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POKOLGÉP – Totalis Metál

~ 1986/2019 (Skol Records) – Stil: Heavy Metal ~


Re-Releases sind oftmals eine coole Sache. Endlich dürfen diejenigen, die manches Album früher nur als Kassettenkopie hatten, es in die Sammlung stellen. Noch besser ist allerdings das Entdecken von Musik, die bisher nur vom Hörensagen bekannt war. Wie die Ungarn POKOLGÉP, deren erstes Album ´Totalis Metál´ via Skol Records als auf 500 Kopien limitierte CD das Herz erfreut.

Anfang der 80er Jahre in Budapest gegründet – nach einer Teilnahme an einem Talentwettbewerb folgten Aufnahmen fürs Radio und eine Single (´A Sátán´) – war POKOLGÉP die erste ungarische Heavy Metal-Band, die beim staatlichen Label Hungaroton ein Album aufnehmen durfte. Das war die Zeit, als die ersten westlichen Bands im Ostblock auftreten durften. So bekamen schlussendlich POKOLGÉP die Möglichkeit, für METALLICA oder MOTÖRHEAD zu eröffnen, nachdem sie am Anfang ihrer Karriere eher nur halblegal auftreten konnten.

Mit dem Blick aus der heutigen Zeit wirken die Lieder des Albums völlig altbacken. Wenn sich der Hörer nach damals zurückversetzen kann, hört er natürlich frischen und zeitgemäßen Heavy Metal. Gerade für Fans im damaligen Ostblock muss es eine Offenbarung gewesen sein. Endlich gab es auch Metal, nicht nur für viel Geld aus dem Westen geschmuggelt oder von Kopien der Kassettenkopien weiterkopiert, so dass fast nichts mehr zu hören ist. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie wir „unsere“ DDR-Bands wie BIEST oder MCB verehrt haben, und sicher haben POKOLGÉP auch im Osten Deutschlands so einige Fans gefunden.

Natürlich sind die Einflüsse von POKOLGÉP klar erkennbar. Nach Motorradgeräuschen startet das Album zu ´A jel´ mit einem Hauch von ACCEPT. JUDAS PRIEST steckt in der Bandhymne ´Pokolgép´, IRON MAIDEN klingen in ´Démon´ durch. Das kurze und flotte ´A Tüz´ glänzt mit MOTÖRHEAD-Gitarren. Die ehemalige A-Seite wird mit einer Ehrung für Bon Scott beendet. Plötzlich erklingen Keyboards und Glocken, ´B.S. Emlékére´ ist im besten Sinne das metallische Pendant eines Requiems. Dass die Texte ungarisch sind, und damit unverständlich für die Allermeisten, was solls! Es ging zumindest den meisten im Osten damals auch mit allen Bands von jenseits der Mauer so, dass sie ohne Englischkenntnisse nicht verstanden wurden.

Ansonsten bleibt festzuhalten, dass die Musiker schlichtweg ihre Instrumente beherrschten. Sänger József Kalapács prägt die Songs mit seiner Stimme deutlich. Das Songwriting ist gekonnt, die Songs konnten (und können) sich im Gehör festsetzen. ´Totális Metál´, der Opener der B-Seite ist so ein Fall von Ohrwurm. Es folgen das hymnische ´Mennyit Érsz?´ und das etwas flottere ´Átkozott Nemzedék´, das (dank einer Übersetzungshilfe) von einer „verfluchten Generation“ handelt, die von keinem verstanden wird. Wenn das niemandem bekannt vorkommt… Mit dem etwas unauffälligen ´Mindhalálig Rock And Roll´ und dem stampfenden, nochmals ACCEPTigen ´…Tovább´ schließt das eigentliche Album. Zwei Bonustracks sind noch zu finden: zum einen ´Kegyetlen Asszony´ von einer Split-Single, die 1983 im Zusammenhang mit dem Talentwettbewerb entstanden ist, zum anderen der 1990er Livetrack ´Gép-induló´.

Letztlich ist allerdings festzustellen, dass diese CD etwas lieblos auf den Markt gebracht wird. Gut, die Texte sind enthalten, ein paar Fotos, aber mir würden in diesem Falle auch ein paar Liner-Notes oder englische Übersetzungen der Texte gefallen. Das tut der Sache aber keinen Abbruch, dieses Album ist seine Entdeckung auf jeden Fall wert. Die nächsten drei Studiowerke sollen in den nächsten Monaten auch noch wiederverlegt werden.

POKOLGÉP existieren heute noch, allerdings ist von der Urbesetzung nur noch Gitarrist Gábor Kukovecz am Start. Und vielleicht kann man sie ja auch noch mal live erleben.