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KAYO DOT – Blasphemy

~ 2019 (Prophecy Productions) – Stil: Rock ~


Bereits das 2003er Debüt von KAYO DOT um Mastermind Toby Driver schuf wider den Trend einen sinfonischen Metal ohne Anknüpfungspunkte, weder in fehlenden Wiederholungsschleifen noch im Riff-Gebären. Die lyrischen Auslassungen übernahm von Beginn an ihr Ex-Bandkollege bei MAUDLIN OF THE WELL, Jason Byron.

Der Nachfolger von ´Choirs Of The Eye´ erschien 2006 und war weit kantiger. ´Dowsing Anemone With Copper Tongue´ trieb den unorthodoxen Ansatz auf die Spitze. Vor ´Blue Lambency Downward´ rüttelte es schließlich in der Besetzung und auch musikalisch überraschten KAYO DOT 2008 mit Blasinstrumenten. 2010 widmete Toby Driver das Werk ´Coyote´ seinem verstorbenen Freund Yuko Sueta mit einem größeren Gehalt an Avantgarde und Jazz.

Der Nachfolger ´Gamma Knife´ musste selbstfinanziert werden und komprimierte auf knapp über einer halben Stunde Artrock und Metal. Die Auslotungen der Stilistik gingen in dem 100-minütigen Konzeptwerk ´Hubardo´ auf. Post, Space, Jazz und Metal schauten an jeder Ecke heraus. Nachdem in dieser Richtung alles gewagt war, kam ´Coffins On Io´ 2014 mit Darkwave und Electropop an. Diesen Ansatz bauten sie auf ´Plastic House On Base Of Sky´ voluminöser aus.

 

 

Nun erscheint die Gotteslästerung. KAYO DOT sind auch 2019 nicht willens, irgendeiner Erwartungshaltung zu entsprechen. Jason Byron hat eine Story über Gier und Macht ersonnen. Drei Charaktere sind auf der rastlosen Suche und mittendrin ein Mädchen mit dem Namen Blasphemy.

Obgleich ´Blasphemy´ in seinen Wandelungen des Post und Space und Artrock eine Schlichtheit vorspielt, muss erst einmal die Tiefe durchdrungen werden, widersagen Toby Driver und seine Mitmusiker doch weiterhin gewöhnlichen Songaufbauten. Die Gitarrenklänge finden endlich ihren Hort im hallenden Soundkosmos, der von den Synthesizern ausgefüllt wird. Der Gesang bewegt sich sehr emotional in dieser futuristischen Atmosphäre, kurz vor dem Finale gar als verzerrte Computerstimme und nur einmal zu Beginn in tiefböser Stimmlage. Die Gesamtheit ist hypnotisierend und dramatisch. Unterschwellig versteckt sich in den Soundkaskaden ein Achtzigerjahre Brit Rock. Ansonsten werden Shoegaze, Post Punk, New Wave, Prog und Alternative Rock zusammengeführt.

´Blasphemy´ schimmert aus seiner Aura heraus schlicht und einfach, ohne Widerhaken, aber völlig elegisch. Doch auch diese meisterliche, musikalische Geschichtserzählung setzt sich, wie bei KAYO DOT gewohnt, nach und nach in den Gehirnwindungen fest. Blasphemisch?

(8,5 Punkte)