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CYGNUS ATRATUS – The Empyrean Heaven

~ 2019 (Emphyrio) – Stil: Progressive Metal ~


CYGNUS wer?? Genau dies war meine erste Reaktion, da mir der Bandname CYGNUS ATRATUS bislang noch kein Begriff war. In Undergroundkreisen, oder in ihrer belgischen Heimat, dürfte die Formation allerdings nicht ganz unbekannt sein. Schließlich tummeln sich die einzelnen Musiker bereits seit längerer Zeit in verschiedensten Besetzungen in diversen Bands.

Seit 2014 nun musizieren Gitarrist und Kopf der Truppe Erik Callaerts (der sich allein für alle Kompositionen verantwortlich zeichnet), Schlagwerker Kjell De Raes und Bassist Benny Vercammen mit unterschiedlichen Mitstreitern unter dem Banner CYGNUS ATRATUS und können bereits auf eine selbstveröffentlichte EP mit dem Titel ‚The First Hour‘ zurückblicken, die angeblich in einschlägigen Prog-Kreisen auch ein wenig Staub aufwirbeln konnte. Jetzt präsentiert uns das Trio, mit freundlicher Unterstützung von Gastsängerin Marieke Bresseleers und der mittlerweile fest angestellten Keyboarderin Anke De Raes (die Tasten auf dem Longplayer bediente noch ein gewisser JP Kerkhof), seinen ersten, abendfüllenden Silberling mit dem vielversprechenden Titel ‚The Empyrean Heaven‘. Soviel zu den Fakten und nun zum Eigentlichen: der Musik!

Und wow, gleich der Opener ‚Ritual‘ brettert einen mal so richtig gegen die Wand. Das hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet und bin überrascht, mit wievel Power CYGNUS ATRATUS ihren progressiven Metal servieren. Da kommt es ganz gelegen, dass der zweite Song ‚Solitude‘, mit seinen sechseinhalb Minuten Spielzeit streckenweise auch für etwas ruhigere Momente sorgt, um durchzuatmen. Die anschließende Halbballade ‚Quanying‘ lädt zum Träumen ein, was vor allen Dingen dem ergreifenden Gesang geschuldet ist und in dem epischen Aufbau des Stücks begründet liegt. Und ja, gerade wegen des weiblichen Gesangs kommen mir hier und da Vergleiche zu frühen NIGHTWISH oder WITHIN TEMPTATION in den Sinn, obwohl Frau Bresseleers bei Weitem nicht so klassisch und opernhaft, sondern eher etwas tiefer und rauer agiert und die Gruppe sowieso eigentlich ihr ganz eigenes Süppchen kocht. Denn musikalisch bewegen sich CYGNUS ATRATUS eher im Dunstkreis von Proggern wie DREAM THEATER und Co., wofür vor allen Dingen die Harmonien und Keyboards sprechen – doch es wäre falsch, das Quartett auf eine Richtung zu limitieren, denn die Belgier bedienen Freunde mehrerer Klientel.

Wie auch immer, während ‚Oblivion‘ wieder so richtig nach vorne abgeht, begeistert ‚Cyborg‘ mit großartigen Keyboard- und Klavierarrangements, die dem Lied einen wunderschönen und ureigenen Charakter verpassen. Mit ‚Sunrise‘ folgt ein gefühlvoller, instrumentaler Zwischenspurt, um anschließend dann das vorzügliche Finale einzuleiten. Dieses beginnt mit ‚After All‘ und, ich hau‘ mich vollends weg, dezent eingestreuten Blastattacken zu Beginn und im Mittelteil dieses Achtminüters. Ein sehr vielschichtiger Mammuttrack der zu überraschen weiß und alle Facetten des Prog-Rock und Metal abdeckt. Kompositorisch allererste Sahne und spielerisch auf höchstem Niveau in Szene gesetzt. Mit dem letzten, offiziellen Titel ‚Lady Of Stone‘ ist sogar noch ein echter Ohrwurm mit an Bord, der ‚The Empyrean Heaven‘ beschließt. Fast jedenfalls, denn mit dem sehr metallischen Instrumental-Bonustrack ‚War‘ gibt es noch ein zusätzliches Schmankerl obendrauf. CYGNUS ATRATUS‘ persönliches ‚Ytse Jam‘ sozusagen,  denn hier wird in bester Traumtheater-Manier gefrickelt, bis sich die Balken biegen.

Ich kann dieses Konzeptalbum jedenfalls bedenkenlos weiterempfehlen. Wer auf komplexe Songstrukturen mit Verstand und Feeling, vertrackte Instrumentalpassagen mit hohem technischen Anspruch und fesselnde Melodien abfährt, und trotzdem nicht auf die nötige Portion „Härte“ verzichten will, der ist bei CYGNUS ATRATUS und ‚The Empyrean Heaven‘ goldrichtig. Apropos Härte: auch Prog Rock-Anhänger von Bands wie RUSH und Konsorten, denen auch eine etwas deftigere Gangart nicht fremd ist, dürfen sich hier ebenfalls angesprochen fühlen. Gekrönt wird das Ganze vom sehr hochwertigen Artwork von Cover-Künstler Harley Velasquez. Ich bin mir absolut sicher, dass dieses Werk auch noch in ein paar Jahren seinen Weg in meinen CD-Player finden wird. Und um noch einmal auf den Ausgangspunkt dieser Rezension zurückzukommen: CYGNUS wer? CYGNUS ATRATUS natürlich!!!

Kontakt sowie CD gibt es unter:  progmetal.cygnus@gmail.com.

(8 Punkte mit steiler Tendenz nach oben)