~ 2019 (Inside Out) – Stil: Prog ~
Wie geht es bei LEPROUS weiter, nachdem das letzte Album ´Malina´ neben den scheinbar fortwährenden Zahnwehproblemen von Sänger Einar Solberg (aaaaaahaaaahaaaa) auch zunehmend von musikalischer Belanglosigkeit geprägt war? Es wird natürlich mal wieder von Weiterentwicklung und großen Neuerungen gesprochen. Diese äußern sich aber in erster Linie in einer extrem ruhigen ersten Hälfte des Albums in der gerade instrumental recht wenig passiert und ich damit auch nicht von einer Fortentwicklung oder gar Progressivität sprechen möchte. Im Vordergrund stehen die Vocals, die zwar ab und an durchaus ihre Momente haben, zumal sich die Schmerzbekundungen diesmal in Grenzen halten. Scheinbar hat man endlich ein wirksames Betäubungsmittel gefunden. Leider klingt das manchmal aber auch so, in einigen sich überschlagenden Passagen dann wiederum fast wie ein Kätzchen mit Zahnweh unter Lachgasattacken.
Ich habe hier im Ort eine Kleintierpraxis, als ich LEPROUS hörend kürzlich vorbei lief, kam mir die Idee, mich da mal heimlich mit Aufnahmegerät zu platzieren, um ein interessantes Hörspiel zu generieren. Vielleicht aber auch ein zu progressives Unterfangen, da ja sicher nicht nur Katzen mit Zahnweh behandelt werden. Das Projekt ist damit b.a.w. zurückgestellt.
Egal, gehen wir mal näher auf die hier vorliegenden Songs ein. ´Below´ hätte gut und gerne auf ´Malina´ stehen können, danach wird es wie schon erwähnt ziemlich ruhig mit wenig Steigerungen in den Songs. Auffällig im zunächst negativen Sinne ist ´By My Throne´ durch die lächerlichen heyjayheyjayhey-Chöre im Hintergrund, später fängt dann Einar auch noch an, dies gleichzutun. Kindergarten. Macht die Atmosphäre des Songs, der sich ansonsten schön aufbaut, leider zumindest in Teilen zunichte. Bestes Stück der ersten Hälfte ist dann tatsächlich das fast A-Capella artige ´Alleviate´, denn hier sind zumindest die Gesangslinien richtig toll.
Überhaupt ist jetzt die stärkste Phase, denn ´At The Bottom´ ist entgegen on the top wohl der beste Song und das melancholische ´Distant Bells´ kann zumindest bis auf die wie das Albumcover grauenhafte Schlusspassage auch als Erfolg verbucht werden. Im Übrigen werden LEPROUS auf ´Pitfalls´ von Violinist Chris Baum von den legendären BENT KNEE unterstützt. Man war ja zusammen im Vorprogramm von HAKEN auf Nordamerikatournee. Auch wenn hier in der Mitte des Albums richtig was geht, muss man aber natürlich auf Gesamtlänge konstatieren, dass der geneigte Hörer lieber zum neuen, wiederum großartigen Werk der Bostoner Avantgardisten von BENT KNEE greifen sollte. Natürlich alleine wegen Sängerin Courtney Swan, bei der sich selbst das Besingen von Zahnschmerzen intensiver anhört als die nächtlichen Geräusche aus dem Baumhaus von unserem Mick Shark wenn Pilzlieferantin Kaia über Nacht bleibt. By the way, falls Kaia mitliest, in meinem Garten wachsen neuerdings auch Pilze, die mal zu begutachten wären.
´The Sky Is Red´ heißt der letzte Track der regulären Albumversion (das limitierte Media-Book bietet noch einen Bonus-Song und ein MASSIVE ATTACK-Cover). Hochrot anschwellen tut im Longtrack hier nach circa sieben Minuten der Kopf des Patienten, der regungslos auf dem Zahnarztstuhl liegt. Der Bohrer sitzt fest und lässt sich unter Gequietsche nur noch marginal vor und zurück bewegen. Das geht drei Minuten so bis die Narkose nachlässt und der Patient unter operettenhaftem Gejammer aufzuwachen droht. Nach einer weiteren schmerzhaften halben Minute hat der unfähige Chirurg nicht nur den Zahn endgültig erledigt.
Für mich persönlich hat das Hören von LEPROUS mittlerweile unüberwindbare Tücken und es bedürfte extremer Überzeugungsarbeit, damit ich künftig nochmals ein neues Album anfasse. Wenn es unbedingt etwas neueres sein soll, empfehle ich auf das zumindest musikalisch noch interessante ´The Congregation´ zurückzugreifen, besser aber natürlich auf das frühe 9-Punkte-Meisterwerk ´Tall Poppy Syndrome´ oder dessen Nachfolger ´Bilateral´. Jetzt aber erst mal brav die Zähne putzen ihr Kinder.
(weil ich Katzen mag gerade noch knappe 6 Punkte)
Ebenfalls lesenswert:
