PlattenkritikenPressfrisch

MANNEQUIN PUSSY – Patience

~ 2019 (Epitaph Records) – Stil: Punk/Indie Rock ~


Brett Gurewitz und das ewige Punk-Rock-Erbe. Eine Love Story. Eine Erfolgsgeschichte ohnegleichen. Nach den großen Hits seiner Hausband BAD RELIGION, und vor allem von OFFSPRING in den 90ern, hatte sich das musikalische Spektrum von „Epitaph Records“  ja zum Glück zudem stetig erweitert. Teilweise sogar auch ganz weit weg vom gewohnt poppigen Ohrwurmcharakter der frühen Labelvertreter, wobei speziell mit Signings wie DILLINGER ESCAPE PLAN, CONVERGE oder PARKWAY DRIVE mal so richtig harte Kante bewiesen wurde.

MANNEQUIN PUSSY aus Philadelphia wirken dagegen wie eine aus dem Schlaf geküsste, alte Liebe. Butterweich. Zuckersüß. Straight ahead. Teilweise aber auch mit dem obligatorischen Rotz, den man im „Epitaph“-Universum schließlich auch keineswegs missen möchte. Auf seinem dritten, und gleichzeitigen Debütalbum für das kalifornische Musikunternehmen, bewegt sich das Quartett jedoch erstmals weg von seinen einminütigen Krachern. Der Sound ist eingängiger, deutlich melancholischer und auch wesentlich vielschichtiger geraten als auf den beiden Vorgängern. Die 20-Minuten-Marke ist endlich geknackt. Die MUNCIE GIRLS, manchmal sogar GARBAGE lassen grüßen.

„I was climbing into bed and pretended to sleep / Your hands wrap around me and I silently weep“, singt Front-Girl Marisa Dabice etwa auf ´Fear/+/Desire´. Die textlichen Themen sind überwiegend sehr persönlich und behandeln Vergewaltigung, Liebe und Hass. Nur selten schreit Dabice dabei ihre Gefühle heraus, wie etwa auf dem knapp halbminütigen ´Clams,´ oder den mitreißenden Punk Rockern ´F.U.C.A.W.´ oder ´Drunk I´. Da erwacht ihre frühere Zuneigung zu angepisstem Post-HC und fetzigem Indie Punk ganz augenscheinlich, was bei den ansonsten hochmelodischen Pop-Tunes zudem einen schönen Kontrast bildet.

Produziert hat übrigens einmal mehr Will Yip, der sich in den letzten Jahren vor allem durch seine Zusammenarbeit mit DEAFEATER, CODE ORANGE und BOUNCING SOULS einen Namen machte.

Tja, wenn eben nur alle Mannequins einen solchen Drive und ein derartiges Chuzpe aufzuweisen hätten. In Pennsylvania jedenfalls brettern sie am liebsten über den Laufsteg – und das teilweise ganz gehörig.

(7,5 Punkte)