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STEEL PROPHET – The God Machine

~ 2019 (Rock of Angels/Soulfood) – Stil: Heavy Metal ~


Die Gruppe, die sich einst STEEL PROPHET nannte, aber 2019 nicht mehr STEEL PROPHET ist, veröffentlicht in diesen Tagen, fünf Jahre nach ´Omniscient´ das neunte, die Diskografie schwer belastende Werk ´The God Machine´.

Sänger Rick Mythiasin ist leider nicht mehr in der Formation anzutreffen. Stattdessen hat Gitarrist Steve Kachinsky einen kleinen Coup gelandet. R.D. Liapakis, bekannt von MYSTIC PROPHECY, steht seit neustem der Gruppe vor. Ein Sängerwechsel ist natürlich kein Weltuntergang, diesen haben die meisten Bands mehr oder weniger erfolgreich überlebt, aber ein Stilwechsel ist hingegen äußerst gefährlich. Beides zusammen setzt den allerbesten Ruf einer Band aufs Spiel. Beides zusammen überleben die wenigsten.

Denn wir erinnern uns: STEEL PROPHET sind die legendäre Formation, die bereits mit ihren Demos Geschichte geschrieben hat. Doch erst eine halbe Dekade später erschien mit ´The Goddess Principle´ im Jahre 1995 das Debüt. Zwischen 1999 und 2001 legten sie drei sensationelle Alben in Folge auf. Die gelb-grün-braune Phase – ´Dark Hallucinations´, ´Messiah´ und ´Book Of The Dead´ – ist Legende. Anschließend folgte der bis heute andauernde Fall aus überirdischen Höhen.

Um diesem Trend entgegen zu wirken, hätte es mehr als eines Befreiungsschlages bedurft. ´The God Machine´ ist es nicht geworden. Bei ´The God Machine´ handelt es sich, um allen Missverständnissen vorzubeugen, mitnichten um verlorene Demos aus 1978, denn so klingt die Mehrzahl der Songs, stilistisch, nicht vom Sound. Die Produktion ist fett. Die Lieder klingen jedoch nicht nach STEEL PROPHET. Der Titelsong ballert ordentlich, jedoch eher im Stil von JUDAS PRIEST, respektive PRIMAL FEAR aus den bereitgestellten Boxen. Allein ´Thrashed Relentlessly´ gönnt sich eine gesanglich himmlische Steigerung, die extraordinär heraussticht. Selbst der finale Schuss ´Life = Love = God Machine´ bleibt noch etwas auf der frühen US Metal-Spur. Grundsätzlich klingt das Werk aber – nicht aufgrund des Sängers – kaum nach US-amerikanischem Metal. Der raue Gesang von ´Soulhunter´ trägt gleichwohl die Musik zum bluesigen Hardrock, in ´Dark Mask / Between Love And Hate´ erwartet jeder, dass plötzlich David Coverdale um die Ecke kommt. Bei ´Buried And Broken´ ist weiterhin kein WHITESNAKE auf dem Cover-Artwork zu lesen. Der Rhythmus von ´Damnation Calling´ trägt zwar einen DIO-Spirit in sich, ist aber von seinen voluminösen Background-Shouts purer Hard de Rock. Und das bombastisch geshoutete ´Fight, Kill´ kann gerne dem bereits untergegangen Schiff MANOWAR überlassen werden. Außer man will ebenfalls den Heldentod sterben.

´The God Machine´ wird dasselbe Schicksal erleiden wie CELTIC FROSTs ´Cold Lake´, MEGADETHs ´Risk´, JUDAS PRIESTs ´Jugulator´, IRON MAIDENs ´The X Factor´  oder CRIMSON GLORYs ´Strange And Beautiful´. Gerade CRIMSON GLORYs Drittwerk hat die Anhängerschaft ähnlich polarisiert und verschreckt. STEEL PROPHET versinken zwar nicht im Glam und klingen auch nicht plötzlich nach LED ZEPPELIN, müssen jedoch innerhalb des Stilwechsels den Anhängern obendrein einen neuen Sänger schmackhaft machen, der für diese Musik nicht die stählerne US Metal-Ausbildung mitbringt.

Normalerweise könnten unter dem Werk locker 7 bis 8 Punkte stehen, aber da auf dem Album STEEL PROPHET prangt, aber kein STEEL PROPHET drin ist, kann nur diese Vortäuschung falscher Tatsachen beurteilt werden. Das sind weder meine noch eure STEEL PROPHET.

