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THOUSAND LAKES – Beneath The Surface

~ 2019 (Housemaster Records) – Stil: Heavy Metal ~


2007 war das wohl, da bin ich über ein Review im „Metal Obsession“, für das ich damals als Schreiber tätig war, auf THOUSAND LAKES aus Luxemburg gestoßen. Und mit Sänger Rony Willems verband mich umgehend eine Seelenverwandtschaft, die bis heute Bestand hat. Musikalisch hat er mir damals gleich noch seine alte Band FUNERAL PYRE ins Haus gebracht, die 1994 und 1996 zur denkbar ungünstigsten Zeit zwei erdige, klassische Heavy Metal Raubeinalben veröffentlicht haben. So gänzlich unter Ausschluss der großen Öffentlichkeit. Das war mit den bisherigen zwei THOUSAND LAKES Alben leider genauso. Eine Handvoll Underground Freaks liebt diese CDs, der Rest hört lieber hippe Amibands, die sich auf den ganzen KULTMETAL-Festen rumtreiben und von der KULTMETAL-Fachpresse bejubelt werden. Nein, sollen sie alle machen, für etwas Öffentlichkeit versuche ich hiermit zu sorgen.

Also, was gibt es zwölf Jahre nach ´Beyond Time & Space´ bei THOUSAND LAKES zu hören? Heavy Metal, pur, rau, mit tollen Riffs, dezent kauzigen Vocals und Songs, bei denen die Macht in der Tiefe sitzt. Spektakulär sind sie beim ersten Hören nicht. Aber sie haben da was. Ich spüre, wie die Songs in meine Seele eindringen. Ich fühle die Intensität der Gesangsmelodien und Gitarrenläufe und ich bin verzaubert. Es gibt Alben, die geben sich nur Stück für Stück preis und ´Beneath The Surface´ gehört, der Titel sagt es ja schon durchaus dazu. Wenn Ihr dann ´Fall Of The Nazarene´ mit orientalischen Melodien und sogar einer Sitar im Mittelteil oder das von schmerzhaften Zeiten im Leben inspirierte ´Suffer Me´ hört, Ihr werdet es ähnlich fühlen wie ich.

Da sind diese Heavy Akkorde, hier und da mal von einer schönen Melodie oder einem wilden Solo abgelöst. Da ist Rony am Mikro, kein Techniker vor dem Herrn, sondern ein Gefühlssänger. Seine Melodiebögen, viele Refrains darunter, sind zuweilen spröde, aber sie haben stets so eine eigene Schönheit, die aus ihrer Tiefe strahlt. Begleitet werden Gesang und Gitarre von einer geradlinig rockenden Rhythmustruppe, die perfekt auf den Punkt groovt, ganz klassisch übrigens. Das hier sind im hymnischsten Moment Songs, die zwischen 1979 und 83 auf allen ACCEPT-Platten hätten stehen können. Und sogar der dezent kreischige Gesang an manchen Stellen erinnert an ACCEPT, als der kleine dicke Udo noch richtig gesungen hat. Ob der das noch kann? Rony Willems kann das locker.

Ungarische Bands wie OMEN oder POKOLGÉP, die alten ACCEPT, solcher roh geschmiedeter Stahl wird hier Fans von Heavy Metal geboten, der sicher keine Innovationen zu etwas Gutem, das auch nach 40 Jahren noch funktioniert, hinzufügen muss. Verschlimmbessern und kaputtinnovieren braucht man THOUSAND LAKES nicht. Sie machen Musik aus dem Herzen und aus der Seele heraus. Und das spürt man bei jeder Note. Und dazu gehört dieses spröde Element, das ich oben schon angesprochen hab. Pop geht anders und darauf sind THOUSAND LAKES stolz. Wenn es von denen Aufnäher gäbe, würde ich mir mit Freuden einen auf die Kutte pinnen lassen (ich kann selbst irgendwie nicht nähen…- Anm. d. Verf.).

Was finde ich nun bei THOUSAND LAKES besonders geil? Vom ersten Durchlauf an waren es die Soli, welche Dich als Metalhead sofort abholen. Intensiv, brodelnd, wild, voller Lust gespielt. Das zündet sofort und jeder Song hier hat solche eruptiven Leadgitarrenmomente. Dann kommt der Rony und singt, schreit, kreischt und quietscht sich mit seiner liebenswerten Eigensinnigkeit in Dein Herz. Und irgendwann merkt man, wie einfach und geil dabei doch die Riffs sind. Klar, das ist alte Schule, das haben wir wieder und wieder seit den 80ern gehört. Wer, wie ich, mit Blues Rock zu tun hat, wird ein ähnliches Phänomen von dort kennen. Es sind nur Nuancen, die bei einer Platte zwischen Leben und Tod entscheiden. Und die Luxemburger Echtmetallriege hier weiß genau, wo sie diese Nuancen anwenden.

Seit FUNERAL PYRE fährt Rony Willems diese Schiene und auch wenn er erst als zweiter Sänger 1997 zu THOUSAND LAKES kam, man kann seinen Einfluss nicht verleugnen. Er ist die gute Seele der Band und prägt das Material ausdrucksstark. Seit FUNERAL PYRE-Tagen hat sich der Mann gefunden und er kann gerne nochmal 25 Jahre weitermachen, der Spirit trägt die guten Songs voran und das funktioniert, wenn man denn Heavy Metal liebt. Entscheiden muss das jeder für sich selbst, aber wer kann, dem will ich THOUSAND LAKES ans Herz legen.

Und wenn ich den schon sehr amerikanischen Anfang von ´By The Blood Of Christ´ höre, der ruhig und doch irgendwie bedrohlich wirkt, dann kann ich nur den Hut ziehen. Super gesungen, großartig gespielt und von der Komposition her ist das Lied zwar auch urtypisch, dafür jedoch eine große Hymne. Hier werfe ich schon als Referenz METAL CHURCH und REVEREND in den Raum, zusätzlich zu den europäischen Acts, die ich weiter oben nannte. Aber was sind Referenzen? Wer nicht weiß, wie das hier klingt. Es ist heavy, es ist direkt, es ist mal etwas spröde, mal hymnisch, es packt Dich, es rockt, es groovt und es ist liebenswert ehrlich. Der Sound ist lebendig, weitab von allen Majorproduktionen. Aber er ist gleichsam machtvoll dabei. So klingt Heavy Metal, so muss das sein. Alles andere ist Pop. Dazu äußerte ich mich bereits. Die WOA-Fraktion wird diese Platte hassen. Die KIT -, HOA -, HOH -, Swordbrothers oder Trveheim Fanatics werden sich in THOUSAND LAKES verlieben, wenn sie denn über sie stolpern sollten. In der Hipstermetalpresse wird die Band sicher kaum aus der Obskurität kommen. Aber hey…ich bin ja auch noch da und ich kann sehr laut schreien. Und ich schreie gerne für THOUSAND LAKES. Gut gemacht, Jungs! De Saschbär ist stolz auf Euch! Willkommen zurück.

8,5 Punkte (weil geil)

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