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MANUEL SCHMID UND MAREK ARNOLD – Zeiten

~ 2019 (A&O Records/Nova) – Stil: Artpop ~


Wer ist noch bereit zuzuhören? Die Lauscher und die Seele guter, deutschsprachiger Musik, mit poppigen und dezent progressiven Anteilen zuzuwenden sollte selbst in diesen wirren und rasanten Zeiten für mehr als eine Handvoll Menschen möglich sein. Wer intensiv die Ohren spitzen will, ist bei Manuel Schmid und Marek Arnold an der richtigen Stelle.

Die beiden sind ein leuchtendes Beispiel für echte Vollblutmusiker: Manuel Schmid als Solokünstler und Sänger bei STERN-COMBO MEISSEN und CYRIL aktiv, Tausendsassa Marek Arnold bei CYRIL, SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR, DAMANEK oder auch SOUTHERN EMPIRE, UPF sowie ehemals TOXIC SMILE und STERN-COMBO MEISSEN. Gemeinsam arbeiteten sie bereits am letzten Solo-Werk ´Seelenparadies´ von Manuel Schmid, doch ‚Zeiten‘ ist eine echte Gemeinschaftsproduktion geworden. Unter dem Banner MANUEL SCHMID UND MAREK ARNOLD präsentieren sie neue, aber auch drei umarrangierte und allesamt selbstredend in Deutsch vorgetragene Kompositionen von TOXIC SMILE und CYRIL. Sie skizzieren mit ihrer Musik ein Spiegelbild der Gesellschaft.

Kalt wie der Regen zeigt sich die Welt • jetzt in vollen Zügen • wo einst die Fragen noch Fragen war’n • und in Stein gehau’n • die großen von morgen • noch klein und heil • wie soll’n sie entscheiden • wenn sie nur eine Wahrheit seh’n in dieser Zeit

Kein Kristallspiegel mit Zauberkraft, kein allwissender Spiegel aus dem Märchenland und auch kein Narrenspiegel, es ist der Spiegel, der dem Volk vorgehalten wird, um ihm die vermaledeiten Zeiten sanft ins Gedächtnis zu transportieren. 

Sind paralysiert • glauben keinem • nicht mal uns • sind kanalisiert • nur durch Daten • antriebslos

Eine poppige Melange aus den deutschen OPUS (‚Doch dann dreht sich die Welt’) sowie STERN-COMBO MEISSEN und … und niemandem, denn aktuelle Vergleiche werden sich schlichtweg nicht finden. Gelobt sei die Langweiligkeit der deutschsprachigen Populärreproduktionsmusikfabrik.

Irgendwann kommt der Tag • und ihr müsst euch fragen • war es das wirklich wert • irgendwann zeigt sich dann • wer hat wen verraten • bleibt es gar ungeklärt

Selten schafft es Musik derart, die Seele zu berühren und mit ihrer lyrischen Botschaft das brennende Herz freizulegen, deutscher Artpop von seiner allerbesten Sorte. Musik, die endlich mehr Menschen als nur Kenner von NOVALIS und ELEKTRA, oder im sprachlichen Geist von ZIFF (‚Kleines Glück‘), mit kleinen, gesanglichen Anklängen an die PRINZEN, mit tragischem Violinen-/Cellospiel (‚Stiller Schrei‘), großem Tastenspiel (‚Raum der Illusion‘) sowie übermächtigem Epic Prog Heaven (‚Irgendwann‘) aus der Gleichgültigkeit und Gleichförmigkeit der herrschenden Popkultur holen muss.

Zeit für Musik? Das ist echte Mucke, Boys and Girls, das ist Musik, meine Damen und Herren.

(9 Punkte)


(VÖ: 11.1.2019)