(3 Punkte)

Michael Haifl

 

 

STEEL PROPHET waren mal eine Zeitlang die beste Metal Band der Welt! Natürlich eigentlich den 80ern entsprungen kamen die offiziellen Alben erst ab 1995 zur Veröffentlichung. Bis einschließlich ´Book Of The Dead´ in 2001 sprechen wir in dieser kurzen Phase von fünf Alben der allerhöchsten Kategorie. Keine andere Band konnte in diesem Zeitraum in dieser Breite standhalten. Der Stil zwischen IRON MAIDEN, AGENT STEEL und den ganz alten aber einfacheren FATES WARNING wurde maßgeblich von Übersänger Rick Mythiasin und den grandiosen dunklen Gitarrenriffs, die manchmal gar schwarzmetallische Züge annahmen, geprägt.

Ein Genuss, sich gerade mal wieder das alles inklusive des ´Inner Ascendance´ Demos zu Gemüte geführt zu haben. Keine Chance also heutzutage nur annähernd an diesem Niveau kratzen zu können, zumal ohne Rick, der nach dem 2014er Comeback ´Omniscient´ wiederum draußen ist. Die Vertretung des „Messiahs“ auf diesem Album übernimmt R.D. Liapakis (MYSTIC PROPHECY), was bei ordentlicher Leistung doch einen nicht unerheblichen Stilbruch mit anderer Stimmfärbung bedeutet. Dagegen scheint mir die Band um Mastermind Steve Kachinsky gegenüber 2014 bessere Songs aus der Hüfte geschossen zu haben (das aber ohne Praxistest rein aus der flüchtigen Erinnerung mal so behauptet).

Los geht es heuer passend zum martialischen Coverartwork recht heavy mit den beiden Brechern ´The God Machine´ (klasse Bridges) und ´Crucify´, denen aber beiden das leichte Manko anhaftet, dass der eigentliche Refrain etwas zu plump ist (Überbetonung der Titelphrase, zu häufige Wiederholung). Songwriterisch deutlich wertvoller ist dann ´Thrashed Relentlessly´ das wunderbar zeigt was einen grandiosen von einem guten Song unterscheidet, nämlich Aufbau, Aufbau und nochmals Aufbau. Eine Steigerung folgt der nächsten, schon lange vor dem großartigen Refrain.

Die beiden folgenden Songs finde ich dann nicht ganz so spannend, wenngleich das stampfende ´Damnation Calling´ sicherlich seine Freunde finden wird. Bei ´Soulhunter´ bin ich dann aber selbst wieder mittendrin, allen voran in den großartigen Instrumentalpassagen. Auch der Refrain ist stark, selbst wenn er das Titelwort vorweg schickt. Wir befinden uns in der stärksten Phase der Platte. Denn das zunächst balladeske mit einem leichten EVERGREY-Touch beginnende ´Buried And Broken´ steigert sich hinten heraus und hat ansatzweise auch die urtypische Rifffärbung der schwarz-blau-gelb-grün-roten Hochphase von Kachinsky & Co, die insgesamt auf dem Album leider zu selten zum Ausdruck kommt. Sie ziert aber auch den nun auferstehenden Hit des Albums ´Lucifer – The Devil Inside´, der zwar ohne Umschweife zum dafür aber völlig ausartenden Höhepunkt gebracht wird. Kurze Galoppriffs und das geile Solo am Ende tun ihr übriges.

Ziemlich stilbrüchig wird das Finale des Albums. Pathetischer reiner True Metal ist ´Fight, Kill´, mit dem entsprechenden Shout Refrain, während ´Life = Love = God Machine´ auch von einer US Hardrock Band stammen könnte. Hätte ich in dieser Form vielleicht nicht ans Ende gepackt, sondern eher zur Auflockerung zwischendurch.

Insgesamt ist das alles nicht mehr wirklich der reinrassige US Metal von früher als STEEL PROPHET Götterfunken wie die Maschinen heraushauten. Letztlich gefällt mir das Album mittlerweile aber doch sehr gut. Da ich keine Viertelnoten mehr vergeben soll, runde ich die 7,75 also viel lieber auf als ab.

