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RISEN PROPHECY – Voices From The Dust

~ 2019 (Metal On Metal Records) – Stil: Power / Thrash Metal ~


Die ersten beiden Alben der Engländer kenne ich nicht, aber wenn sie auch nur ansatzweise so gut sind wie das 2019er Drittwerk, dann gehören sie mit Fug und Recht auf meine Einkaufsliste. Was sind RISEN PROPHECY überhaupt für welche? Powerthrash wird mit genannt, aber ist das die ganze Wahrheit?

Nach dem Akustikintro geht es erstmal mit Blastbeats unter pfeilschnellem, melodischem Riffing weiter, da blitzt Melodic-Death Metal im 90er Stil durch. Viele mittelschnelle Passagen, hymnische Momente, erhabene Melodien, Geschwindigkeitswechsel, unterschiedliche Taktfolgen und eine mystische Atmosphäre drängen die CD eher in die Epic Metal Ecke, wobei immer wieder harte, knallige Thrashriffs und wütend schimpfende Vocals die Szenerie betreten.

RISEN PROPHECY sind kein schlichter Feel-Good-Rock’n’Roll, denn sie malen Klanggemälde von unaussprechlicher Tiefe und Farbenpracht. Melancholie steht neben lebensfrohem Frohlocken, rohe Wucht neben prächtiger Melodik. Power Metal ist dabei, klassischer Heavy Metal, hier und da Thrash, Doom, progressiver, verspielter Metal. Die Mischung verlangt vom Hörer Aufmerksamkeit, dann aber entfalten die Zutaten als Einheit ihre volle Wirkung.

RISEN PROPHECY erzählen hier eine Geschichte von epischen Ausmaßen. Und sie wissen stets, wie sie die verschiedenen Aspekte ihrer Songs der Atmosphäre dienlich einsetzen und dabei dem jeweiligen Stück noch die notwendigen Hooks verpassen, mit denen er sich in der Seele des wie ferngesteuert headbangenden Maniacs festsetzt. Nach und nach bleiben die nicht uneingängigen Parts als Ganzes im kollektiven Metallergedächtnis kleben. Irgendwo zwischen 1987 und 1993 liegen die Wurzeln und Einflüsse dieser Band. Metal in seiner reinsten Form ist das alles. Einige pompös düstere Parts mit rasendem Drumming unter schleppenden Gitarren haben etwas von der verschrobenen Stimmung auf MORBID ANGELs ´Blessed Are The Sick´, wieder andere sind mit ihren schrubbenden Gitarren, welche versiert packende Riffs sägen klassischer Ami-Thrash. Im mittelschnellen Bereich haben RISEN PROPHECY sogar tanzbare Momente, die einen schönen Pogo ermöglichen. Auch hier ist die infernalische, bis zum Bersten aufgeladene Atmosphäre dem Thrash Metal zuzuschreiben. Wären dann nur nicht die erhabenen Chöre und vielstimmigen Refrains mit ihrem sakralen Pomp, die einem in die Thrashlaune hineingrätschen. Diese Band macht es mir nicht leicht und das ist auch gut so. Alles was sie spielen, ist von klassischer Natur. Aber die Darbietung hat eine erfrischende Art, der Sänger singt, schimpft, erzählt, beschwört mit einem sehr theatralischen Ausdruck. Er ist charismatisch und fordernd. Der Klang des Albums ist sehr natürlich, die Songs fühlen sich wirklich gespielt an. Als wäre man direkt bei der Aufführung dieses höllischen Theaterstückes dabei. Und bei aller Erhabenheit, funktioniert das hier sowohl auf großer Bühne mit entsprechender Show, als auch in kleinem Kellerclub. Und sie machen auch keinen Halt vor einer Halbballade mit unterkühlten, aufs Wesentliche reduzierten Strophen, die schon fast an knorrige nordische Musik wie WARDRUNA erinnern, dann aber im Refrain und im C-Part von bombastischen Refrains unterlegt mit herrlich melodischem Metal kontrastiert werden.

Spannend, mitreißend, eindringlich geben sich RISEN PROPHECY hier. Sind Briten, kombinieren US Thrash mit nordischem Epic Power – und Doommetal, als wäre es nie anders gewesen. Und ihre Musik ist machtvoll. Die wilden metallischen Momente tragen Dich in die zerklüfteten Bergregionen der Nordlande, wo heftige Schlachten stattfinden. Die ruhigen Parts lassen Dich an magischen Plätzen innehalten und den Kraftstrom spüren und die bombastischen, melodischen Momente bringen Dich direkt an die Tafeln der königlichen Höfe, wo im Kreise der größten Helden und treuesten Gefährten der Sieg in den Schlachten gefeiert wird. Ja, das Album hat etwas von einem modernen Märchenepos, aber genau dafür ist dieses musikalische Bühnenspiel auch gedacht. Die bunten Kostüme müsst Ihr Euch denken, die Jungs hier tragen Jeans und Leder, wie es sich für eine Heavy Metal-Band gehört. Macht Euch auf die Socken, bestellt Euch die Platte beim Händler Eures Vertrauens und genießt die wunderbare Musik. Metal On Metal haben wieder ein allerbestes Händchen bewiesen.

(9 Punkte)