Livehaftig

DELTA METAL MEETING 2019

~ 13. April 2019, Connexion Complex, Mannheim ~


Die zweite Ausgabe des DMM war musikalisch gesehen wie ein wilder Blumenstrauß. Viel Abwechslung, große stilistische Breite. Und gerade das hat dieses Jahr den Charme des Festivals ausgemacht, das mit dem Connexion Complex einen geradezu perfekten Ort für seine Mission gefunden hat.

Noch ist nicht alles perfekt, aber man ist auf dem richtigen Weg, sich zu einem souverän organisierten Indoor-Festival zu entwickeln. Der kleine Metalmarkt ist eine gute Ergänzung zum musikalischen Geschehen. Der Außenbereich ist eine Wohltat, um frische Luft zu tanken. Die Getränkepreise sind ok. Einzig die Nahrungssituation ist noch ausbaufähig und wird laut Veranstalter nächstes Jahr deutlich verbessert.

 

Die schwedischen AIR RAID eröffnen das Festival minutengenau an diesem späten Nachmittag. Die jungen Wilden gehören zur ersten Garde ihres Genres und lassen auch nichts anbrennen. Zielgerichtet und effizient ballen sie ihren schnellen Heavy Metal, inklusive hohem Retrofaktor, locker aus der Hüfte.

 

Einzig der Sound ist zu matschig und wenig transparent, was schade ist. Lebt doch der AIR RAID-Sound von schnittigen Riffs und einem old schooligen Gesang, der hier etwas untergeht und auch einiges an der generellen Power der Songs eliminiert. Der Anheizerposition wird man mehr als gerecht, wie man an der sehr guten Reaktion des Publikums erkennen kann.

 

ARION, die gerade mit BATTLE BEAST auf Tour sind, entern die Bühne voller Elan und feuern gleich aus allen Rohren. Die junge Truppe um Sänger Lassi Vääränen ist wild entschlossen den guten Einstand von AIR RAID zu toppen. Das schnelle Material mit hoher Melodiedichte kommt exzellent an.

ARION werden euphorisch abgefeiert, was die Jungs enorm anspornt. Aktionsreiches Stageacting, klassische Ansage, gute Songauswahl – den Finnen kann man bescheinigen, ein gutes Gespür für ihr Publikum zu haben. Befremdlich sind eher die Bandeinspielungen der weiblichen Stimmen wie bei `At The Break Of Dawn`. Das ändert allerdings nichts an den Reaktionen des Publikums, die die Finnen massiv abfeiern.

 

Die JUDAS PRIEST des Untergrund, RAM, sind über alle Zweifel erhaben. Wie eine Dampframme hinterlässt man mit seinen Songs eine Schneise der Verwüstung. Leder, heavy Riffs, Fist-in-the-Air-Attitüde und krachende Härte verbinden sich zu einem explosiven Gemisch. Wo ARION Filigranität walten ließen, AIR RAID mit jugendlichem Spielwitz überzeugten, blasen RAM diese Aspekte mit grober Power und mörderischen Riffs weg.

Headbangen bis der Nacken schmerzt heißt es jetzt. Ansagen sind weitgehend unnötig – die Jungs liefern Song auf Song. RAM ackern kompromisslos und machen dem Begriff Heavy Metal alle Ehre. Sänger Oscar Carlquist ist auf der Bühne der Rob Halford des Untergrunds und er weiß, wie er die Leute mitnehmen kann auf dem Höllentrip durch RAMs hymnisch-harte musikalische Welt.

RAM ist pure Energie, purer Metal ohne Anzeichen kommerzieller Aufweichung. Songs und Sound eher für die Puristen, sind sie die bisher metallischste Band des Billings und werden es auch bis zum Ende der Veranstaltung bleiben. Ihre Mission, die Nacken zu knacken, haben sie erfüllt.

 

Für viele hat das Ruhrpott-Trio DOUBLE CRUSH SYNDROME nur ein Gesicht: Andy Brings (ex-SODOM). Der quirlige Rock`n`Roll Entertainer liefert musikalisch den wohl ausgefallensten Stil des Festivals mit seiner Truppe. Der Mix aus Punk, Rock`n`Roll und Metal hebt das Stimmungsbarometer gleich um ein paar Meter an und die weibliche Fandichte vor der Bühne ist nicht zu übersehen. Brings wäre nicht Brings wenn er nur mit Mucke überzeugen wollte.