(8 Punkte)

Markus gps

 

 

Das neue STEEL PROPHET-Album ist massiven Vorurteilen ausgesetzt. Die Kombination – Euro-Sänger und alte US Metal-Legende vereinen sich – stößt vielen Altfans unangenehm auf. Aber mal ehrlich: War der 2014er Release `Omniscient` ein Album, das STEEL PROPHET erneut etablieren konnte? Nein. War das 2004er Album `Beware` ein Album, das zwischen `Dark Hallucinations` und `Messiah` bestehen konnte? Nein. Die Band um Gitarrist Steve Kachinsky war seit dem Release von `Book Of The Dead` am Ende. Hauptgrund ist Sänger Rick Mythiasin bzw. Hauptverursacher für die jahrelange Krise, aber auch Kachinskys Kompositionen waren alles andere als wegweisend, wie auf den frühen Werken der US-Band.

„Was also tun?“ war die große Frage im Hause STEEL PROPHET, bzw. bei Steve Kachinsky, der die Band nicht ganz zu Grabe tragen wollte? Neuer Sänger – klar. Wen? Hier fängt das große Drama an. Einen Mythiasin ersetzen ist ja nicht so leicht. Geeignete Sänger dieser Kategorie haben Seltenheitswert. Ein radikaler Bruch mit der musikalischen Vergangenheit und dazu ein neuer Sänger? Eine Option – und die, für die sich Kachinsky letztendlich entschieden hat.

Ob er sich damit einen Gefallen getan hat, ist zu bezweifeln. Denn mit R.D.Liapakis (MYSTIC PROPHECY, DEVIL`S TRAIN) hat er sich einen Sänger in die Band geholt, der nicht unumstritten ist. Dass, mutmaßend, Liapakis dazu noch das musikalische Zepter in die Hand genommen hat. zeugt nicht gerade von Steves Stärke in Punkto musikalischer Ausrichtung. STEEL PROPHET klingen anno 2019 nicht im geringsten mehr wie es sich der Altfan wünscht. STEEL PROPHET klingen europäisch durch und durch. Liefern keinerlei grandiose Songs im Stile der frühen Phase zwischen 1995 und 2001, sondern Heavy Metal im Stile von MYSTIC PROPHECY oder auch PRIMAL FEAR. Sprich tendenziell klassischer Heavy Metal wie man ihn als Heavy Metal grundsätzlich mag. In diesem Falle ist es aber so, dass auf dem Albumcover STEEL PROPHET als Bandname prangt und genau da liegt das Problem.

Es gibt Stücke, bei denen die Gitarrenarbeit teils nach alter klassischer US Metal-Schule (´Soulhunter,´ ´Thrashed Relentlessly´, ´Lucifer-The Devil Inside´…) klingt. Es gibt aber auch Songs, bei denen diese eigentlich zwingende Gitarrenarbeit nicht vorkommt. Z.B.  `Fight, Kill`, was nebenbei gesagt, recht platt klingt. Aber auch eine Nummer wie ´Dark Mask / Between Love And Hate´ klingt generell gut, hat aber nicht wenige WHITESNAKE-Re­mi­nis­zenzen. Ob das STEEL PROPHET-Fans wollen?

Es ist ein gewagter Spagat, denn das Album an sich ist sehr gefällig und hat einige echte Earcatcher im Portfolio. Dass man diesen Stilbruch am Gesang von Liapakis festmachen könnte, liegt nahe, ist aber nicht so. Es wird jedoch nicht wenige geben, die das aber tun werden, ungerechtfertigter Weise. `The God Machine` ist ein durchweg catchy Album mit guten bis ziemlich guten Songs, ohne dabei die ursprünglichen STEEL PROPHET-Dimensionen zu erreichen. Es ist schlicht ein Album, das einen absoluten Stilbruch in der Bandgeschichte eingeleitet hat. Wohin die weitere Reise geht, bleibt abzuwarten.

(die Wertigkeit des Albums liegt bei 7,5 Punkte, als STEEL PROPHET-Album an sich geht es eigentlich gar nicht durch)

Jürgen Tschamler

 

 

Wow, die neue ASKA ist richtig gut geworden und George Call ist eh eine Granate. Doch – Moment mal – da steht aber STEEL PROPHET drauf?!?!

Uff. Die Zeiten sind hart. Liebe ist für alle da. Jeder mit jedem. War für mich HEIR APPARENT mit Übersänger Will Shaw noch eindeutig bei HEIR APPARENT einzusortieren, wollte ich FIFTH ANGEL eher in der Nähe unseres allmächtigen Ronnie James unterbringen, bis die Welt mit einem komplett unbekannten, stimmlichen Ted Pilot-Bruder auf dem METAL ASSAULT in altem Licht erstrahlte.

