PlattenkritikenPressfrisch

TIM BOWNESS – Flowers At The Scene

~ 2019 (InsideOut Music) – Stil: Art Rock ~


Werft Euch in Eure Sonntagskleidung, empfangt Eure Liebsten mit Blumen und Liebe – carpe diem.

Entschleunigung ist das Gebot der Stunde. Dazu gelangt passend auf den Plattenteller, oder in den Schacht für Siberlinge, die fünfte Scheibe von Tim Bowness. Bis 2008 stand dieser dem Artpop-Duo NO-MAN mit Steven Wilson vor. Seither verfolgt er wieder auf Solopfaden einen Weg, der sich bisher nie so sehr dem von NO-MAN angenähert hat wie mit ´Flowers At The Scene´. Ein Grund dürfte die produktionstechnische Zusammenarbeit mit Steven Wilson sein. Produziert von NO-MAN und Brian Hulse, der auch Gitarre und Keyboards in mehr als der Hälfte aller Songs bedient, ist in den Credits vermerkt, zudem dass NO-MAN Tim Bowness und Steven Wilson ist. Wer aufgrund dessen auf dem Coverartwork den Namen NO-MAN erwartet, blickt allein auf den von TIM BOWNESS.

Innerhalb von elf Songs dürfen wir dem Zeitgeist entkommen, der Alltagshast entrinnen. Gedankenkino mit geschlossenen Augen. Die Entschleinigung beginnt sofort mit dem Eröffnungsstück ´I Go Deeper´. Trotz prägnanter Basslinie von PORCUPINE TREEs Colin Edwin nimmt sich die Komposition im Höhepunkt konsequent zurück. Ein Streichquartett und ein Militär-Rhythmus lassen das Blut von ´The Train That Pulled Away´ etwas köcheln. Die Trompete von Ian Dixon bestimmt das Landschaftsbild von ´Rainmark´, in das Jim Matheos (FATES WARNING) seine Gitarrensaiten stilvoll involviert.

Die klare Stimme von Tim Bowness setzt natürlich die Farben in diesen Gemälden, die jeweiligen Gitarrensoli laden zum Träumen ein. In der spacigen und jazzigen Aura des Titelstücks quietscht Matheos‘ Solo hingegen direkt aus dem Instrumentarium hervor. Zum Clash der Titanen kommt es in ´It’s The World´, das mit seiner dunklen Atmosphäre innerhalb des Songmaterials einen großen Farbtupfer setzt. Vereint sind hier Peter Hammill (VAN DER GRAAF GENERATOR), Steven Wilson und Jim Matheos. BIG BIG TRAINs David Longdon unterstützt zum jazzigen Rhythmus von Dylan Howe, Sohn von Steve Howe, in ´Borderline´ mit Gesang und Flöte. Die Bitterkeit der Achtzigerjahre kostet ´Ghostlike´ aus. 10CCs Kevin Godley trägt im finalen ´What Lies Here´ den Background-Gesang vor, derweil XTCs Andy Partridge die Gitarre verklärend bedient.

Jede Komposition lässt Euch ein anderes Kleid, einen anderen Anzug überstreifen. Aus der Schlichtheit entspringen fesselnde Motive. Tiefenentspannt wird Euch ´Flowers At The Scene´ unaufhörlich begleiten.

(8,25 Punkte)