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MAIDAVALE – Tales Of The Wicked West / Madness Is Too Pure

~ 2016/2018 (The Sign Records) – Stil: Experimental-/Psychedelic Rock ~


Aus den unendlichen Weiten Schwedens, wo die Bands nie ausgehen, kommt dieses interessante Frauenquartett. MAIDAVALE haben mit ihrem 2016er Debüt `Tales Of The Wicked West` ein brillantes musikalisches Kleinod geliefert. Wobei man sich im Dreieck aus Classic-Experimental- sowie Psychedelic Rock bewegt. Was eventuell im ersten Durchgang wenig zugänglich wirkt, hat allerdings seinen Reiz. Wer auf schnelllebige Songs, sprich leichte Melodien, cheesy Singalongs, eingängige Rocksongs hofft, der wird enttäuscht. MAIDAVALE sind sicher nicht überexperimentell, aber man muss sich die Zeit nehmen, in die Songs einzutauchen. Dabei muss man eindringlich darauf hinweisen, dass man sich das 2016er Debüt leichter erarbeiten kann. Alleine dem Umstand geschuldet, dass hier markant mehr Classic Rock-Einflüsse zur Geltung kommen.

 

 

Schon alleine die eigenwillige Stimme von Matilda Roth, die auf ihre Art locker mit BLUES PILLS-Stimme Elin Larsson hier und da zu vergleichen ist, sorgt für positive Schauer. In einem Song wie `Restless Wanderer`, der mit einer brillanten Stehbluesnummer gleichzusetzen ist, bei der HENDRIX seine Gitarre zum simplen Drumbeat schnurren lässt und Madame erotisch schöne Töne von sich gibt, zeigt sich das außergewöhnliche Talent der Damen. Dagegen wirkt `Colour Blind` wie ein Wutausbruch an energischen Riffs, druckvollem Beat und einem dominierenden Seventies Rock-Aspekt. Die Gitarrenläufe sind alles andere als Stangenware. Mit `The Greatest Ever Told` liefert man einen Track, der trotz sperriger Spielweise einen recht eingängigen Refrain besitzt und sich, zumindest bei mir, unauslöschlich ins Gehör verbeißt. Mit `Dirty War` rocken sie etwas härter, liefern ein Kontrastprogramm zu den ruhigen Songs des Albums. Ein absolutes Highlight dieser Track. Man stelle sich den `Bombtrack` von RAGE AGAINST THE MACHINE im experimentellen Classic Rock Stil vor – Bingo! – dann hat man `Dirty War`! Abgespaced. Die Gitarrenarbeit ist durchweg hochinteressant. Starke Soli, schräge Gitarrenläufe. MAIDAVALE beweisen, sie sind keine Band, die sich an gängige Vorgaben hält – trotz der ungewohnten Songstrukturen ein charmanter Hörgenuss mit Suchtgefahr.

 

 

Zwei Jahre später haben sie dann `Madness Is Too Pure` veröffentlicht. Auffallend, der Sound an sich klingt etwas modifizierter. Die musikalischen Trademarks wurden nicht verändert, das Songwriting verfeinert, der Anspruch höher geschraubt. Die Parameter der stilistischen Eckpunkte erweitert. Geblieben sind allerdings die schräg-schönen Gitarrensoli und die verkanteten Rhythmen sowie der Anspruch, den Hörer spannend zu unterhalten. Mir liegt ja der Begriff „Kauzig“ auf der Zunge, aber da würde man der Band unrecht tun.

Das zweite Album der Damen ist eigentlich die musikalisch konzeptionelle Fortsetzung, bzw. Erweiterung, des Debüts: wiederum charakterstarke Songs, tolles Songwriting, unkonventionelle Rhythmus- sowie Wechselstrukturen; alles verdammt spannend aufgearbeitet.  Ein strammes `Gold Mine` nimmt einen umgehend auf eine beeindruckende Reise durch den Siebzigerjahre Rock mit. Fast schon ein Ohrwurm. `Walk In Silence` ist pure Energie in Sachen Siebziger Rock. Das experimentelle `Späktrum` zieht einen förmlich in den Bann. Ganz großartiger Track! `Trance` macht seinem Namen alle Ehre. Sie grooven einen förmlich in eine Parallelwelt. Geiler Shit, verdammt aber auch. Und die Gitarrenarbeit! Wie schon auf dem Debüt, groß, ganz groß.

MAIDAVALE sind ein Glücksfall für Menschen mit einem höheren Anspruch an Musik. Es muss nicht technisch abstrakt sein, was auf einem Album passiert, es muß interessant klingen und einen packen, mitnehmen – und das passiert auf beiden MAIDAVALE-Alben.

Ich kann es immer noch nicht glauben, dass die beiden Alben beim Release an mir vorbei gegangen sind. Schande über mich. Aber egal, besser spät als nie, denn diese beiden Alben sind eine echte Bereicherung meiner musikalischen Welt.

BTW – die Damen sind im März auf Deutschland-Tour! Nicht verpassen!

(je Album eine überfette 8)