Seine Sprüche sind legendär. An diesem Abend wird sich folgende Aussage manifestieren: „Endlich mal nicht so ne Muschiband wie die andern“. Weitere Sprüche wie „Ich bin sehr dumm und sehr alt“ oder „Zwölf Minuten, das sind sechs Songs“ sowie „ ´Nen Song den wir bei AVANTASIA aus der Mülltonne geklaut haben“, sind selbstredend für den selbstironischen Auftritt von DCS.  `We Die For Rock`n`Roll`, die Bandhymne und das Motto des Auftritts, trifft voll ins Schwarze.

Bei der „Zugabe“ setzt sich Brings ans Drumkit und man rumpelt `Breaking The Law` von JUDAS PRIEST runter.  Um im Slang von Brings zu bleiben: „Das war ein geiler Auftritt und wir haben das Publikum gefickt“… Immer wieder der Herr.

 

Nach Fun und lockerem Entertainment wird es wieder Ernst. VICIOUS RUMORS stehen auf der Bühne und mit ihnen mal wieder ein neuer Sänger: Nick Courtney. Und der Typ macht einen super Job, dass muss man sagen. Stimmlich sehr variabel, optisch ein richtiger Typ, der was hermacht.

Man steigt mit einem Bandklassiker ein: `Digital Dictator`. Allerdings wird dieser viel zu schnell runtergeprügelt und der Sound ist eine einzige Katastrophe. Glücklicherweise wird dies schnell besser, während sich die Amis in rasendem Tempo durch ihre Spielzeit thrashen. Gerade dieses enorme Tempo macht die Sache etwas eintönig und nicht selten muss man die Songs raten. Technisch gesehen ist die Sache ok. Bei einem Backkatalog wie ihn VICIOUS RUMORS haben, kann man immer über die Setlist streiten. So auch hier.

Erwähnenswert ist zumindest `Soldiers Of The Night` sowie `Murderball`. Dass die Band regelmäßig in deutschen Gefilden spielt, weiß man ja, dennoch werden die Amis überraschend lautstark abgefeiert. Gefühlt haben Gitarrist Geoff Thorpe und seine Jungs, ausgehend vom Publikum, die Höchstpunktzahl eingefahren.

 

BATTLE BEAST gehören aktuell zu den umstrittensten Bands, gerade mit ihrem aktuellen Album `No More Hollywood Endings`, das sich fast schon in rockig-poppige Gefilde bewegt, hat man die Fangemeinde gespalten.  Es ist also nicht ganz klar, was man von diesem Auftritt erwarten kann. Aber am Ende des Abends muss man der Band um Frontfrau Noora Louhimo einen schweißtreibenden, überzeugenden Headliner-Auftritt attestieren, der so gar nicht zum aktuellen Album passen will.

Noora Louhimo, in einem Fantasy-Film-ähnlichen Elfenoutfit, welches sofort Parallelen zu einer Walküre weckt, die den Mittelpunkt des Geschehens darstellt, ist stimmlich gut dabei. Bewegungsarmut sieht zudem anders auch. Man zieht von Beginn an ein ziemlich strammes Programm durch. Mehrheitlich gibt man massiv Gas und dementsprechend ist die Setlist auf die eher schnellen Songs ausgelegt. Zwischendrin baut man vom aktuellen Album immer mal wieder einen ruhigeren Song ein, um den Fans die Möglichkeit zu geben, Luft zu holen.

Der Unterhaltungseffekt ist groß, BATTLE BEAST wissen, wie man die Fans beglückt. Dass RAM-Fans sich in die hinteren Reihen zurückziehen, ist verständlich, dafür tobt vorne der Fannachwuchs. Der Zugabenblock aus `No More Hollywood Endings`, `King For A Day` sowie `Beyond The Burning Skies` reißt die Fans noch einmal nach diesem langen Tag hoch. Der 17-Song Set hatte zwar 3-4 unnötige Stücke drin, aber im großen und ganzen hat die Band ein durchweg hohes Tempo vorlegt. Den Fans hat es gefallen, die Band war zufrieden – ein guter Abschluss für das zweite Delta Metal Meeting.


(all Photos: Jürgen Tschamler)