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CALMA – Black Jesus And White Lines

~ 2019 (Label: Kozmik Artifactz) – Stil: Stoner Rock ~


Der Hamburger Vierling scheint etwas schüchtern und/oder auf den Erhalt der Privatsphäre aus zu sein, denn die Informationen über die Band sind wahrlich spärlich gesät. Zumindest ihre Vornamen (Alex, Mat, Stefan und Costa) und die Tatsache, dass einige von ihnen ursprünglich auch aus Kiel und Bimöhlen stammen, kann eruiert werden.

Beim Label der im Jahr 2011 gegründeten Band handelt es sich immerhin um KOZMIK ARTIFACTZ aus Mölln, was bereits die grobe Richtung der Musik andeutet und auch ein Mindestmaß an musikalischer und (presstechnischer) Qualität garantiert. Und tatsächlich spielen CALMA Stoner Rock mit einer ordentlichen Prise Doom und psychedelischer Schlagseite.

Der Slogan der Band „CALMA – Die Ruhe und der Sturm“ soll wohl darauf hindeuten, dass die Band beides beherrscht. Ersteres kommt bereits im Bandnamen CALMA zum Ausdruck, denn CALMA bedeutet aus dem Spanischen übersetzt Ruhe, aber auch Flaute, was ja der Gegenpart zum Sturm ist. Und auf das stürmische Element soll sich CALMA ebenfalls verstehen, da ihr Sound laut Aussage der Band aus „elefantigen Gitarren und walschwerem Bass, nach vorne geprügelt von Trommeln aus der Tiefe“ besteht. Wenn dann auch noch beim Namedropping zur Beschreibung des Sounds SOUNDGARDEN, MONSTER MAGNET, CATHEDRAL und DANZIG Erwähnung finden, dann ziehe ich vor dieser Band meinen Hut, denn an Selbstbewusstsein mangelt es ihr sicherlich nicht. Hier werden nämlich bereits im Vorfeld ganz schöne Erwartungen geweckt und die Meßlatte mächtig hoch gelegt. Jugendlicher Leichtsinn? Wohl eher nicht, denn obwohl es sich bei `Black Jesus And White Lines´ um ihr Debüt handelt, sind die vier Bandmitglieder alles andere als junge Schnösel. Wie man dem Bandfoto entnehmen kann, handelt es sich bei ihnen eher um gestandene norddeutsche Jungs, bei denen man eine Menge Lebenserfahrung und somit auch eine gehörige Portion Ruhe und Gelassenheit vermuten kann.

 

 

Nachdem ich `Black Jesus And White Lines´ nun fünf volle Durchläufe spendiert habe, muss ich aber leider konstatieren, dass die durch das Namedropping geweckten hohen Erwartungen zumindest bei mir nicht ganz erfüllt werden können. Natürlich erinnert jede dem Stoner-/Desertrock zugeneigte Band mit ihren Riffs und Melodien an die Urväter KYUSS oder an die oben zitierten MONSTER MAGNET. Das gleiche gilt für Alternative/Grunge in Bezug auf SOUNDGARDEN und ALICE IN CHAINS und bei doomigen Passagen sind es eben BLACK SABBATH, oder wie in diesem Fall CATHEDRAL. Aber reicht das? Mir fehlt bei den Songs irgendwie der letzte Funken Esprit. Zwar unterscheiden sich die Stücke untereinander durchaus, denn ein doomig konstruiertes Stück wie `Slave´ ist nur bedingt mit der grungigen Ausrichtung von `Go Ahead´ oder dem mit Alternative-Melodien versehenen `Eyes´ vergleichbar und `Burning Sky´ erinnert mich mit seinem hypnotischen Riff und der verzerrten Gitarre stellenweise stark an `The End´ von THE DOORS, aber innerhalb der Songs passiert mir dann doch zu wenig. Es baut sich kein Spannungsbogen auf und es gibt kaum Überraschungseffekte. Eingestreute Soundsamples und ein paar Tempowechsel reichen da nicht aus.

`Black Jesus And White Lines´ enthält bei einer normalen Albumspielzeit von knapp 43 Minuten lediglich sechs Stücke, was im Schnitt eine Spielzeit von über sieben Minuten pro Stück ergibt. Und genau hier liegt meiner Ansicht nach das Hauptproblem des Albums. Nicht falsch verstehen, ich habe nichts gegen lange Stücke und bin auch kein Freund von Stücken englischer Schrammelbands mit einer Laufzeit von unter 2 1/2 Minuten, aber es muss in den Stücken eben auch etwas passieren und das was hier passiert, ist mir einfach ein bisschen zu wenig. Jedes Lied für sich hat seine Momente, für die vor allem die durchaus hörenswerten Gitarrensoli und der in der Tat zumeist knackige Bass sorgen. Beide Instrumente sind in der Lage, Akzente zu setzen, auch wenn ich deren Klang nicht wirklich pauschal mit den Adjektiven „elefantig“ und „walschwer“ umschreiben würde. Das hat es alles schon schwerer und düsterer gegeben. Apropos „düster“: das wäre ein Adjektiv, mit dem man durchaus die Musik von DANZIG umschreiben könnte, was aber bestimmt nicht für die Musik von CALMA in Summe zutrifft. Deren Musik würde ich eher irgendwo zwischen HOUSE OF BROKEN PROMISSES, MONOLITH, UFOMAMMUT, SOMALI YACHT CLUB und ALL THEM WITCHES verorten. Man sieht also, ein sehr weites Feld und das ist wohl auch die Absicht der Band. Allerdings ist CALMA weder in der Lage, die Schwere von UFOMAMMUT noch die Leichtigkeit von ALL THEM WITCHES zu vermitteln und über deren Überraschungsmomente, von Innovationsfähigkeit will ich gar nicht reden, zu verfügen. Zum Thema Leichtigkeit: die lässt leider auch Sänger Mat (ich vermute Matthias) vermissen, der bei so einigen Gesangspassagen einen sehr angestrengten Eindruck hinterlässt.

Zum Abschluss noch ein Wort zum Schlagzeugsound. Keine Ahnung ob es an meinen mp3-Dateien (etwas anderes liegt mir leider nicht vor) gelegen hat, aber die Trommeln kommen wirklich „aus der Tiefe“, zumindest aus der Tiefe des Hinterhofs, von wo sie verständlicherweise nur hohl und blechern an das Ohr des Zuhörers gelangen können. Ich hoffe, dass dies bei der speziellen Vinylabmischung, die Platten von KOZMIK ARTIFACTZ immer bekommen, anders sein wird. (Gleiches erhoffe ich für die CD-Käufer natürlich auch im Falle der CD.)

Summa summarum nicht ganz schlecht, aber vermutlich auch nicht gut genug, um mit der Unmenge an Veröffentlichungen, die in diesem Segment das Licht der Welt erblicken und von denen es auch immer wieder einige erstklassige gibt, wirklich mithalten zu können. Ich wünsche den Jungs alles Gute und vielleicht beherzigen sie ja für ihr nächstes Album ein oder zwei der oben gegebenen Ratschläge, denn wie heißt es so schön: „Es ist (zumeist) noch kein Meister vom Himmel gefallen!“

(7 Punkte)