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DOOL – Love Like Blood (EP)

~ 2019 (Prophecy Productions) – Stil: Doom Rock ~


Man hört und liest es überall, die Zahl der Singles nimmt der Statistik nach immer weiter zu, und wieso sollte dieser Trend an Streetclip vorbeigehen?

Spaß beiseite, momentan kommen immer wieder nicht uninteressante EPs und Singles herein, auf die man mehr als nur einen kurzen Blick werfen sollte, und auf DOOLs neuesten 10“- Output trifft dies auf jeden Fall zu. ´A Love Like Blood´ – ein Kultsong nicht nur für KILLING JOKE-Fans, sondern einer ganzen Generation, das sind ganz schön große Fußstapfen, in die die Niederländerinnen da treten. Doch dass sie sie problemlos ausfüllen, das durften ihre Fans ja schon eine Weile regelmäßig live erleben. DOOL ist eine Band, die je nach eigener Stimmung ein und dieselben Song mit voller Wucht oder auch ganz zart dosiert spielen können, tendieren live jedoch meist zur Hochenergie. Daher kannte ich ´A Love Like Blood´ von ihnen bisher mit mächtig Power, die Studioversion ist jedoch von ganz anderem Charakter.

Für Jaz Coleman, den Sänger von KILLING JOKE, ist dieser Song sein Bekenntnis zu einem künstlerischen Arbeits-, nein, sogar Lebensethos als Krieger, der für seine Kunst nicht nur lebt, sondern metaphorisch gesprochen auch sein Blut dafür zu vergiessen imstande und willens ist: „To freedom with blood, if you like“. Jeden Tag leben, als ob es der letzte wäre, immer alles geben, bevor es zu spät ist: „Strength and beauty destined to decay, So cut the rose in full bloom“. Das Cover, so deutlich wie vieldeutig angelehnt an Sam Mendes‘ „American Beauty“, wurde bereits für den Übersee-Markt zensiert, ich finde die ältere Schönheit auf ihrem Bett aus Rosen, so wie wir sie glücklicherweise in all ihrer Pracht und Verletzlichkeit sehen können, einfach wunderbar.

Musikalisch nähern sich die Rotterdamer dem grössten Charthit der Briten mit viel Respekt, und drehen das poppige Tempo zuerst einmal deutlich herunter. Eine 45er Single auf 33 rpm gespielt, Wandern statt Aerobics, Kontemplation statt Dancefloor, wenn man so will. Carpe Diem statt „burn the candle at both ends“? Oder doch die Verbindung beider Extreme?

Damit legen sie auf jeden Fall eine nachdenkliche, melancholische, vor allem aber extrem sinnliche Ebene frei, die zuvor so nicht wahrnehmbar war, jedoch untrennbar zu DOOL gehört, und vor allem perfekt als Gegengewicht in unsere hektische Zeit passt. Leidenschaft ist eben nicht nur die Hitze des Gefechts, sondern noch viel mehr der Genuß der herausgezögerten Erfüllung. Auch wenn eisenharte KILLING JOKE-Fans lieber beim Original bleiben – die bessere Schlafzimmermusik liefern eindeutig die Niederländer.

Die Rückseite bietet mit ´She Goat´ und ´In Her Darkest Hour´ zwei Bandklassiker, aufgezeichnet beim Rock Hard Festival 2018, die meinen Wunsch nach einem kompletten Konzertmitschnitt dieser überragenden Liveband weiter befeuert – auch wenn ich sie schon viel intensiver als auf gerade dieser Aufnahme erlebt habe. Trotzdem, vor allem wäre jetzt mal dringend ein Nachfolger von ´Here Now, There Then´ angesagt, wir warten sehnsüchtigst darauf!

(Ohne Wertung)