Livehaftig

SKA-P, SONDASCHULE, MAL ÉLEVÉ

~ 1. Juni 2019, Zeltfestival, Mannheim ~


Im Zuge des Maifeld-Derby, das seit einigen Jahren auf dem Maimarktgelände in Mannheim stattfindet, und vor allem alternativen Rockklängen gewidmet ist, wird seit 2016 das Gelände und das Zirkuszelt unter dem Namen Zeltfestival Rhein-Neckar für weitere Konzerte genutzt. An mehreren Abenden dürfen 2019 Acts wie NENA, STATUS QUO oder POWERWOLF das Zelt bespielen.

Ein Abend steht ganz im Zeichen des Off-Beat. Vier Bands, die das weite Feld zwischen Reggae, Ska, Dancehall und sogar Punk beackern, tatsächlich finden sich auch eine ganze Menge Metaller auf dem Maimarktgelände ein. Die Eröffnung am frühen Nachmittag muß ich leider auslassen, da ich doch erst einmal von der Arbeit nach Hause muß. Also ist der Auftritt der Niederländer JAYA THE CAT schon durch, als wir den Ort des Geschehens erreichen.

Auf der Bühne steht da schon mit MAL ÉLEVÉ ein Teil der Heidelberger IRIE RÉVOLTÉS. Als sich diese 2017 auflösten, machte sich der Sänger als Solist selbstständig. Musikalisch führt er den Weg fort, der schon im Bandkontext vorgegeben war, eine Mixtur aus lateinamerikanischen, karibischen und afrikanischen Einflüssen. Das verleitet schon zum Tanzen und Springen, was im Zelt auch ausiebig getan wird. Mitsingen wird mir persönlich eher verleidet, die Texte sind mir allerdings persönlich zu plakativ. Ich bin jemand, der mit Parolenbrüllerei der Marke ´Alerta Antifascista´ eher wenig anfangen kann.

Da sind SONDASCHULE eine ganz andere Welt. Ich persönlich hatte sie nicht recht auf meinem Zettel, umso mehr Spaß macht der Mix aus Punk und Ska. Zwar ist nur ein Posaunist dabei, der sorgt aber schon für ein ordentliches Gebläse. Klar stehen die Sonderschüler aus dem Ruhrgebiet auch weit links, tragen ihre Weltsicht aber nicht so plakativ vor sich her, sondern verstecken sie auch mal hinter Ironie und Albernheit. Mit ´Amsterdam´ werden dann auch ein paar ruhige Töne eingestreut, um die Menge nicht vollends auszupowern. Höhepunkt auf alle Fälle ist ´Dumm Aber Glücklich´, das schon von der Meute gesungen wird, ehe die Band fertig ist mit ihrer Ansage. Und dann singt und hüpft das ganze Zelt bis in die letzten Reihen.

Die Umbaupause nutzen alle, um noch einmal Atem zu holen an diesem ersten wirklich heißen Tag des Jahres. Die Durchlüftung der Arena läßt auch eher zu wünschen übrig. Also ist reichlich Platz, um sich endlich bis an die Bühne vorzuarbeiten. Die ersten drei, vier Reihen sind fast ausschließlich in spanischer Hand. Leider ist mit Beginn der Show mit ´Poder Pa’l Pueblo´ die Stimmung hier vorn mehr als aggressiv. Bei Metalkonzerten geht es auch schon mal rund, aber dort habe ich nie erlebt, dass Kinder und Frauen mit Absicht aus dem Publikum gerempelt werden. Dort wird schon Rücksicht genommen, hier und heute nicht. Also treten wir die Flucht nach weiter hinten an.

Diese Gedanken lenken von der Musik ab. Auch SKA-P haben recht plakative Texte, da aber auf spanisch ist das nicht so störend. Und wer mit so viel Spaß die Welt verbessern will…denn der steht musikalisch an erster Stelle. Die neun Leute auf der Bühne um Sänger und Gitarrist Pulpul machen einen Heidenspaß, selbst in den hinteren Reihen. Videoeinspieler und Kostümierungen zeigen, welche Themen in Songs wie ´Cannabis´, ´Crimen Sollicitationis´oder ´Nino Soldado´ angesprochen werden. Kogote am Keyboard hat offensichtlich die musikalische Leitung. Immer wieder ist zu beobachten, wie er die Band dirigiert und Einsätze gibt. Sänger Pulpul gibt den Einheizer, Pipi, der zweite Sänger sorgt für die Showeinlagen in Uniform oder als Stierkämpfer. Die Bläser sorgen für den richtigen Druck und den fetten Sound. Man sollte nicht meinen, wieviel Bewegungsdrang die geschätzten knapp 200 kg des Trompeters Txikitin haben. Dass er am Ende seinen Kilt lüftet, ist nur konsequent. Bis hin zu den zwei Zugaben ´A La Mierda´ und ´El Vals Del Obrero´ wird geheizt, als ob es kein Morgen gibt. Und die geschätzt 3.000 Leute im Zelt ziehen mit, bis nach knapp zwei Stunden das Licht angeht.

Aus Lärmschutzgründen ist es gerade erst kurz nach zehn, als sich alle nach Hause begeben. Musikalisch war das ein richtig fetter Abend. Vor allem SONDASCHULE haben geschafft, mich zu überzeugen. Dass mir die Spanier SKA-P mehr als nur Spass machen, war im Vorfeld klar.