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JÜRGEN WALZERS DISPYRIA – The Journey To Aelyrea

~ 2019 (Housemaster Records) – Stil: Melodic Metal Konzept ~


Vögel zwitschern, die Ouvertüre ´The Queen’s Garden´  erfüllt mit absoluter Harmonie…bis Eleonor ähnlich wie einst eine gewisse Abigail fleht:

„Is there anybody? – help me!“

Derweil geht es unserem Protagonisten Josh wieder gut – er sprüht nur so vor Lebensenergie und verkündet kraftstrotzend auf ´Heaven Can Wait´-artige Weise (GAMMA RAY): ´Here I Am´. Doch die Euphorie hält nicht lange, wenn ihm ´5 2 12´ mit fetten ACCEPT-Riffs und allen gezogenen Registern des Konzeptmetals klar wird, was in der Welt – wie sie nunmal gerade ist – um ihn herum passiert. Mit mächtig Drive und Hitpotential nimmt er in der rockigen ´Supernova´ Kontakt mit der Anderswelt auf und erhält eine unheimliche Warnung, den Kampf um die Rettung seiner Welt und seinem Seelenheil aufzugeben.
Nach ruhigem Beginn berichten QUEENSRYCHE- / CRIMSON GLORY-Gitarren von dem Ausbruch des R.E.D. Virus, der sich immer weiter verbreitet und Menschen nach ihrem Tod scheinbar verschwinden lässt. Auch dieser Song entwickelt sich äußerst facettenreich bis hin zu seinem mächtigen Chorus. Die hoffnungsvolle Powerballade ´The Flame´ bekräftigt Josh nach langem Zweifeln nicht zuletzt durch den Mut seiner erkrankten Partnerin zum Entschluss zu kämpfen, als er sich ihrem Leid stellen muss und sich dazu zunächst kaum fähig fühlt.

In bester SUPERIOR-/ HELLOWEEN-Manier (´Twister´) stellt er sich freiwillig einem Tribunal, um sich durch einen Seelenreißer in die Unterwelt der Aelyrea begeben zu können. Bevor der unausweichliche Kampf gegen die Dämonen beginnt, macht er während dem wunderschönen ´Tears Of An Angel´ seinen inneren Frieden durch die Begegnung mit seiner mittlerweile zwölf Jahre alten, vermeintlich vor ihrer Geburt verstorbenen Tochter Eleonor, deren starke, liebevolle Seele in Aelyreas Reich gefangen war, jedoch nun endlich durch die Kraft der Liebe ihres Vaters befreit werden kann.

Der anschließende Showdown zwischen Josh und der übermächtig scheinenden Aelyrea wird besonders alte Fans aufhorchen lassen, denn dieses epische Metalwerk klingt wie die lang ersehnte, zeitgemäße Fortsetzung des Kultmeilensteins ´Odyssey´ des legendären ´Moral Alliance´-Demos von SUPERIOR und damit deren ureigenem ´Keeper Of The Seven Keys´ der Bandhistorie. Genau in diese Kerbe schlägt auch die darauffolgende Speedhyme ´Mind Over Matter´, die Joshs eigenes Schicksal und seinen persönlichen Fluch mit einem Storytwist enthüllt. Als krönender Abschluss und storytechnischer Cliffhanger beendet Joshs nicht enden wollender Sturz in ´The Abyss´ diese Tour de Force der pfälzer Spitzenklasse auf internationalem Niveau.

Was Jürgen Walzer mit einem Riesenaufgebot an Gastsänger/-innen samt Chor inklusive seinem alten Fronter Michael Tangermann als auch befreundeten Musikerkollegen (u.a. Sänger Stephan Hugo und Gitarrist & Bassist Markus Pfeffer von WINTERLAND) bei dem zweiten Teil seiner DISPYRIA – Trilogie bewerkstelligt haben, kann man ohne jeden Zweifel – wie auch schon Teil Eins – getrost als Highlight in der metallischen Konzeptlandschaft bezeichnen. Den storybedingt gesteigerte Härtegrad im Vergleich zum Erstlingswerk kann man sich durchaus wie den Unterschied von AYREON zu STAR ONE vorstellen. Ein audiophiles Buffet, welches neben erlesenen Vorspeisen und Beilagen nun einen deutlichen höheren Fleischanteil mit den gewohnt genialen Soli bei instrumentaler und kompositorischer Finesse bietet.

Trotz des düsteren Kampfes, der diesmal auf physischer statt psychischer Ebene stattfindet, bleibt sich das Mastermind treu mit seinem Hang zu griffigen Hooks, eingängigen Melodien und einer ausgewogenen Mischung aus Uptemponummern, Melodic Rockern und Balladen. Natürlich verlangt das Thema nach Bombast und epischer Umsetzung, was nicht nur durch den von ihm und Ines Pawlowski arrangierten Chor erzielt wird.

Die lyrische Umsetzung der von Jürgen Walzer zusammen mit Sänger Daniel Ott (DIVINUS) ausgearbeiteten Geschichte entspringt abermals zum großen Teil der Feder des dunklen Poeten Thorsten Fries (NACHTGREIF). Um das Konzept weiter zu beleuchten und auch Hintergründe zu verdeutlichen, wird noch ein kunstvoll illustriertes Storybook folgen.

Alle Beteiligten hier zu erwähnen, würde den Rahmen der Berichterstattung sprengen. Weitere Infos entnehmt ihr unserer bereits im April erschienen Vorschau oder labt euch an dem exzellent gestalteten Booklet eures Originals, welches ihr zusammen mit Teil Eins (sofern noch nicht vorhanden) in eure Konzeptalbensammlung ab sofort noch vor Weihnachten integrieren könnt.

Der betriebene Aufwand und die entstandene erhabene Größe dieses Werkes benötigt wie auch der aktuelle, grandiose Output der lokalen Kollegen VANDEN PLAS keinerlei Punktewertung. Für die Mathematiker unter euch sei auf die diesjährige Veröffentlichung von AVANTASIA verwiesen, auf deren Benotung ihr noch eine Schippe drauflegen könnt. Statt ständig die gleichen großen Stars zu goutieren, habt ihr die Möglichkeit, frische Talente mit ebenso hervorragenden Fähigkeiten zu entdecken. Wem die üblichen Konzeptkünstler mittlerweile zu vorhersehbar sind und bereits alle Metalkonzeptepen der „Großen“ sein Eigen nennt, aber weiterhin nach kleinen Juwelen wie ABYDOS, AINA oder MISSA MERCURIA sucht, der sollte sich dringendst mit der Reise in die düstere Gedankenwelt von DISPYRIA therapieren.
Nicht nur für SUPERIOR – Jünger(-innen)!

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