Vegas-mäßig“ geraten, wie auch das zweiminütige dramatische ´Frankie Carroll´, das aber etwas sehr interessantes melancholisches hat. Klassiker wie die THIN LIZZY-Topballade schlechthin, ´Still In Love With You´ (bei dem Gary Moore die Gitarre einspielte, die Robbo so gut fand, dass er den Song nicht neu einspielen wollte – und Frankie Miller als Duettpartner von Phil als Gäste) oder ´Sha La La´, das rhythmische Meisterwerk von Supertrommler Brian Downey. ´Nightlife´ enthält auch einen, der meiner Meinung nach größten Lizzy-Songs überhaupt: ´Philomena´, der Song für Philips Mutter. Irisch, legendär, poetisch, mit viel Liebe… „I’ve been a wild wild rover. Sailed all over the sea. But this thing that makes me wonder. Has made a fool of me (…) If you see my mother. Please give her all of my love. For she has a heart of gold there. As good as God above“.

Insgesamt – trotz wenig Resonanz in kommerzieller Hinsicht – ein ziemlich starker Aufschlag in eine neue Zukunft, in die man sich mit dem nächsten Album buchstäblich „hineinkämpfte“…

… Fortsetzung folgt …