PlattenkritikenPressfrisch

V/A – Tormenta De Acero – Vol. 1

~ 2018 (Periferia Ibérica Discos) – Stil: Hard Rock / Heavy Metal ~


Metal aus aus Spanien? Zumindest regelmäßige Festivalbesucher könnten in letzter Zeit Bands wie HITTEN, FRENZY, ANGELUS APATRIDA und THE WIZARDS auf einem Billing entdeckt haben. Aber auch schon vorher konnten sich einige wenige spanische Bands, wie beispielsweise um die Jahrtausendwende TIERRA SANTA, über einen gewissen Bekanntheitsgrad erfreuen. Geht man noch weiter zurück, dann stößt man unweigerlich auf Gruppen wie BARON ROJO, OBUS, ANGELES DEL INFIERNO und MURO, die nicht nur eingefleischten Sammlern ein Begriff sein könnten. Aber war es das schon?

Nein, Spanien hat derzeit einen sehr aktiven Untergrund und hatte ihn auch bereits in den 80ern, wenn auch eingeräumt werden muss, dass dieser in den meisten Fällen dem US-amerikanischen, britischen und mitteleuropäischen musikalisch vier bis fünf Jahre hinterherhing. Konkret bedeutet dies, dass die meisten Bands bis Mitte der 80er eher klassischen Rock als Metal gespielt haben.

 

 

Wer sich näher mit dieser in Deutschland eher unbekannten Szene beschäftigen möchte, der möge mal in die klassischen Arbeiten von SOBREDOSIS, BANZAI, EVO, CROM, BELLA BESTIA, GOLIATH, ZARPA, ROSA NEGRA, PANZER, THOR, EXODO, LEGION, LEIZE, ROCK DAM, CADENA PERPETUA, FUCK OFF, oder auch in die etwas moderneren Arbeiten von LUJURIA, CENTINELA, SARATOGA, ANKHARA, EASY RIDER und AZRAEL rein hören, um nur einige zu nennen.

Der vorliegende Sampler ‚Tormenta De Acero’ (übersetzt: Stahlgewitter) geht aber noch ein Stockwerk tiefer, was im Untertitel „Unabhängige Chronik des spanischen Heavy Metals aus dem Untergrund“ deutlich wird. Der Zusatz „Vol. 1“ deutet darüber hinaus an, dass man in grauer Vorzeit beginnt. Und tatsächlich befinden sich auf diesem Vinyl zwölf Stücke aus den Jahren 1979 bis 1988, die bisher ausschließlich auf Singles veröffentlicht worden waren, wobei die meisten dieser Bands auch nicht mehr als eine Single zu Stande gebracht haben.

 

 

Bekanntere Beispiele hierfür sind die Bands ATILA und ORO, für deren Singles man heutzutage in gutem Zustand 100 bzw. 150 Euro hinlegen kann… vorausgesetzt, man findet einen Anbieter. Lediglich ZEUS hat es noch zu zwei LPs gebracht und HELLBOUND in den 90ern zu zwei weiteren EPs. Allerdings erschien die letzte ZEUS unter dem Bandnamen PROYECTO ZEUS und enthält vorher unveröffentlichte Stücke von ZEUS, die neu eingespielt wurden und die EPs von HELLBOUND sind bereits dem Death Metal zuzurechnen.

Auch wenn der Heavy Metal dominiert, so ist die gesamte Bandbreite von Hard Rock (KAPUTT) bis zum Thrash (HELLBOUND) abgedeckt. Alle Stücke werden, wie damals üblich, auf Kastilisch (das was man allgemein Spanisch nennt) gesungen. Einzige Ausnahme ist das Stück der Katalanen ZHENTAURO, was natürlich auf Katalanisch gesungen wird, und das Stück von HELLBOUND, welches in englischer Sprache dargeboten wird. ‚Night Of The Living Deads’ von 1988 ist auch das neueste Stück und deutet einen Trend an, der bis heute anhält. Spanische Bands, die heute international bestehen wollen, müssen sich in der angelsächsischen Sprache artikulieren…basta! (Leider! – Anm. d. Red.) Siehe die ganz oben aufgeführten Beispiele aus aktueller Zeit.

 

 

Der Sampler ist mit viel Liebe zusammengestellt worden und der erste Output des Labels „Periferia Ibérica Records“. Die Aufnahmen verfügen alle über eine sehr gute Tonqualität (nicht nur angesichts des Alters der Aufnahmen und der z.T. schwierigen Rahmenbedingungen bei den Aufnahmen). Ein besonderes Highlight ist das beigefügte 20-seitige Booklet. Leider gilt dies nur für die Käufer, die des Kastilischen mächtig sind. Auf 16 Hochglanzseiten in schwarz-weiß wird die Geschichte jeder Band erzählt sowie Bandlogos und Bilder der Bands abgedruckt. Hier hat der unter dem Pseudonym „El Quimico“ (Der Chemiker) verantwortlich zeichnende eine beachtliche Forschungsarbeit abgeliefert. Für alle anderen dürften lediglich die letzten beiden Seiten von  Interesse sein. Auf der vorletzten Seite gibt es ein paar Sätze zu jeder Band in englischer Sprache und auf der letzten Seite sind die Cover der Singles abgebildet, von denen jeweils ein Stück auf diesem Sampler enthalten ist.

Alles in allem liegt hier ein wirklich außergewöhnlicher und rundum gelungener Sampler vor, auf dem Stücke von zum Teil praktisch nicht mehr aufzufindenden Singles enthalten sind. Für Metal-Fans und Sammler, die mit Bands wie ZEUS und VIUDA NEGRA etwas anfangen können ein „Must Have“. Allen anderen Metal-Liebhabern, die offen für Hard-Rock/Metal sind, welcher nicht in englisch gesungen wird und die an den Ursprüngen des europäischen Metals interessiert sind, möchte ich dieses Werk wärmstens ans Herz legen.

(9 Punkte)