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AEPHANEMER – Prokopton

~ 2019 (Primeval Records) – Stil: Melodic Death Metal / Gallischer Viking Metal~


Bevor am heutigen Tage der erste Durchgang DAYS OF YORE durch die Ohren gepustet wird, kann sich der Headbanger einem nicht mehr ganz so frischem Newcomer zuwenden: AEPHANEMER. Sechs Jahre nach der Gründung legen die Franzosen in diesen Tagen ihren zweiten Longplayer vor. Einst als Projekt von Gitarrist Martin Hamiche gestartet, sprechen wir 2018 von einer echten Formation, die sich ´Prokopton´ von Dan Swanö mixen und von Mika Jussila in den Finnvox Studios mastern ließ.

Da AEPHANEMER durchgehend das Zepter der Melodie nicht aus der Hand geben, wird niemand Abrissbirnen und dementsprechenden Gesang erwarten. Die Band unterlegt ihre Musik mit sinfonischen Streicher-Elementen und integriert slawische Folk-Elemente. Dennoch ist sie nicht so bombastisch wie ENSIFERUM und WINTERSUN. Und die Flitzefinger vor dem Herrn wie CHILDREN OF BODOM sind AEPHANEMER ebenfalls nicht. Wäre nicht der Gesang, könnte selbst der geneigte Liebhaber von IRON MAIDEN und BLIND GUARDIAN ein Schlückchen dieses Trankes kosten. Dieser holt den Hörer gleichwohl aus der weltentrückten Stimmung zurück in die Wirklichkeit.

(6,5 Punkte)

Michael Haifl

 

 

Neben vorher angesprochenen Bands bewegen sich die Franzosen um Gründer Martin (Gitarre) auch irgendwo zwischen frühen SKYCLAD und AMORPHIS auf einem starken Niveau, zu dem ich mir bereits wieder etwas mehr markanten Gesang als Marions (auch Rhythmusgitarre) reines – wenn auch hervorragendes – Growling wünschen würde. Vielleicht liegt jedoch gerade darin die Abgrenzung zur Beliebigkeit. Doch dass sie weitaus variabler ist, zeigt ‚Snowblind‘ eindrucksvoll – bitte mehr davon. Musikalisch gibt’s zu keiner Zeit was zu maulen, auch wenn durch die Motoren Lucie (Bass) und Mickaël (Drums) das Gaspedal durchgetreten wird, herrschen jederzeit nachvollziehbare, epische Melodien und die strahlende Glasur von BAL-SAGOTHs Tasten vor.

Doch Vorsicht – an was sich der Eine nie satthören kann, könnte dem Anderen auf Albumlänge eine Müdigkeit bescheren, die sich auch durch zwei Kannen Kaffee nicht in den Griff bekommen lässt. Neben den genretypischen Warriorlyrics ist nicht nur ausschließlich mit ‚Bloodline‘ ein sehr intelligenter, ewig aktueller Text gelungen, der ein Licht am Ende des Tunnels zum Untergang der verdummten, verkauften, geblendeten Menschheit lässt:

Can’t you feel this need for empathy?
While the madness threatens to take it all
If we lay down our old burden of vanity
We’ll regain our place in the whole

Bei voller Lautstärke entfalten sie sich vollends – diese Kampfeshymnen von gallischen Schwestern und Brüdern schwertschwingender Wikinger, die von AMON AMARTH zur Gründung einer weiteren, frischen Kolonie des Widerstandes in unserem Nachbarland zurückgelassen wurden, bevor es der ARCH ENEMY gänzlich unterjocht. Hopp oder Top Anspieltipp für Genrefans: ‚Back Again‘ und eben ‚Snowblind‘.

Die nicht enden wollende Power dieser gleichgestellten Fräulein / Männlein Emanzipationsband ist mir persönlich – der ich puren Death Metal zum einen als auch reines Bombastkeyboardmelodicmetall zum anderen kaum noch höre – gerade in dieser Kombination ganz locker eineinhalb Rabenflügellängen mehr wert. Vielleicht gibt es ja noch mehr Weltenwanderer wie meine Wenigkeit.

(8 heldenhafte Zaubertränke)

Less Leßmeister

 

 

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(VÖ: 22.3.2019)