Livehaftig

BLAZE BAILEY

~ 13. September 2019, Mannheim, 7er Club ~


Der Mann, der hier auf der Außenbühne des 7ers steht und das ordentlich gefüllte Auditorium anfeuert, sieht mit kahl geschorenem Kopf und dem markanten, mittlerweile weißen, Backenbart, ein wenig aus wie der Bootsmann auf der „Bounty“. BLAZE BAILEY wirkt angetan von der Örtlichkeit und von der Stimmung. „Are you ready to destroy, Mannheim?„, lautet die nicht nur rhetorische Frage. Ein volles JA! ertönt aus etwa 150 Mündern und alle Fäuste werden hochgerissen.

Blaze hat schon eine lange und wechselvolle Karriere hinter sich. Während WOLFSBANE nicht so richtig mein Ding waren, finde ich seine Zeit bei IRON MAIDEN mindestens unterbewertet. Gerade ´The X-Factor´ist ein mehr als überzeugendes Album. Leider war Blaze bei den eingefleischten Maiden-Jüngern der ungeliebte Neue. Der endgültige Karriereknick kam mit der Rückkehr von Bruce Dickinson zu den Jungfrauen. Blazes erstes Album danach, ´Silicon Messiah´, floppte trotz aller Klasse. Jetzt aber steht er da oben und räumt so richtig ab.

Die Mischung aus hälftig neuen Songs aus der ´Infinite Entanglement´-Trilogie und zur Hälfte älterem Stoff vor allem von ´Silicon Messiah´ und dem „Besten vom Biest“ kommt homogen. Gänsehautmomente sind mehrfach garantiert. Selbst neue Songs werden von den Anwesenden textsicher mitgesungen. Auffällig oft wird die ganze Bandbreite der Dynamik, von langsam bis schnell, von leise bis laut, voll ausgenutzt.

Voller Leidenschaft und Liebe: die Ansagen. Blaze feiert die Möglichkeit, unter freiem Himmel, unter einem besonders großen Vollmond spielen zu können. Das ist „my own little festival, the Blaze Bailey Fest„. Er erinnert an Momente seiner Karriere, sagt aber auch, dass man nicht sich an der Vergangenheit festhalten sollte. Wir sollen die Gegenwart genießen und positiv in die Zukunft gehen. Und wenn es uns schlecht geht, können wir uns an diesen Abend erinnern, und die Energie, die wir verspüren.

Und sonst so? Drummer Martin Mcnee spielt mit stoischer Ruhe und scheinbar ohne Anstrengung. Von seinem Podest grinst er immer wieder hinunter zu den Airdrummern in der ersten Reihe. Am Bass, Karl Schramm, die Finger wirbeln über das Griffbrett, da könnte Steve Harris schwindelig werden. Federleicht wirkt das Spiel von Chris Appleton an der Klampfe. Seine Soli sind Augen- und Ohrenweide.

Als das Schlagzeug zum Solo ansetzt, denke ich kurz, das muss nicht sein. Jedoch folgt ein kurzweiliges Intermezzo bis nacheinander Bass und Gitarre einsetzen. Nicht langweiliges Getrommel zum Bier holen oder wegbringen, ein Höhepunkt des Abends voller Höhepunkte. Gänsehaut pur, wenn etwa im letzten Song ´The Clansman´ alles einschließlich der Soli von den Zuhörern mitgesungen wird.

Notiz am Rande: vertraglich hat Blaze ausgehandelt, es gibt keine Vorband und der Auftritt ist um 23 Uhr zu Ende, damit er genug Zeit hat, sich um die Fans zu kümmern. Ein „Meet & Greet for free is not a Meet & Greet, it’s a Thank You for the fans„. Er geht erst, wenn der letzte Besucher den Club verlassen hat. Dies kann ich jedoch leider nicht überprüfen, da um 5 Uhr mein Wecker klingeln wird.

Ich habe ihn 1995 mit MAIDEN im Bielefelder PC69 auf der X-Factour sehen können. Das war damals ein starkes Konzert, und auch heute ist es ein sehr starker Abend. Für mich ärgerlich, ihn so lange aus den Augen verloren zu haben.


http://www.blazebayley.net