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DARKWATER – Human

~ 2019 (Ulterium Records) – Stil: Emotional Progressive Metal ~


Gestatten: Melodieliebhaber – wenn ich nicht gerade Neue Deutsche Härte praktiziere und mir meine Sympathien verscherze. Das sogenannte Progmetal Genre hat in den letzten Jahren unaufhörlich eine nach der anderen Perle ans Licht der Welt gefördert, viele Bands bleiben allerdings doch auf der Strecke. Die Kunst dabei ist – ob erfolgreich oder nicht – nicht beliebig austauschbar zu klingen und den großen Wegbereitern nachzueifern, denn ein starkes Niveau haben fast alle – ist auch unverhandelbare Grundvorrausetzung für diese Leistungssportart.

Die Schweden DARKWATER heben sich mit ihrem dritten Longplayer nach neun Jahren Wartezeit von der großen Masse ab durch das Verweben von spielerischer Finesse und dennoch nachvollziehbaren Songstrukturen und Melodien. Die Last des Gelingens dieses Vorhabens liegt gerade in dieser Sparte zu erheblichen Teilen auf den Schultern des Sängers Henrik Båth, der diese Aufgabe jedoch perfekt meistert und zudem die ergreifendsten Gesangslinien auf dem Werk verewigt. Zusammen mit Stakkatoriffs kommen mir am Ehesten die Spätphase von SUPERIOR, die Frühphase von PAIN OF SALVATION, CONCEPTION oder die besten Momente von SYMPHONY X in den Sinn, verfeinert mit Magnus Holmbergs IQ-Keyboardteppichen (`In Front Of You´) und Soli.

 

 

Der `Alive´ Opus (Parts I & II) spricht hier eine deutliche Sprache, inklusive Wohnrecht am großen Tisch in KAMELOT. Klassische Tastensounds begeistern fernab vom billigen Kunststoff. Edel wie die Schwerter der Protagonisten der Tafelrunde klingen die episch-elegischen Gitarrensoli von Markus Sigfridsson. Achtung, Ludwig – Karin singt bereits wieder direkt mit, dem Schnee draußen vorm motorisierten Ross trotzend (ja, seit Januar bereits musste ich mich zügeln, um euch nicht vorm Release die Höschen nasszuschwärmen). Mit Tobias Enbert an den Drums und Simon Andersson am Bass verfügt man zudem über eine Rhythmusgruppe, die bei Bedarf ordentlich ballern kann.

Klassische Ohrwurmqualitäten bietet auch der knappe Zwölfminüter `Reflection Of A Mind´ ohne jegliche Langeweile, bei dem KAMELOT-Afficionados bestimmt einen Höhepunkt deren Karriere attestieren würden. Kein einziger Schwachpunkt lässt der stets skeptische Dialog meines Herzens mit meinem Verstand ausmachen und das bei einer durchschnittlichen Songdauer von über acht Minuten verteilt auf eineinviertel Stunden. Unglaublich. So wie das `Light Of Dawn´ durch die mächtigen Baumwipfel scheint, die meinen neuen Wohlfühlort umgeben, fallen die grandiosen Backings auf. Nicht klebrig verkitscht, nein dem Gesamten NOCH mehr Gänsehautmomente verleihend. Ob ich dies oder jenes schonmal gehört habe fragt ihr? Klar – wo wart ihr seit 1990? Das Rad wird immer Rund bleiben, hat aber nicht oft diese geilen Felgen montiert. Fetten Sound und starkes Artwork inklusive.

 

 

Es gibt hier schlicht und ergreifend statt Industrieprodukt selbst gemachten Honig für die Ohren zu schlecken, mit Gefühl ohne falschen Pathos. Melodie statt Materialschlacht – für mich eine der gefühlvollsten Scheiben des Genres seit Monaten und heißer Anwärter auf einen der ersten Ränge der Progmetal-Thronfolge.

(9 sahnig-sagenumwobene Punkte)

 

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