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LEECHED – To Dull The Blades Of Your Abuse

~ 2020 (Prosthetic Records) – Stil: Industrial/Post Hardcore ~


LEECHED kehren mit ihrem zweiten Album ´To Dull The Blades Of Your Abuse´ zurück. Ein deutlicher Sprung nach vorn – insbesondere in Sachen Songwriting und Atmosphäre.

Auf ´To Dull The Blades Of Your Abuse´ thematisieren und intonieren die Briten LEECHED Unbequemes auf knallhart unbehagliche, gleichsam gefühlsbetonte Weise. Die drei haben dazu ihr Handwerk – mit den Zutaten Industrial, Metal, Hardcore – verfeinert, sich einem weitaus dichteren Sound verschrieben. Die industriellen Obertöne ihres Debüts sind geblieben; karg, trostlos, unwirtlich. Und die Metal-Axt zieht weiter tiefe Furchen, die sich, nach fiesen Hardcore-Attacken, zähflüssig eitrig vernarben.

Das Trio hat ein fast undurchdringliches Werk von ausladender Düsterkeit und steriler Härte geschaffen. Unter der kalten Oberfläche dann direkt eine weißglühende Masse mit kaum kontrollierter Aggression. Das muss man als geneigter Hörer erstmal begreifen und durchdringen – besser also gewisse Erfahrungen in den Extremen des Metal, aber auch im modernen Hip-Hop und Industrial, mitbringen. LEECHED, trotz eher jungen Alters, kombinieren diese Stile versiert, mit eigener Note, inklusive einer Extra-Portion Mosh-Appeal.

´To Dull The Blades Of Your Abuse´ beschwört atmosphärisch die Trostlosigkeit einer dystopischen Welt herauf – und konfrontiert uns mit Themen, vor denen sich die meisten Menschen wegducken. Beispiel: Die intimen Schichten des Missbrauchs und das anschließende, zerklüftete emotionale Hinterland, in dem irgendwann die Grenzen zwischen Ursache und Wirkung verschwimmen. Alles hemmungslos seziert – ohne Filter präsentiert. Durch die Kombination extrem persönlicher Erfahrungen mit einem breiteren Kommentar zur Gesellschaft ist ´To Dull The Blades Of Your Abuse´ ein unbehagliches Erlebnis: klaustrophobisch, wütend, verzehrend. Für Schmerzhabende – und -suchende.

Anspieltipps: ´The Grey Tide´, ´I, Flatline´ und ´Let Me Die´.

(8 Punkte)


(VÖ: 31.01.2020)