Nun ist jedoch durch Sängerwechsel eines der beliebtesten Schnellboote des Underground-US Metal auch stilistisch am Weitesten von der eigenen Historie entfernt. Also umdenken, den Namen STEEL PROPHET vergessen und die Musik alleine sprechen lassen. Also, was bleibt? (Freunde im Leben, meinten die Puhdys, und Heppner & Witt sagten, du sollst erst gar nicht fragen! – Anm. d. Red.)

Erstmal ein echt gutes Metalalbum mit Ausrutschern in den Hard Rock, wenngleich auch gute. Wer genau hinhört, entdeckt manchmal eine gewisse Liebe zu IRON MAIDEN. Doch das war’s dann mit den Stimmigkeiten zu früher.

`The God Machine´ rappelt in der Tradition wiederauflebender PRIESTer in die Gehörgänge, hymnischen Melodicmetal bietet `Crucify´ und `Thrashed Relentlessly´ überrascht schon gleich mal nach der flotten Bridge mit einem fantastischen Refrain, der aber von Powerthrash so weit entfernt ist wie `The Final Countdown´vom Underground.

Nochmal nachschauen, um sicherzugehen, dass ich gerade das richtige Album gezückt habe. (Ja, guck lieber nochmal, sicher ist sicher! – Anm. d. Red.) Nee, ja – ohne Zweifel. Ich bin richtig. Und weiter geht’s mit einem reinen DIO-Song, den Jorn Lande auch nicht besser hingekriegt hätte. Jaja, Jake E. Lees Riffs sind einfach überirdisch. Ja, herrlich – BLACK SABBATH habe ich seit der Tony Martin-Phase nicht mehr mit solch‘ einem schönen Stückchen wie `Damnation´ gehört und Jorn Call ist die Macht – äääh sorry, das ist ja unser Roberto Dimitri Liapakis von MYSTIC PROPHECY. Heieiei, diese Umdenkerei macht mich fix und fertig. (Ruhig, Bruder, ruhig! Nimm einen Schluck. – Anm. d. Red.)

Aber die Mucke ist einfach zu geil, um einfach aufzugeben und `Dark Hallucinations´ oder `Book Of The Dead´ aus der PROPHETischen Mittelphase rauszukramen. Ein bisschen ICED EARTH versprüht nun der `Soulhunter´ , jedoch ebenfalls mit einem Melodicrefrain aus dem LANDE-Universum. Ok, ab jetzt ist es eh egal, in meinem Hirn sind die alten STEEL PROPHET `Buried And Broken´ und somit goutiere ich einfach das tolle WHITESNAKE-Ballädchen gleichen Namens. Vorbei die irrwitzigen Screams, die Speed- und Thrash-Attacken, das angenehm Hektische, die Progressivität – welcome wohlklingender, handwerklich sauber gemachter Eurometal. Kurzzeitig blitzen hier und da vereinzelt in Wimpernschlaglänge alte Trademarks auf, doch einen ganzen Song lang wird nicht mehr von der neuen Linie abgewichen, die einzige Reminiszenz an vergangene Zeiten ist `Fight, Kill´. Doch eins muss man ihnen lassen: Überraschungen haben sie im Pott, was das abschließende SKID ROW-Stück aus der `Slave To The Grind´-Phase eindrucksvoll untermauert.

Langer Rede kurzer Sinn: Die Band um STEEL PROPHET-Urgestein Steve Kachinsky Blakmoor and Members of TAFKASP (The Artists Formerly Known As STEEL PROPHET) hat mit unserem begnadeten MYSTIC PROPHECY-Frontmann ein sehr starkes Melodic Metal-Album herausgebracht, welches ich uneingeschränkt empfehlen kann. Nur nicht unbedingt den Die-Hard-Anhängern der einstigen US Metal-Combo, das führt immer zu endlosen Diskussionen und ich verstehe jeden, der dies als ärgerlich (Note 3) einstuft. Vielleicht hat mein Rick Mythiasin ja alle anderen, fertigen Songs geklaut und bringt die mit MYSTIC FORCE als das Album raus, welches hier jeder vermisst. Und da soll noch jemand durch die mystische Glaskugel durchblicken können…

Einerlei, ich bewerte hier keine Bandnamen und gebe unterm Strich für ein starkes Album in der Stilrichtung ASKA:

(8 zwiespältige, doch headbangende und rockende Punkte für ein Debüt alter (falscher) Hasen – Ostern kommt sicher)

Less Leßmeister

 


(VÖ: 26.4.2019)